Prof. Dr. Susanne Ferrari, Dr. Marion Koch-Hipp
Rz. 222
Die Wirkungen einer Ehescheidung sind nach dem Ehewirkungsstatut (Rdn 76 ff.) im Zeitpunkt der Ehescheidung zu beurteilen (§ 20 i.V.m. § 18 IPRG). Als Scheidungszeitpunkt gilt der Schluss der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz. Zu beachten ist allerdings, dass etliche Scheidungsfolgen gesondert anzuknüpfen sind, wie namensrechtliche Folgen nach § 13 IPRG, nachehelicher Unterhalt nach dem Haager Unterhaltsprotokoll (HUntProt) sowie güterrechtliche Folgen auch nach § 19 IPRG bzw. der EUGüVO.
Rz. 223
Ob auf die nacheheliche Vermögensaufteilung § 19 oder § 20 IPRG anzuwenden ist, ist strittig: Die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse wird von der Rechtsprechung und Lehre unterschiedlich angeknüpft. Nach überw. älterer Lehre fällt die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse nach § 81 EheG oder eines sonstigen Zugewinns nicht unter das Scheidungsstatut des § 20 IPRG, sondern wird güterrechtlich qualifiziert und unterliegt somit primär der Rechtswahl der Ehegatten; mangels einer Rechtswahl kommt das zur Zeit der Eheschließung für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe maßgebliche Recht zur Anwendung (Verweis in § 19 IPRG auf § 18 IPRG; siehe hierzu Rdn 76 ff.). Abweichend davon gibt die Rechtsprechung seit dem Jahr 2000 allerdings der Subsumtion der gesamten nachehelichen Vermögensaufteilung (somit der Verteilung der Ehewohnung, des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Aufteilung der ehelichen Ersparnisse) unter § 20 IPRG (Scheidungsstatut) den Vorzug, womit auch eine Rechtswahl der Ehegatten hinfällig ist (vgl. Rdn 82).
Rz. 224
Seit dem 29.1.2019 gilt für das eheliche Güterrecht und für alle Fragen zu den ehelichen Güterständen, somit auch für Fragen der güterrechtlichen Auseinandersetzung bei Scheidung, die EUGüVO. Sie ist nach Art. 69 Abs. 3 EUGüVO nur für Ehegatten, die ab dem 29.1.2019 geheiratet haben oder (bei früheren Ehen) ab diesem Zeitpunkt eine Rechtswahl getroffen haben, anzuwenden. Aus Art. 5 und Art. 27 EUGüVO ergibt sich, dass die nacheheliche Vermögensaufteilung dem sachlichen Anwendungsbereich der EUGüVO unterliegt.
Rz. 225
Gesondert anzuknüpfen sind neben den erbrechtlichen Wirkungen (EuErbVO) auch die Regelungen der elterlichen Obsorge nach der Scheidung. Primär ergibt sich das auf die elterliche Verantwortung anzuwendende Recht aus dem Haager Kinderschutzübereinkommen (KSÜ). Vorbehaltlich solcher staatsvertraglicher Sonderregelungen, wie insbesondere des KSÜ und des Haager Unterhaltsprotokolls, die gegenüber dem autonomen IPRG Vorrang haben, sind die Wirkungen der Ehelichkeit und der Legitimation eines Kindes – dazu zählt insbesondere die Regelung der elterlichen Obsorge – wandelbar nach dem jeweiligen Personalstatut des Kindes zu beurteilen (§ 24 IPRG). Getrennt anzuknüpfen sind wiederum die Auswirkungen der Ehescheidung auf den Kindesnamen (§ 13 IPRG).
Rz. 226
Öffentlich-rechtliche Renten- und Versorgungsansprüche, wie etwa auf Witwenpension, unterliegen nicht dem Scheidungsstatut; diese entbehren einerseits eines privatrechtlichen Charakters und andererseits würde die Anwendung des einschlägigen fremden Rechts für den heimischen Richter mit großen Schwierigkeiten verbunden sein.