Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfolgungsverjährung bei Bauausführung ohne Baugenehmigung

 

Leitsatz (amtlich)

Liegt dem Betroffenen zur Last, eine baulichen Anlage ohne oder abweichend von einer erforderlichen Baugenehmigung errichtet zu haben, beginnt die Verfolgungsverjährung unabhängig von einer etwaigen vorherigen Nutzungsmöglichkeit erst mit Abschluss des Baus als dem für die materielle Beendigung der Tat im Sinne des § 31 III OWiG maßgeblichen Zeitpunkt. Hiervon zu unterscheiden ist der für die formelle Vollendung der bauordnungsrechtlich unzulässigen Bauausführung maßgebliche Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung.

 

Normenkette

BayBO Art. 79 Abs. 1 Nr. 8; StGB § 46 Abs. 3; StPO § 244 Abs. 2; OWiG § 79 Abs. 6; BayBO Art. 55 Abs. 1; OWiG § 17 Abs. 2, § 31 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 77 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Das AG hat den Betr. am 13.06.2013 wegen vorsätzlicher Errichtung einer baulichen Anlage ohne erforderliche Baugenehmigung (Art. 79 I 1 Nr. 8 i.V.m. Art. 55 I Bayerische Bauordnung i. d. Fassung.v. 14.08.2007 - BayBO [GVBl. 2007, 588]) zu einer Geldbuße von 600 EUR verurteilt, weil er bei der Errichtung einer Garage in erheblichem Umfang von der erteilten Baugenehmigung abgewichen sei. Seine hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 79 I 1 Nr. 1 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Die formelle Rüge, mit der die Ablehnung des Antrags auf Vernehmung einer Zeugin beanstandet wird, ist unbegründet. Die Ablehnung des 'Beweisantrags', die das AG der Sache nach auf § 77 II Nr. 1 OWiG gestützt hat, ohne die Vorschrift ausdrücklich zu benennen, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn es handelte sich nicht um einen Beweisantrag, sondern um einen nach § 244 II StPO zu behandelnden Antrag auf weitere Beweiserhebung, dem das AG nicht nachzugehen brauchte.

a) Ein Beweisantrag liegt deshalb nicht vor, weil mit dem Antrag keine hinreichend bestimmten Tatsachen behauptet wurden. Ein Beweisantrag muss bestimmte Beweistatsachen bezeichnen (BGHSt 39, 251; Graf-Bachler StPO 2. Aufl. § 244 Rn. 16; KK-StPO/Krehl 7. Aufl. § 244 Rn. 69; Meyer-Goßner StPO 56. Aufl. § 244 Rn. 20). Hierdurch soll dem Gericht die Prüfung ermöglicht werden, ob es dem Beweisantrag nachgeht oder ihn als bedeutungslos ablehnt (BGH NStZ 2007, 112). Dem wird der in der Sitzung vor dem AG von der Verteidigung gestellte 'Beweisantrag' auf Vernehmung einer (früheren) Praktikantin der Bauaufsichtsbehörde nicht gerecht. Unter Beweis gestellt werden sollte die Behauptung, dass bei einem von dem Mitarbeiter der Bauaufsichtsbehörde, dem Zeugen E., genannten Termin zur Besichtigung des Dachgeschosses im Jahr 2007 "auch über den Baufortschritt der verfahrensgegenständlichen Garage gesprochen" worden sei. Da der Antrag die Mitteilung unterlässt, was konkret gesprochen worden sei, ist dem Bestimmtheitserfordernis nicht Genüge getan. Denn es kann aufgrund der fehlenden Konkretisierung des Gesprächsinhalts gerade nicht beurteilt werden, inwiefern ein "Gespräch über den Baufortschritt" überhaupt für die Beurteilung der dem Betr. zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit von Bedeutung sein soll. Dies gilt gleichermaßen für die dem Antrag beigefügte Begründung, die Zeugin werde bekunden, dass sich der Zeuge "positiv zum Gebäude im jetzigen Zustand geäußert" habe. Die nunmehrige Behauptung in der Rechtsbeschwerde, "die Zeugin hätte gesagt, dass die Garage bereits 2007 samt Wänden und Dach errichtet" gewesen sei, findet in dem gestellten 'Beweisantrag' keine Stütze und ist im Übrigen aus rechtlichen Gründen - wie noch auszuführen sein wird - für die vom Verteidiger thematisierte Verjährungsfrage ohne Bedeutung.

b) Im Hinblick darauf, dass sich mangels ausreichender Bestimmtheit der behaupteten Tatsachen deren Relevanz für die Beurteilung des Falles nicht erschließt, gebot es auch die Aufklärungspflicht nach § 244 II StPO nicht, dem Antrag im Sinne einer Beweisanregung nachzugehen.

2. Die Nachprüfung des Urteils im Schuldspruch auf die Sachrüge hin hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. ergeben (§ 349 II StPO i.V.m. § 79 III 1 OWiG). Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffende Stellungnahme der GenStA in ihrer Antragsschrift Bezug genommen. Ergänzend bemerkt der Senat hierzu: Verfolgungsverjährung ist entgegen der Ansicht der Verteidigung nicht eingetreten. Die dreijährige Verjährungsfrist (vgl. § 31 II Nr. 1 OWiG) begann gemäß § 31 III 1 OWiG mit Beendigung der Handlung. Von der formellen Vollendung, die im Falle einer bauordnungsrechtlich unzulässigen Errichtung einer Anlage mit dem Beginn der Bauausführung anzunehmen ist (vgl. Simon/Busse BayBO [Stand: November 2012] Art. 79 Rn. 163), ist die Frage der materiellen Beendigung der Tat zu unterscheiden. Beendet ist die Errichtung einer Anlage erst mit dem Abschluss des Baus (vgl. RGSt 37, 78; Göhler-Gürtler OWiG 16. Aufl. § 31 Rn. 10; KK-OWiG/Weller 3. Aufl. § 31 Rn. 28), mag bereits vorher eine Nutzung der Anla...

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