Mag. Johanna Haunschmidt, Dr. Franz Haunschmidt
1. Allgemeines
Rz. 99
Die Erbfolge kann durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden vorweggenommen werden. Die vorsorgende Vermögensübertragung wird oft gewählt, um das Vermögen im Familienbesitz zu erhalten, Erbstreitigkeiten zu vermeiden, Steuern und Gebühren zu vermeiden sowie Pflichtteilsansprüchen "auszuweichen".
2. Schenkungs- und Übergabevertrag
Rz. 100
Liegenschaften und Unternehmen werden oft zu Lebzeiten übertragen. Es lassen sich natürlich auch alle anderen Vermögenswerte, wie z.B. Fahrzeuge, Sparbücher oder Bargeld, verschenken oder übergeben. Zur Vermeidung einer hohen Steuerbelastung oder unerwünschter Schenkungspflichtteilsansprüche empfiehlt es sich, im Vertrag Gegenleistungen für den Erwerb, wie z.B. Fruchtgenussrechte, Wohnungsrechte oder Renten, zu vereinbaren.
3. Rechtsnachfolgeklauseln in Gesellschaftsverträgen
Rz. 101
Vertragliche Nachfolgeregeln finden sich häufig in Gesellschaftsverträgen. Bei Personengesellschaften (OG, KG) kann durch gesellschaftsvertragliche Bestimmung erreicht werden, dass der Anteil des Verstorbenen nicht in die Verlassenschaft fällt, sondern ohne Zwischenschaltung der Verlassenschaft den übrigen Gesellschaftern, einem zum Eintritt berechtigten Dritten oder auch einem im Gesellschaftsvertrag bestimmten Nachfolger unmittelbar anwächst. Den Erben steht lediglich ein Abfindungsanspruch zu. Selbst dieser kann vertraglich eingeschränkt (Buchwertklausel) oder gänzlich ausgeschlossen werden. Wenn eine solche Nachfolgeklausel ohne Abfindung für alle Gesellschafter wechselseitig gilt und sie auch tatsächlich für alle relevant ist, liegt keine Schenkung, sondern ein gesellschaftsrechtlicher "Glücksvertrag" vor, für den weder die Formvorschriften für letztwillige Verfügungen oder Schenkungsverträge noch die Bestimmungen über die Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen gelten.
Rz. 102
Aus der Vererblichkeit von GmbH-Anteilen wird geschlossen, dass diese zwingend in die Verlassenschaft fallen. Der Anteil kann durch Gesellschaftsvertrag nicht als unvererblich erklärt werden. Eine Fortsetzungsklausel ("Zum Todestag geht der Anteil auf die überlebenden Gesellschafter über") ist unzulässig. Die Einräumung von Aufgriffsrechten im Todesfall ist möglich – und zwar auch zu Buchwerten oder unentgeltlich – und bei Familiengesellschaften üblich. Bei Gesellschaften mit personalistischer Struktur finden sich häufig wechselseitige Aufgriffsrechte mit Ausnahme bei Übertragung an leibliche Nachkommen des Gesellschafters. Eine Zersplitterung der Anteile im Todesfall wird durch die vertraglich festgelegte Verpflichtung verhindert, dass Vermächtnisnehmer und Miterben ihre Anteile innerhalb einer bestimmten Frist an den letztwillig bestimmten Nachfolger bzw. bei dessen Fehlen an die Mitgesellschafter zu übertragen haben.
Rz. 103
Satzungen von Aktiengesellschaften können keinen Einfluss auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen nehmen.
4. Anordnung einer Stiftung
Rz. 104
Bis 1993 konnten Stiftungen in Österreich nur zu gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken errichtet werden. Durch das Privatstiftungsgesetz (PSG) wurde der Anwendungsbereich für Stiftungen in Österreich wesentlich erweitert. Die Privatstiftung kann auch eigennützigen Zwecken (zugunsten des Stifters und seiner Familie) dienen. Sie unterliegt keiner staatlichen Kontrolle; es bestehen keine Einschränkungen bei der Veranlagung.
Rz. 105
Motive für die Gründung einer Privatstiftung sind steuerliche Überlegungen, die Sicherung und die Erhaltung von Vermögenswerten, die Vermeidung von aus dem Erbrecht resultierenden "Vermögenszerteilungen", das Streben nach Kontinuität in der Unternehmensleitung, die Wahrung der Interessen des Unternehmens und seiner Arbeitnehmer, die Versorgung von Familienangehörigen, die Vermeidung unerwünschter Rechtsnachfolge.
Rz. 106
Grundlage der Privatstiftung ist eine einseitige Willenserklärung des Stifters, die sog. Stiftungserklärung. Sie bedarf der Notariatsaktform (§ 39 Abs. 1 PSG).
5. Bezugsberechtigung in der Lebensversicherung
Rz. 107
Nach § 166 VersVG hat der Versicherungsnehmer die Möglichkeit, ohne Zustimmung des Versicherers einen Dritten als Bezugsberechtigten zu bezeichnen. Die Lebensversicherungssumme wird vom Versicherer dem Bezugsberechtigten direkt ausbezahlt; die Versicherungssumme fällt nicht in die Verlassenschaft und ist weder in die Vermögenserklärung noch in das Inventar aufzunehmen. Die Versicherungssumme ist grundsätzlich bei der Ermittlung der Pflichtteilsansprüche zu berücksichtigen. Da die Versicherungssumme nicht in die Verlassenschaft fällt, wird dem Pflichtteilsberechtigten die Existenz einer Lebensversicherung aber oft verborgen bleiben.
6. Gemeinsames Verfügungsrecht über Sparvermögen
Rz. 108
Nach österreichischem Recht besteht die Möglichkeit, dass mehrere Personen gemeinsam Inhaber eines Safes, Sparbuches oder Wertpapierdepots werden. Jeder Inhaber ist einzeln zugriffsberechtigt. Mit Einführung der Kapitalertragssteuer ist die Verpflichtung der Banken, Sparvermögenswerte ihrer Kunden bei deren Ableben dem Finanzamt zu melden, weggefallen. Seither werden solche gemeinsamen Bankvermögenswerte immer beliebter.