Leitsatz (amtlich)
1.Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 4 Absatz 1 Ziffer 6 KörpStG 1934 ist auch dann gegeben, wenn Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Die Bestimmung des § 7 Absatz 3 der VO zur Durchführung der §§ 17 bis 19 StAnpG vom 16. Dezember 1941 ist rechtsunwirksam.
2.Das Merkmal der "Ausschließlichkeit" im Sinne des § 4 Absatz 1 Ziffer 6 KörpStG 1934 kann auch dann erfüllt sein, wenn eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Die diesem Grundsatz widersprechenden Bestimmungen der §§ 7 Absatz 1 und 8 der VO vom 16. Dezember 1941 sind unwirksam.
Normenkette
KStG §§ 4-5, 8 Abs. 1
Tatbestand
Die Mehrzahl der Xschen Stiftungen geht auf das 16. und 17. Jahrhundert zurück. Ihre Hauptaufgabe ist es, bedürftigen Personen, insbesondere alten und kranken Menschen, zu helfen. Die Verwaltung ihres Vermögens und die gesamte Rechnungsführung sind seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts zusammengelegt. Seitdem werden auch die Aufwendungen für die Stiftungszwecke nicht mehr auf die einzelnen Stiftungen aufgeteilt. Das Finanzamt behandelt die Stiftungen als Einheit. Das Stiftungsvermögen umfaßt außer verpachtetem landwirtschaftlichen Vermögen, verpachtetem gewerblichen Vermögen, vermietetem Grundvermögen und Kapitalvermögen selbstbewirtschaftete Forsten in Größe von rund 3.000 ha. Lediglich der Forstbesitz wirft größere, durch den Zwang zu starkem Holzeinschlag erhöhte Einnahmen ab. Nur diese Einkünfte haben es möglich gemacht, in den letzten Jahren die Verluste bei dem vermieteten und verpachteten Vermögen auszugleichen und die Stiftungszwecke zu erfüllen.
Das Finanzamt hat die Stiftungen mit Rücksicht auf die Selbstbewirtschaftung der Forsten als voll steuerpflichtig angesehen. Die Stiftungen haben gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1947 Sprungberufung eingelegt und beantragt, sie von der Körperschaftsteuer freizustellen, vorerst aber nur über den Grund des Anspruchs zu entscheiden (§ 284 Absatz 2 der Reichsabgabenordnung - AO -). Das Finanzgericht hat dem Antrag stattgegeben und in seinem Bescheid ausgesprochen, die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung oder eine Beschränkung der Steuerpflicht seien nicht gegeben.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.), die sich in der Hauptsache auf die Ausführungen in Steuer und Wirtschaft (Stw.) 1949 Sp. 615 beruft, ist begründet.
Das Finanzgericht stützt seine Entscheidung auf die Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) vom 16. Dezember 1941 (die sogenannte Gemeinnützigkeits- Verordnung - GemVO -). Nach § 8 Absatz 1 in Verbindung mit § 7 Absatz 1 und § 3 Ziffer 2 der Verordnung seien Stiftungen, die ihre Forsten in Gewinnerzielungsabsicht selbst bewirtschaften, voll steuerpflichtig. Dies treffe auf die Beschwerdeführerin (Bfin.) zu. Die Grundsätze der für das Körperschaftsteuergesetz (KörpStG) 1925 ergangenen Entscheidungen des RFHofs vom 29. November 1933 I A 157/33, Slg. Bd. 34 S. 329, Reichssteuerblatt - RStBl - 1934 S. 377, und vom 19. Dezember 1933 I A 218/32, RStBl 1934 S. 379, könnten infolge der veränderten Rechtslage keine Anwendung finden.
Diese Begründung führt zu der auch vom Finanzgericht und der Rb. erörterten Frage der Rechtsgültigkeit der GemVO. Die Verordnung stützt sich auf § 12 AO. Wie der Senat in der zur Veröffentlichung bestimmten Entscheidung vom 21. Januar 1950I 17/49 S ausgesprochen hat, ermächtigen diese Bestimmungen den Reichsminister der Finanzen (RdF) nicht zum Erlaß von Rechtsverordnungen, die gegen festgelegte Grundsätze des Gesetzes verstoßen (siehe auch Entscheidung des Kammergerichts vom 12. Dezember 19351 W x 597/35, RStBl 1936 S. 69).
Nach § 4 Absatz 1 Ziffer 6 KörpStG 1934 sind Vermögensmassen, die nach der Satzung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken dienen, von der Körperschaftsteuer befreit. Unterhalten sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht, so sind sie insoweit steuerpflichtig. Nach § 11 der Ersten Körperschaftsteuer- Durchführungsverordnung (Erste KörpStDVO) vom 6. Februar 1935 ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eine planmäßige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen oder anderen wirtschaftlichen Vorteilen, die über eine einmalige Betätigung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Hieraus ergibt sich, daß die Körperschaftsteuer- Durchführungsverordnung die auf Gewinnerzielung gerichteten gewerblichen und land- und forstwirtschaftlichen Betriebe den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben zurechnet.
Im Gegensatz dazu ordnet die GemVO in § 7 Absatz 3 an: "Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die ohne Gewinnabsicht unternommen wird, ist wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, wenn durch die Betätigung Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die Betätigung über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hina...