Prof. Dr. Susanne Ferrari, Dr. Marion Koch-Hipp
1. Vermögensaufteilung
Rz. 227
Das österreichische Recht geht vom Prinzip der Subsidiarität eines gerichtlichen Aufteilungsverfahrens aus: Nur soweit sich die Ehegatten über eine Aufteilung des ehelichen Vermögens nicht einigen, findet ein gerichtliches Aufteilungsverfahren auf Antrag eines Ehegatten statt (§ 85 EheG). Selbst nach einer einvernehmlichen Scheidung nach § 55a EheG kann es zu einem Aufteilungsverfahren kommen, wenn die – obligatorische – Vereinbarung über die vermögensrechtlichen Ansprüche unvollständig geblieben ist. Ein Aufteilungsverfahren kann auch stattfinden, wenn die Ehegatten kein gemeinsames Vermögen, wohl aber gemeinsame Schulden haben. Das Gericht kann nur Vermögensteile bzw. Schulden zuweisen, deren Aufteilung beantragt worden ist.
Rz. 228
Gemäß § 95 EheG ist der Aufteilungsanspruch innerhalb der Präklusivfrist von einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils bzw. der Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe beim zuständigen Bezirksgericht geltend zu machen. Wird die Frist versäumt, so zieht dies den Verlust des Aufteilungsanspruchs nach sich; die bisherige vermögensrechtliche Situation jedes Ehegatten bleibt unverändert aufrecht.
Rz. 229
Dem Gericht kommen nach österreichischem Recht sehr viele Möglichkeiten zu, die Aufteilung zu gestalten. Dabei kann es Eigentum von einem auf den anderen Gatten übertragen, dingliche und obligatorische Rechte zugunsten des einen an Sachen des anderen begründen, wobei im Einzelnen danach zu differenzieren ist, ob es sich um bewegliches oder unbewegliches Vermögen, um Gebrauchsvermögen oder Ersparnisse handelt (§§ 86 ff. EheG). Für die Ehewohnung gibt es Spezialvorschriften in den §§ 87 f. EheG. Das Gericht hat auch die Befugnis, Ausgleichszahlungen anzuordnen, wenn sich eine billige Aufteilung des Vermögens durch Sachzuweisung nicht erzielen lässt (§ 94 EheG); siehe dazu Rdn 149 ff. Hinsichtlich gemeinsamer Schulden nach § 81 Abs. 1 EheG kann das Gericht mit Wirkung für den Gläubiger einen Ehegatten zum Hauptschuldner und den anderen zum Ausfallsbürgen bestimmen (§§ 92, 98 EheG).
2. Nachehelicher Unterhalt
Rz. 230
Der Unterhaltsanspruch ist mittels Unterhaltsklage im streitigen Verfahren geltend zu machen. Für alle gesetzlichen Unterhaltsansprüche eines Ehegatten gegenüber dem anderen sind – sowohl während aufrechter Ehe als auch nach Eheauflösung – die Bezirksgerichte sachlich zuständig (§ 49 Abs. 2 Z. 2 JN). Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit ist zu unterscheiden: Ist bereits ein Eheverfahren in erster Instanz anhängig, sind gem. § 76a JN grundsätzlich alle Klagen betreffend den gesetzlichen Unterhalt eines Ehegatten beim Gericht der Ehesache anhängig zu machen. § 76a JN kommt daher dann zur Anwendung, wenn eine Klage auf gesetzlichen Unterhalt entweder gleichzeitig mit einer Ehesache anhängig gemacht wird oder eine solche, etwa Klage auf Scheidung, bereits gerichtsanhängig ist. Dabei ist zu beachten, dass die mündliche Verhandlung über die Ehesache nicht bereits in erster Instanz geschlossen sein darf (§ 76a S. 2 JN). Ist noch keine Ehesache anhängig oder befindet sich der Eheprozess bereits in höherer Instanz, sind Unterhaltsstreitigkeiten beim allgemeinen Gerichtsstand der beklagten Partei geltend zu machen. Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird grundsätzlich durch deren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt bestimmt (§ 66 Abs. 1 und 2 JN). Hat der beklagte (Ex-)Ehegatte den Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Sprengel desselben Gerichts, so steht es dem Kläger frei, bei welchem Gericht er die Klage einbringen will (§ 66 Abs. 3 JN).
Rz. 231
Im Verfahren selbst besteht relativer Anwaltszwang (§ 29 ZPO).
Rz. 232
Der nacheheliche Unterhalt kann von den Ehegatten aber auch im Zuge der streitigen Scheidung vertraglich geregelt werden, ohne dass eine Klage eingebracht werden muss (§ 80 EheG). Siehe dazu Rdn 186 ff.
3. Verteilung der elterlichen Sorge
Rz. 233
Im Verfahren über die Obsorge herrscht relativer Anwaltszwang; angefochtene Beschlüsse können auch zu Ungunsten der anfechtenden Partei abgeändert werden, wenn dies das Wohl des betroffenen Minderjährigen erfordert (§ 107 Abs. 1 Z. 1 und 3 AußStrG). Das Gericht kann zur Sicherung des Kindswohls Maßnahmen anordnen, wie etwa einen verpflichtenden Besuch einer Eltern- oder Familienberatung, die Teilnahme an einer Beratung zum Umgang mit Gewalt oder Aggression, das Verbot der Ausreise mit dem Kind oder d...