Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungsantrag zum Bestehen einer Ehe im Verbund; Rücknahme eines Scheidungsantrages
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen einen Zwischenfeststellungsbeschluss über die Wirksamkeit einer Eheschließung im Verbundverfahren ist die Beschwerde gem. §§ 58ff. FamFG das statthafte Rechtsmittel.
2. Für eine solche Zwischenfeststellung im Verbundverfahren fehlt es an der Vorgreiflichkeit gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 256 Abs. 2 ZPO.
3. Ein Feststellungsantrag gem. § 121 Nr. 3 FamFG kann nicht im Verbund geltend gemacht werden, da § 137 FamFG nur auf die Scheidung Anwendung findet.
4. Mehrere Ehesachen können im Verbund nur miteinander verhandelt und entschieden werden, wenn es sich um dieselbe Ehe handelt.
5. Die persönliche Anhörung der Ehegatten zur Scheidung stellt noch kein mündliches Verhandeln zur Hauptsache dar und begründet daher nicht das Einwilligungserfordernis der Gegenseite zur Rücknahme des Scheidungsantrages.
Normenkette
FamFG § 113 Abs. 1, § 121 Nr. 3, § 126 Abs. 1, § 137; ZPO § 256 Abs. 1-2, § 269 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Obernburg a.M. (Beschluss vom 22.12.2022; Aktenzeichen 2 F 219/17) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Obernburg a. Main vom 22.12.2022, Az. 2 F 219/17, aufgehoben und der Zwischenfeststellungsantrag der Antragsgegnerin vom 16.11.2022 als unzulässig verworfen.
2. Der Zwischenfeststellungsantrag des Antragstellers vom 13.01.2023 wird als unzulässig verworfen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin aufgehoben.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.969,00 EUR.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ein in einem Ehescheidungsverfahren ergangener Beschluss, der einem Zwischenfeststellungsantrag über die Frage der wirksamen Eheschließung der Beteiligten zu einem bestimmten Zeitpunkt stattgegeben hat.
Das zugrunde liegende Verfahren beim Amtsgericht Obernburg am Main ist auf Antrag des Antragstellers vom 05.04.2017 eingeleitet worden, gerichtet auf den Ausspruch, dass die am ...2003 vor dem Standesbeamten in Z., Albanien, geschlossene Ehe der Beteiligten geschieden werde. Dem ihr am 18.05.2017 zugestellten Antrag ist die Antragsgegnerin zunächst nicht entgegengetreten. Vielmehr hat sie mit Schriftsatz vom 23.11.2017 Stufenantrag in der Folgesache Güterrecht eingereicht mit dem Ziel, die nach ihrer Auffassung bestehende Gütergemeinschaft nach albanischem Recht auseinanderzusetzen. Die Stichtage für die begehrte Auskunft stimmen mit dem Vortrag im Scheidungsantrag vom 05.04.2017 überein.
Mit Schriftsatz vom 06.09.2018 hat sie jedoch geltend gemacht, die Eheschließung der Beteiligten in Z. sei bereits am (Tag X)1991 erfolgt, was sie bisher nicht habe nachweisen können. Hierzu legte die Antragsgegnerin eine Heiratsurkunde vom ...2018 in albanischer und mehrsprachiger Fassung vor, wonach die Eheschließung der Beteiligten am (Tag X)...01.1991 erfolgt sei. Die Originale hinsichtlich der widerstreitenden Heiratsdaten wurden mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 08.11.2018 eingereicht (vgl. Anlage zu Bl. 60 d. A.). Mit Schriftsatz vom 06.09.2018 legte die Antragsgegnerin weitere Urkunden vom 14.05.1998, 27.06.1991, 02.12.1996 und 27.02.2003 vor, die sich auch auf das gemeinsame Kind K. N. der Beteiligten, geboren am ...06.1991, beziehen, die Antragsgegnerin mit dem Nachnamen "N." statt ihrem Geburtsnamen "G." bezeichnen und für die beiden Beteiligten den Familienstand verheiratet ("marutar") wiedergeben.
Im Termin vom 31.01.2019 (vgl. Sitzungsniederschrift, Bl. 94 ff d. A.) hat der Antragsteller eingeräumt, dass die Urkunde über die Eheschließung vom ...2003 "ihnen jemand gegen Geld gemacht" habe, um die Antragsgegnerin nach Deutschland holen zu können. Vom ...05.1998 bis ...03.2003 sei er mit der A. verheiratet gewesen (vgl. Scheidungsverfahren 2 F 626/02 des Amtsgerichts Obernburg am Main, zum vorliegenden Verfahren beigezogen). Die Rücknahme seines Scheidungsantrags vom 05.04.2017 hat der Antragsteller zu Protokoll erklärt. Allerdings hat die Antragsgegnerin der Antragsrücknahme nicht zugestimmt und ihrerseits zu Protokoll beantragt, die am (Tag X) ...01.1991 vor dem Standesbeamten in Z., Albanien, geschlossene Ehe der Beteiligten zu scheiden.
Ermittlungen des Amtsgerichts über die deutsche Botschaft in Tirana haben die von der Antragsgegnerin geltend gemachte Eheschließung der Beteiligten am (Tag X) ...01.1991 bestätigt (vgl. Bl. 145 ff d. A.).
Der Antragsteller behauptet jedoch, keine Unterschrift für eine Eheschließung mit der Antragsgegnerin geleistet zu haben (vgl. etwa Schriftsatz vom 11.03.2020). Wie mit Schriftsatz vom 27.09.2021 angekündigt, legte der Antragsteller im Termin vom 07.10.2021 eine beglaubigte Abschrift aus dem handschriftlich geführten Heiratsregister für die streitige Eheschließung der Beteiligten am (Tag X) ...01.1991 vor mit der Behauptung, dass die dortige Unterschrif...