Leitsatz (amtlich)
1.
Auch im Bußgeldverfahren müssen die Gründe eines freisprechenden Urteils gemäß § 71 I OWiG i.V.m. § 267 V StPO ergeben, ob der Betroffene für nicht überführt (Freispruch aus tatsächlichen Gründen) oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angesehene Tat nicht zu ahnden ist (Freispruch aus rechtlichen Gründen).
2.
Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen müssen die Urteilsgründe in einer für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbaren Weise erkennen lassen, ob der den Entscheidungsgegenstand bildende Sachverhalt erschöpfend gewürdigt worden ist. Der Tatrichter hat deshalb neben der Betroffeneneinlassung regelmäßig darzulegen, welche Feststellungen getroffen wurden, auf welche für erwiesen erachteten Tatsachen er seine Überzeugung stützt und aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen weiteren Feststellungen nicht getroffen werden konnten. Diesen Anforderungen genügt die alleinige Mitteilung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme auch dann nicht, wenn das Gericht den Betroffenen anhand eines Lichtbildvergleichs als verantwortlichen Fahrzeugführer ausschließt.
Tatbestand
Zum Sachverhalt:
Wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 48 km/h setzte die Zentrale Bußgeldstelle gegen den Betr. mit Bußgeldbescheid vom 22.08.2007 neben einer Geldbuße ein einmonatiges Fahrverbot fest. Auf seinen Einspruch hin sprach das AG den Betr. mit Urteil vom 05.11.2007 mit der nachfolgend wiedergegebenen Begründung - einen darüber hinausgehenden Inhalt weisen die Urteilsgründe nicht auf - frei: "Der Betroffene unterscheidet sich erheblich von der als Fahrer abgebildeten Person; insbesondere in der Mund-Nasen-Partie sowie im Haaransatz."
Die gegen den Freispruch gerichtete Rechtsbeschwerde der StA führte zur Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache an das AG.
Entscheidungsgründe
Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben, weil es keine nachprüfbare Beweiswürdigung enthält und deswegen den Anforderungen der §§ 261, 267 V StPO i.V.m. § 71 I OWiG nicht entspricht.
1.
Maßgebend für die Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe ist auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren § 267 StPO.
a)
Wenn auch in Bußgeldverfahren an die Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen sind, kann für deren Inhalt grundsätzlich nichts anderes als im Strafverfahren gelten. Denn auch im Bußgeldverfahren sind die Urteilsgründe die alleinige Grundlage für die rechtliche Überprüfung des Urteils auf die Sachbeschwerde hin. Sie müssen daher so beschaffen sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung ermöglicht wird (KK OWiG-Senge 3. Aufl. § 71 Rn. 106, Göhler OWiG 14. Aufl. § 71 Rn. 42, 43, jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für die Beweiswürdigung, weil das Rechtsbeschwerdegericht nur so in den Stand gesetzt wird, die Beweiswürdigung des Tatrichters auf Widersprüche, Unklarheiten, Lücken oder Verstöße gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze zu überprüfen.
b)
Bei einem freisprechenden Urteil müssen die Urteilsgründe gemäß § 267 V StPO ergeben, ob der Betr. für nicht überführt (Freispruch aus tatsächlichen Gründen) oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angesehene Tat nicht zu ahnden ist (Freispruch aus rechtlichen Gründen). Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen muss der Tatrichter regelmäßig darlegen, welche Feststellungen er getroffen hat, auf welche für erwiesen erachteten Tatsachen das Gericht seine Überzeugung stützt, wie sich der Betr. eingelassen hat und - in einer für das Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbaren Weise der Sachverhaltswürdigung - aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen weiteren Feststellungen nicht getroffen werden können. Die Urteilsgründe müssen erkennen lassen, ob der den Entscheidungsgegenstand bildende Sachverhalt erschöpfend gewürdigt ist (OLG Köln VRS 65, 174; OLG Brandenburg DAR 1998, 44; OLG Hamburg - 3. Senat für Bußgeldsachen - NStZ 2006, 528/529; OLG Bamberg Beschluss vom 29.03.2007 - 3 Ss OWi 1650/2006; Göhler § 71 Rn. 43).
2.
Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht, weil es nur das Ergebnis der Hauptverhandlung mitteilt. Unabhängig davon, dass weder Schuldvorwurf noch als erwiesen festgestellte Tatumstände noch die Einlassung des Betr. dargelegt werden, geben die Entscheidungsgründe lediglich das Ergebnis einer nach den Urteilsausführungen allenfalls anzunehmenden Beweisaufnahme wieder, enthalten aber keine Würdigung erhobener Beweise. Eine Nachprüfung der aufgrund der Hauptverhandlung gefällten Entscheidung und der ihr zugrundeliegenden Beweiswürdigung in rechtlicher Hinsicht durch das Rechtsbeschwerdegericht ermöglicht das schriftliche Urteil nicht, da es ausschließlich feststellt, dass sich der Betr. "von der als Fahrer abgebildeten Person" in den angeführten Gesichtspartien "erheblich" unterscheidet. Ob der Tatrichter zu diesem Ergebnis aufgrund einer widerspruchsfreien, ...