Leitsatz (amtlich)
Zwischen den nach § 26b EStG zusammen veranlagten Ehegatten besteht im Innenverhältnis eine Ausgleichspflicht nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 44 Abs. 1 AO. Bei Ehegatten, die bewusst die Steuerklassen III und V gewählt haben, wird dieser Ausgleichsanspruch auch dann familienrechtlich überlagert, wenn der Trennungsunterhalt eines Ehegatten auf der Grundlage der eingetragenen Steuerklassen berechnet wurde. Ein Ausgleich der Steuernachteile für das jeweilige Veranlagungsjahr erfolgt auch dann nicht, wenn der auf der Basis der Steuerklassenwahl bezahlte Unterhalt geringer ist als der gesetzliche Unterhaltsanspruch.
Normenkette
BGB § 426 Abs. 1 S. 1; EStG § 26b; AO § 44 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bamberg (Beschluss vom 24.09.2010; Aktenzeichen 211 F 1525/09) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Endbeschluss des AG - Familiengericht - Bamberg vom 24.9.2010 abgeändert und der Antrag der Antragstellerin vom 3. Dezember 2009 abgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
III. Der Beschwerdewert wird auf 2.403,66 Euro festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Verfahrensgegenstand ist die Forderung der Antragstellerin auf Ausgleich des Nachteils, den sie dadurch erlitten hat, dass sie im Jahre 2008 nach der Lohnsteuerklasse V besteuert wurde. Die Beteiligten sind Eheleute, die seit 20.3.2008 getrennt leben. Ebenso wie in den Vorjahren waren sie sich einig, dass auch für das Kalenderjahr 2008 bei der Antragstellerin die Steuerklasse V und beim Antragsgegner die Steuerklasse III in die Lohnsteuerkarte einzutragen war.
Bei getrennter Veranlagung der Ehegatten wäre die Antragstellerin nach Lohnsteuerklasse I besteuert worden und hätte einen Betrag von 3.065,29 EUR vom Finanzamt erstattet bekommen.
Der Antragsgegner hat im Jahr 2008 ab der Trennung neben Kindesunterhalt an die Antragstellerin Trennungsunterhalt von monatlich 1.285,71 EUR bezahlt.
Der Antragstellerin wurde Anfang des Jahres 2009 von ihrer Rechtsanwältin mitgeteilt, dass ihr ein höherer Unterhaltsanspruch zustehe und der Antragsgegner ihr den Steuernachteil für das Jahr 2008 ersetzen müsse. Sie ließ mit Schreiben vom 5.10.2009 den Antragsgegner auffordern, ihr den Steuernachteil von 3.065,29 EUR zu ersetzen.
Der Antragsgegner verweigerte die Zahlung. Mit Schriftsatz vom 3.12.2009 stellte die Antragstellerin beim AG - Familiengericht - Bamberg den Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, ihr 3.065,29 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2009 zu bezahlen.
Der Antragsgegner beantragte, den Antrag zurückzuweisen.
Mit Endbeschluss vom 24.9.2010 hat das AG den Antragsgegner zur Zahlung von 2.403,66 EUR nebst Jahreszinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.10.2009 verpflichtet und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Die Entscheidung des AG ist damit begründet, dass für den Zeitraum des ehelichen Zusammenlebens vom 1.1.2008 bis 19.3.2008 der Antragstellerin deshalb kein Anspruch zustehe, weil während der Ehezeit konkludent eine anderweitige Bestimmung i.S.v. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB getroffen worden sei. Nach dem Scheitern der Ehe sei jedoch von einer grundlegenden Veränderung des Gesamtschuldverhältnisses auszugehen. Ab diesem Zeitpunkt komme der Grundsatz zum Tragen, dass jeder Ehegatte nur die Steuern bezahlen müsse, die auf sein Einkommen entfallen. Eine Ausnahme hiervon könne nur gelten, wenn der Ehemann im streitgegenständlichen Zeitraum Trennungsunterhalt auf der Grundlage seines wegen der günstigeren Steuerklasse III höheren Einkommens bezahlt hätte. Einen diesbezüglichen Beweis habe der insoweit belastete Antragsgegner aber nicht geführt. Die Zeit vom 20.3.2008 bis 31.12.2008 betrage 78 % des gesamten Jahreszeitraumes, so dass der Antragstellerin lediglich 78 % ihrer Forderung zugesprochen werden könne.
Der Endbeschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 1.10.2010 zugestellt. Mit am 2.11.2010 beim AG eingegangenen Schriftsatz legte er hiergegen Beschwerde ein.
Der Antragsgegner macht geltend:
Auch nach der Trennung sei es zu einer familienrechtlichen Überlagerung des Grundsatzes gekommen, wonach jeder Ehegatte nur die Steuern zahlen müsse, die bei getrennter Veranlagung auf sein Einkommen entfallen würden. Denn die Steuerkombination III/V und der damit verbundene Liquiditätsvorteil hätten Einfluss auf die Höhe des vom Antragsgegner im Jahr 2008 bezahlten Unterhalts gehabt. Diese Steuerklassenkombination sei Grundlage und Ausgangspunkt der von den Eheleuten vereinbarten monatlichen Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners i.H.v. monatlich 1.285,71 EUR gewesen. Zwar sei keine schriftliche Vereinbarung über den Unterhalt getroffen worden. Der Antragsgegner habe aber anhand des Nettoeinkommens, welches die Eheleute auf Grund der Steuerklassenkombination III/V im Jahr 2008 bezogen hätten, den Unterhalt berechnet und bezahlt. Die Antragstellerin sei damit einverstanden gewesen. Dies ergebe sich nicht nur dara...