Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Grob fahrlässige Handlungsweise eines Beiratsvorsitzenden in Zusammenhang mit Veruntreuungen eines Verwalters!
Normenkette
§ 27 Abs. 4 WEG, § 29 WEG, § 662 BGB
Kommentar
1. In einer beachtenswerten Entscheidung zur Schadenersatzpflicht eines ehrenamtlich nach Auftragsrecht schuldhaft handelnden Beirats hat das OLG Düsseldorf leitsatzartig herausgestellt:
a) Mitglieder eines Verwaltungsbeirats haften für die pflichtgemäße Erfüllung ihrer Beiratsaufgaben nach Auftragsrecht. Neben den Beiratsaufgaben können allen oder einzelnen Beiratsmitgliedern ebenso wie jedem Dritten weitere Aufgaben von der Eigentümerversammlung durch entsprechende Beschlussfassung zur Erledigung übertragen werden; auch in diesem Fall ergibt sich eine mögliche Haftung aus Auftragsrecht; mehrere schadensverursachende Beteiligte haften gesamtschuldnerisch.
b) Ein beauftragter Verwaltungsbeirat handelt grob fahrlässig, wenn er einem Verwalter entgegen der ausdrücklichen Weisung der Eigentümerversammlung die uneingeschränkte Verfügungsmacht über ein der Gemeinschaft zustehendes Rücklagenkonto von erheblicher Höhe einräumt. Ebenfalls als grob fahrlässige Pflichtverletzung ist anzusehen, wenn bei der Prüfung der Jahresabrechnung auf die Kontrolle der Kontenbelege verzichtet wird.
2. Ein Verwaltungsbeirat war durch Versammlungsbeschluss beauftragt worden, nach Bestellung einer Verwalter-GmbH den Vertrag mit dieser Firma unter Berücksichtigung bestimmter Eckdaten auszuhandeln. Insbesondere sollten Verfügungen von Festgeldkonten nur mit einer zusätzlichen Unterschrift eines Beiratsmitglieds vom Verwalter vorgenommen werden dürfen. Der erste Vertragsentwurf der Verwaltung enthielt keinerlei Verfügungsbeschränkung über die Konten der Gemeinschaft. In den Vertrag wurde anschließend allein die Bestimmung aufgenommen, dass über "Kapitalanlagen oder Rücklagen nur in Abstimmung mit einem Beiratsmitglied verfügt werden könne". In den bisherigen Kontenführungsunterlagen der Bank (bezogen auf den Vertrag mit dem früheren Verwalter) war vermerkt, dass die Verwaltung nur zusammen mit den dort hinterlegten Unterschriftsproben über die Konten verfügen dürfe. Der Verwaltungsbeiratsvorsitzende sandte dann den von allen drei Beiratsmitgliedern unterschriebenen Vertrag an die neu bestellte Verwalter-GmbH zurück und vermerkte im Anschreiben: "Der guten Form halber dürfen wir noch einmal festhalten, wie mit Ihnen vereinbart, dass jedoch Verfügungen über DM 2.000,- mit dem Beirat zu tätigen sind."
Unter Vorlage des Vertrages bewirkte der Geschäftsführer der Verwalter-GmbH, dass er als Alleinverfügungsberechtigter in die Kontenblätter für die von der Eigentümergemeinschaft bestehenden Konten eingetragen wurde.
Anschließend ließ der Geschäftsführer der Verwalter-GmbH Festgeld-Guthaben auf ein neu errichtetes Girokonto der Gemeinschaft überweisen, über das er allein verfügungsbefugt war. Tage später überwies er "sich" dann DM 100.000,- auf ein eigenes Firmenkonto der GmbH bei anderer Bank, die die Überweisung auf den Schuldsaldo der erheblich verschuldeten Verwalter-GmbH (in Höhe von rund DM 670.000,-!) verrechnete; zuvor hatte er schon ein Girokonto-Guthaben der Gemeinschaft in Höhe von DM 30.000,- auf ein anderes Konto seiner GmbH überwiesen; auch die Herausgabe dieses Geldes verweigerte das Bankinstitut mit der Begründung, es sei als Sicherheit für Forderungen gegen den Geschäftsführer der Verwalter-GmbH verpfändet. Anschließend kam es noch zu weiteren Entnahmen gemeinschaftlicher Gelder mit ungeklärtem Verbleib. Zu dieser Zeit befand sich die GmbH bereits in ganz erheblichen Zahlungsschwierigkeiten.
Dennoch kam es in nachfolgender Eigentümerversammlung zu einer Abrechnungsgenehmigungs-Beschlussfassung; zuvor hatte der Beirat eine Belegprüfung durchgeführt; diese beschränkte sich auf den vom Verwalter aufgestellten Jahresabschluss und die Kontenblätter der Buchführung einschließlich der Rechnungsbelege; Kontenauszüge wurden vom Beirat nicht eingesehen. Der Jahresabschluss wies die Rücklagen der Gemeinschaft aus, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt weitgehend nicht mehr zur Verfügung standen. In der Eigentümerversammlung erklärte der Beiratsvorsitzende im Namen des gesamten dreiköpfigen Beirats, dass die geprüfte Abrechnung bis auf einige kleine Ungereimtheiten in Ordnung sei. Aus diesem Grund wurde die Abrechnung vorbehaltlich der endgültigen Zustimmung des Beirats angenommen, Verwaltung und Beirat wurden entlastet.
Monate später verunglückte der Geschäftsführer der Verwalter-GmbH tödlich; über das Vermögen der GmbH wurde das Konkursverfahren eröffnet. Angemeldete Forderungen der Gemeinschaft in Höhe von rund DM 330.000,- erkannte zwar der Konkursverwalter in Höhe von DM 273.000,- an, verneinte jedoch, dass mit einer Quote zu rechnen sei.
Im Prozess nahm die Gemeinschaft den Beiratsvorsitzenden auf Schadenersatz in Höhe eines Teilbetrages von DM 100.000,- wegen Verletzung seiner Pflichten als Beirat in Anspruch. Den beiden anderen Mitgliedern des Beirats wurde der Streit verkü...