Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde. sofortige. Strafvollstreckungskammer. Freiheitsstrafe. Gesamtfreiheitsstrafe. Strafaussetzung. Bewährung. Bewährungshilfe. Bewährungsauflage. Bewährungsbeschluss. Bewährungshelfer. Bewährungsüberwachung. Anhörung. Anhörungstermin. Widerruf. Widerrufsbeschluss. Bewährungswiderruf. Weisung. Weisungsverstoß. Auflage. Ableistung. Arbeit. Arbeitsauflage. Arbeitsstunden. gemeinnützig. Bestimmtheit. Bestimmtheitsgebot. Umwandlung. Umwandlungsantrag. schuldhaft. gröblich. beharrlich. Geldauflage. Kontakt. Delegation. delegieren. Erfüllungszeitraum. Prognose. Einkommen. Einkommenssituation. Krankheit. Bescheinigung. Arbeitsunfähigkeit. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Anrechnung
Leitsatz (amtlich)
Aus Art. 2 Abs 2 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich, dass gerichtliche Bewährungsauflagen derart klar und bestimmt zu fassen sind, dass ihnen der Verurteilte unmissverständlich entnehmen kann, was von ihm erwartet wird und unter welchen Umständen er mit dem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung zu rechnen hat. Mit Blick auf die Festlegung einer Arbeitsauflage nach § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StGB bedeutet dies, dass das Gericht neben der Gesamtanzahl der abzuleistenden Stunden auch die Frist zur Auflagenerfüllung selbst zu bestimmen hat. Bei einer hohen Anzahl auferlegter Arbeitsstunden ist das Gericht überdies gehalten, Festlegungen über die in einem bestimmten Zeitintervall zu erbringende Mindeststundenzahl zu treffen. Darüber hinaus gehende notwendige Konkretisierungen, wie etwa organisatorische Festlegungen zum Ort und zur Institution der Arbeitsableistung dürfen dem Bewährungshelfer oder der Gerichtshilfe überlassen werden (Anschluss an BVerfG [2. Kammer des 2. Senats], Beschl. v. 02.09.2015 - 2 BvR 2343/14 = NJW 2016, 148 = StV 2016, 576; OLG Bamberg, Beschl. v. 18.12.2013 - 2 Ws 61/13 = StraFo 2014, 213 = NStZ-RR 2014, 205 = OLGSt StGB § 56b Nr. 7).
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 2; StGB § 56b Abs. 2 S. 1 Nrn. 2-4, Abs. 3, § 56f Abs. 1 S. 1 Nrn. 2-3, Abs. 2, 3 S. 2; StPO § 306 Abs. 1, § 311
Tenor
I.
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 05.01.2017 wird als unbegründet verworfen.
II.
Der Verurteilte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I. Das Amtsgericht verhängte gegen den Verurteilten am 08.04.2014, rechtskräftig seit 16.04.2014, wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit sexueller Nötigung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus deiner vorangegangenen amtsgerichtlichen Verurteilung vom 15.09.2011 eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung für die Zeit von vier Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Verurteilte wurde im Rahmen des gleichzeitig ergangenen Bewährungsbeschlusses der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt. Gleichzeitig wurde ihm unter Ziffer 5 dieses Beschlusses auferlegt, "400 Stunden gemeinnütziger Arbeit nach näherer Weisung der AGS e.V. abzuleisten", wovon er bis zum 20.01.2015 insgesamt 47,25 Arbeitsstunden erbrachte. In der Folgezeit meldete sich der Verurteilte trotz entsprechender Aufforderung im Rahmen seiner letzten Vorsprache bei der zuständigen Bewährungshelferin am 29.06.2015 weder bei dieser noch bei der AGS e.V. und leistete keinerlei weiteren Arbeitsstunden ab. Stattdessen beantragte er mit Schreiben vom 10.02.2016 die Umwandlung der restlichen Arbeitsauflage in eine Geldauflage. Mit Beschluss vom 04.04.2016, dem Verurteilten am 06.04.2016 formlos mitgeteilt, konkretisierte das Amtsgericht den Bewährungsbeschluss vom 08.04.2014 dahingehend, dass der Verurteilte zur Erfüllung der dort festgesetzten Arbeitsauflage "monatlich mindestens 25 Stunden" nach näherer Weisung der AGS e.V. zu leisten habe, und lehnte die beantragte Umwandlung in eine Geldauflage mangels hinreichender Erkenntnisse zur aktuellen Einkommenssituation des Verurteilten ab. Einen auf die Nichterfüllung der Arbeitsauflage gestützten Widerrufsantrag vom 25.01.2016, welcher dem Verurteilten am 02.02.2016 förmlich mitgeteilt worden war, hatte die Staatsanwaltschaft zuvor unter dem 29.03.2016 zurückgenommen. Nachdem der Verurteilte auch im folgenden Zeitraum keine weiteren Arbeitsstunden ableistete, stellte die Staatsanwaltschaft unter dem 26.08.2016 erneut den Antrag auf Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung, welcher dem Verurteilten am 03.09.2016 nebst dem auf 09.09.2016 bestimmten gerichtlichen Anhörungstermin mitgeteilt wurde. Zu dem Anhörungstermin erschien der Verurteilte ohne Angabe von Gründen nicht. Am 12.09.2016 ging ein Schreiben des Verurteilten vom 09.09.2016 ein, in dem dieser mitteilte, dass er "damals" seine Arbeitsstunden wegen Krankheit nicht habe weiter ableisten können. Mit weiterem Schreiben seiner Ehefrau vom 04.10.2016 wurde sodann auf Veranlassung der Bewährungshelferin eine Bescheinigung der AOK Bayern vom 30.09.2016 vorgelegt, aus welcher sich folgende Arbeitsunfähigkeitszeiten ergaben: 02.05.2016 bis 15.07.2016, 23.03.201...