Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehescheidung. Prozeßkostenhilfe
Verfahrensgang
AG Aschaffenburg (Beschluss vom 27.07.1999; Aktenzeichen 2 F 460/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts –Familiengerichts– Aschaffenburg vom 27. Juli 1999 abgeändert. Der Antragstellerin wird ab 19. April 1999 für die erste Instanz Prozeßkostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt … beigeordnet.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführerin verlangt Prozeßkostenhilfe für einen Scheidungsantrag, die ihr das Familiengericht mit der Begründung versagt hat, daß keine hinreichende Erfolgsaussicht bestehe, weil dem Verfahren eine in Polen anhängige Scheidungsklage entgegenstehe.
Entscheidungsgründe
II.
Die gem. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Der Scheidungsantrag hat hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat die Antragstellerin keinen finanziellen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten (§§ 114, 115 ZPO). Die Beiordnung des Rechtsanwalts beruht auf § 121 Abs. 1 ZPO.
Die Rechtshängigkeit einer Klage an einem ausländischen Gericht steht einer Klage mit identischem Streitgegenstand in Deutschland dann entgegen, wenn die Rechtshängigkeit tatsächlich vor dem ausländischen Gericht eingetreten ist und die Entscheidung des ausländischen Gerichts in Deutschland aller Voraussicht nach anerkannt werden wird (Zöller/Geimer ZPO, 21. Aufl., IZPR Rdnr. 96, § 606 Rdnr. 29 und § 606 a Rdnr. 33; MüKo/Walter, ZPO, § 606 a Rdnr. 10). Ob die Rechtshängigkeit eingetreten ist, richtet sich dabei nach ausländischem Recht (vgl. BGH NJW 1987, 3083).
Die materiellen Voraussetzungen für die Anerkennung ausländischer Urteile werden durch § 328 ZPO bestimmt. Für die Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile werden diese in materieller und formeller Hinsicht durch Art. 7 § 1 FamRÄndG abgeändert. Danach bedarf es einer besonderen Anerkennungsentscheidung der Landesjustizverwaltung, die sich in materieller Hinsicht an § 328 ZPO zu orientieren hat, wobei es jedoch der von § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO geforderten Verbürgung der Gegenseitigkeit nicht bedarf (Art. 7 § 1 Abs. 1 S. 2 FamRÄndG).
Aus § 328 Abs. 1 Nrn. 2–4 ZPO ergeben sich keine Anhaltspunkte, die gegen die Anerkennung eines polnischen Scheidungsurteils sprechen. Fraglich ist nur, ob die polnischen Gerichte nach den deutschen Gesetzen für das Scheidungsverfahren zuständig sind (§ 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Nach herrschender Meinung gilt insoweit der Spiegelbildgrundsatz. Es ist also zu fragen, ob die polnischen Gerichte nach deutschem Recht für das Verfahren international zuständig sind (Zöller/Geimer, ZPO, 21. Aufl., § 328 Rdnrn. 96 ff.). Auf die Frage der örtlichen Zuständigkeit, wie sie von § 606 ZPO geregelt wird, kommt es dabei nicht an (MüKo/Gottwald, ZPO, § 328 Rdnr. 58 m.N.). Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Scheidungsverfahren wird durch § 606 a ZPO geregelt. Nach § 606 a Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind die deutschen Gerichte international dann zuständig, wenn ein Ehegatte Deutscher ist oder bei der Eheschließung war. Bezogen auf den Spiegelbildgrundsatz bedeutet dies, daß die polnischen Gerichte dann international nach deutschen Gesetzen zuständig sind, wenn ein Ehegatte Pole ist oder bei der Eheschließung war. Auch nach polnischem Recht sind die polnischen Gerichte dann zuständig, wenn ein Ehegatte polnischer Staatsangehöriger ist oder seinen Wohnsitz in Polen hat (Bülow/Böckstiegel/Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, O, Länderberichte, Polen, Seite 1113.4). Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil gem. § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts nach deutschen Gesetzen zu beurteilen ist.
Hier spricht alles dafür, daß eine internationale Zuständigkeit der polnischen Gerichte nach deutschem Recht gegeben ist, weil die Antragstellerin in ihrer mit Schriftsatz vom 30. September 1999 vorgelegten Anmeldung bei der Stadt vom 14. Dezember 1998 ihre eigene Staatsangehörigkeit mit polnisch angegeben hat. Unabhängig davon würde nach dem spiegelbildlich anzuwendenden § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die polnische Staatsangehörigkeit der Antragstellerin im Zeitpunkt der Eheschließung die internationale Zuständigkeit der polnischen Gerichte ebenfalls begründen. Nach dem Akteninhalt spricht alles dafür, daß die Antragstellerin bei Eheschließung Polin war, obwohl hierzu bisher ausdrückliche Angaben der Parteien fehlen. Eine in Polen bereits rechtshängige Scheidungsklage würde folglich einer in Deutschland nachträglich erhobenen Scheidungsklage entgegenstehen.
Fraglich ist aber, ob die Rechtshängigkeit des in Polen anhängigen Verfahrens bereits eingetreten ist. Wie bereits ausgeführt, richten sich die Voraussetzungen der Rechtshängigkeit nach polnischem Recht. Wann und unter welchen besonderen Voraussetzungen danach die Rechtshängigkeit eintritt, ist unklar. Die Antragstellerin behauptet, daß es bisher zu keiner Zus...