Prof. Dr. Susanne Ferrari, Dr. Marion Koch-Hipp
Rz. 75
Die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe werden – mit Ausnahme des Ehegattenunterhalts, des Ehenamens (siehe Rdn 80) und des Ehegüterrechts (siehe Rdn 81) – nach § 18 IPRG angeknüpft. Zum unmittelbaren Regelungsgegenstand des § 18 IPRG zählen etwa die Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit der Pflicht zur Treue und zum gemeinsamen Wohnen, die Beistandspflicht, die Haushaltsführung, der Wohnungserhaltungsanspruch, die Schlüsselgewalt und die Entgeltansprüche für die Mitwirkung im Erwerb des anderen Ehegatten. Durch die Aussonderung des mittlerweile vom Haager Unterhaltsprotokoll (HUntProt) beherrschten Unterhalts ist § 18 IPRG ein wichtiger Anwendungsbereich genommen worden.
Rz. 76
Für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe sieht § 18 IPRG, welcher auch als Ehewirkungsstatut bezeichnet wird, ein gestuftes System von Subsidiäranknüpfungen vor (Kegel’sche Leiter), die alle das Ziel verfolgen, ein für beide Ehegatten gemeinsames Recht zu finden. Zu beachten ist, dass es sich beim Ehewirkungsstatut um ein wandelbares Statut handelt, es somit auf das Vorliegen des relevanten Anknüpfungsmoments im jeweiligen Beurteilungszeitpunkt bzw. zur Zeit der Tatbestandserfüllung ankommt. Auf abgeschlossene Tatbestände hat ein Statutenwechsel keinen Einfluss; er wirkt nicht zurück.
Rz. 77
Nach § 18 Abs. 1 Z. 1 IPRG ist primär das gemeinsame Personalstatut der Ehegatten berufen, mangels eines solchen das letzte gemeinsame Personalstatut, sofern es einer der Ehegatten beibehalten hat. Nach § 9 IPRG ist das Personalstatut einer natürlichen Person grundsätzlich das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit sie hat. Für Mehrstaater ist die Staatsangehörigkeit des Staates maßgebend, zu dem die stärkste Beziehung besteht ("effektive" Staatsangehörigkeit). Zu beachten ist hierbei aber die Exklusivregel des § 9 Abs. 1 S. 2 IPRG, wonach immer die österreichische Staatsangehörigkeit maßgebend ist, wenn eine Person neben einer fremden auch die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt. Ein österreichisch-deutscher Ehemann und eine deutsche Ehefrau besitzen somit kein gemeinsames Personalstatut.
Rz. 78
Ist eine Anknüpfung nach § 18 Abs. 1 Z. 1 IPRG mangels eines gemeinsamen oder letzten gemeinsamen Personalstatuts nicht möglich, kommt gem. § 18 Abs. 1 Z. 2 IPRG das Recht des Staates zur Anwendung, in dem beide Ehegatten den gewöhnlichen Aufenthalt haben, mangels eines solchen das Recht des Staates, in dem beide den letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern ihn einer der Ehegatten beibehalten hat. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts wird vom Gesetz nicht definiert. Der Aufenthalt ergibt sich unabhängig von der Erlaubtheit oder Freiwilligkeit aus tatsächlichen Umständen; er ist gewöhnlich, wenn er auf eine "bestimmte Dauer und Beständigkeit des Verweilens am Aufenthaltsort schließen lässt". Es handelt sich um den "Daseinsmittelpunkt". Ein Wille zur dauerhaften Niederlassung wird nicht verlangt, ebenso wenig eine Aufenthaltsmindestdauer. Es kommt darauf an, ob jemand tatsächlich einen Ort zum Mittelpunkt seines Lebens, seiner wirtschaftlichen Existenz und seiner sozialen Kontakte macht. Der gewöhnliche Aufenthalt muss vom Gericht festgestellt werden.
Rz. 79
Ist keine der vorhergenannten Anknüpfungen möglich, so hat diese nach § 18 Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 IPRG nach jener Rechtsordnung zu erfolgen, zu der die Ehegatten die stärkste gemeinsame Beziehung haben.
Rz. 80
Von vornherein getrennt anzuknüpfen sind die Namensfolgen der Eheschließung. Nach § 13 Abs. 1 IPRG richten sich diese für jeden Gatten gesondert nach "dem jeweiligen Personalstatut, auf welchem Grund auch immer der Namenserwerb beruht". Die namensrechtlichen Wirkungen der Eheschließung bestimmen sich somit für jeden Ehegatten getrennt nach seinem Personalstatut. So werden Verlobte mit unterschiedlichen Personalstatuten, die in ihren Namensfolgen nicht übereinstimmen, als Ehegatten unterschiedliche Namen führen. Auch eine gemeinsame Ehenamenswahl kann sich nur auf einen Gatten auswirken, wenn sie nur nach einem Personalstatut wirksam ist. Durch die Bezugnahme auf das jeweilige Personalstatut wird die Wandelbarkeit der Anknüpfung zum Ausdruck gebracht. Abgeschlossene Tatbestände werden durch einen Statutenwechsel nicht mehr berührt.
Rz. 81
Seit dem 29.1.2019 gilt in Österreich und jenen Mitgliedstaaten, die sich an der "Verstärkten Zusammenarbeit" beteiligen, die EUGüVO (auch "Rom IVa-VO") für das eheliche Güterrecht. Die Vorschriften gelten nur für Ehegatten, die ab diesem Zeitpunkt die Ehe eingegangen sind oder (bei früheren Ehen) eine Rechtswahl des auf ihren Güterstand anzuwendenden Rechts getroffen haben (Art. 69 Abs. 3 EUGüVO). "Ehelicher Güterstand" bezeichnet sämtliche vermögensrechtlichen Regelungen, die zwischen den Ehegatten und in ihren Beziehungen zu Dritten aufgrund der Ehe oder Auflösung der Ehe gelten (Art. 3 Abs. 1 lit. a EUGüVO; vgl. Art. ...