A. Einführung
I. Überblick über das Gesellschaftsrecht
Rz. 1
Das österreichische Gesellschaftsrecht unterscheidet zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften. Der wesentlichste Unterschied zwischen diesen Gesellschaftstypen besteht darin, dass bei den Personengesellschaften zumindest eine natürliche Person persönlich mit dem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet. Diese persönliche Haftung wird bei den Kapitalgesellschaften ersetzt durch das Mindestkapital, das bei Gründung der Gesellschaft vorhanden sein muss. Die Aufbringung und Erhaltung des Kapitals werden durch eine Vielzahl von Bestimmungen geschützt. Eine Mischform liegt vor, wenn der persönlich haftende Gesellschafter einer Personengesellschaft keine natürliche Person, sondern eine Kapitalgesellschaft ist (z.B. GmbH & Co. KG, siehe Rdn 14 ff.).
Rz. 2
Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht darin, dass bei den Personengesellschaften nur Gesellschafter Geschäftsführer werden können (Selbstorganschaft). Bei den Kapitalgesellschaften können auch Nichtgesellschafter Geschäftsführer werden, es ist also Fremdorganschaft möglich.
Rz. 3
Die praktische Bedeutung der GmbH ist äußerst groß: Per 1.1.2021 waren im Firmenbuch 169.969 GmbHs eingetragen. Dies entspricht einem Anteil von etwa 60 % aller im Firmenbuch eingetragenen Personen- und Kapitalgesellschaften.
Rz. 4
Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die GmbH sind:
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Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG); |
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Firmenbuchgesetz (FBG); |
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Unternehmensgesetzbuch (UGB). |
II. Personengesellschaften
1. Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Rz. 5
Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) handelt es sich um eine durch Vertrag begründete Gesellschaft von mindestens zwei Personen, welche sich zu einem gemeinschaftlichen Zweck zusammenschließen (§ 1175 ABGB). Der Gesellschaftsvertrag einer GesbR bedarf keiner besonderen Form und kann daher grundsätzlich auch mündlich oder konkludent geschlossen werden. Die GesbR besitzt keine Rechtspersönlichkeit und wird daher als einzige Gesellschaft nicht im Firmenbuch (Handelsregister) registriert. Allerdings besteht eine Registrierungspflicht als OG oder KG, wenn mehrere Personen ein Unternehmen als GesbR betreiben und diese den Schwellenwert des § 189 UGB (Rechnungslegungspflicht, siehe Rdn 209) überschreitet (§ 8 Abs. 3 UGB). Die Rechtsgrundlagen finden sich in den §§ 1175–1216e ABGB. Ihre praktische Bedeutung hat diese Gesellschaftsform beim Zusammenschluss von Freiberuflern (z.B. Architekten, Rechtsanwälten), bei Arbeitsgemeinschaften im Bauwesen (z.B. ARGE), bei gemeinsamem Erwerb durch Ehegatten oder Lebensgefährten und bei Stimmbindungsverträgen bei Personen- oder Kapitalgesellschaften (Syndikatsverträge).
2. Offene Gesellschaft
Rz. 6
Die Offene Gesellschaft (OG) ist eine unter eigener Firma geführte Gesellschaft, bei der die Gesellschafter gesamthandschaftlich verbunden sind und bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern eingeschränkt ist (§ 105 UGB). Diese Gesellschaft ist nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung uneingeschränkt rechtsfähig. Alle Gesellschafter der OG haften mit ihrem gesamten Vermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Diese Gesellschaftsform ist in den §§ 105–160 UGB geregelt.
3. Kommanditgesellschaft
Rz. 7
Es gilt das zur OG Ausgeführte (siehe Rdn 6) mit einem einzigen Unterschied: Bei der Kommanditgesellschaft (KG) gibt es auch Gesellschafter, die nur mit dem Betrag ihrer Haftsumme haften. Diese Gesellschafter nennt man Kommanditisten. Die Haftsumme wird im Firmenbuch vermerkt. Sofern der Kommanditist diese Einlage geleistet hat, haftet er überhaupt nicht (§ 171 Abs. 1 UGB). Neben den Kommanditisten muss es aber zumindest einen persönlich haftenden Gesellschafter geben (sog. Komplementär). Die Rechte der Kommanditisten sind stark beschränkt, insbesondere sind sie nicht zur Geschäftsführung berechtigt. Die Gesellschaftsform der KG ist in den §§ 161–178 UGB geregelt.
III. Kapitalgesellschaften
1. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Rz. 8
Die GmbH ist eine juristische Person (§ 61 Abs. 1 GmbHG), also gegenüber ihren Gesellschaftern verselbstständigt. Für Verbindlichkeiten haftet die GmbH nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen (§ 61 Abs. 2 GmbHG). Das Mindeststammkapital beträgt 35.000 EUR, wovon grundsätzlich die Hälfte (17.500 EUR) bar einzuzahlen ist. Das Mindeststammkapital beträgt bei der gründungsprivilegierten GmbH seit 1.3.2014 nur mehr 10.000 EUR, wovon 5.000 EUR bar einzuzahlen sind. Die Inanspruchnahme der Gründungsprivilegierung und die Höhe der gründungsprivilegierten Stammeinlagen sind im Firmenbuch einzutragen. Das Stammkapital ist innerhalb von 10 Jahren ab Gründung auf 35.000 EUR (wovon 17.500 EUR bar einzuzahlen sind) aufzustocken (§ 10b Abs. 5 GmbHG). Die Gründungsprivilegierung kann jedoch auch jederzeit vor Ablauf der zehn Jahre durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages beendet werden. Derzeit wird über eine Reduktion des Stammkapitals auf 10.000 EUR diskutiert.
Rz. 9
Der personalistische Charakter der GmbH findet seinen Niederschlag darin, dass die übrigen Gesellschafter haften, wenn eine Stammeinlage uneinbringlich ist (§ 70 Abs. 1 GmbHG), oder das Stammkapital durch u...