Entscheidungsstichwort (Thema)
Diebstahl. Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung
Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Beschluss vom 22.08.2007) |
Tenor
1. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Aschaffenburg vom 22.08.2007 wird verworfen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen Diebstahls in einem besonders schwerem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung und wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Nötigung und fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil wurde am selben Tag rechtskräftig. Rechtsanwalt J. war für den Angeklagten zunächst als Wahlverteidiger tätig. In der Hauptverhandlung wurde er ihm als Pflichtverteidiger beigeordnet.
Am 11.12.2006 beantragte der Verteidiger, die ihm aus der Staatskasse zu zahlende Pflichtverteidigervergütung einschließlich Mehrwertsteuer auf 1.093,13 EUR festzusetzen. Dabei setzte er hinsichtlich der Grundgebühr nach Nr. 4101 RVG VV, der Verfahrensgebühr (vorbereitendes Verfahren) nach Nr. 4105 RVG VV, der Verfahrensgebühr (gerichtliches Verfahren erster Rechtszug) nach Nr. 4107 RVG VV und der Terminsgebühren für zwei Hauptverhandlungstage nach Nr. 4109 RVG VV jeweils eine entsprechende Gebühr mit so genanntem Haftzuschlag an. Diese Zuschläge betragen einschließlich Mehrwertsteuer 185,60 EUR. Zur Begründung dass diese Zuschläge angefallen sind, führte er aus, der damalige Angeklagte habe sich seit Anfang September 2006 freiwillig in einer stationären Drogenentwöhnungsbehandlung in einer Therapieeinrichtung aufgehalten und sich deshalb nicht auf freiem Fuß befunden.
Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts setzte mit Beschluss vom 06.03.2007 die Verteidigervergütung einschließlich Mehrwertsteuer auf 907,53 EUR fest. Die begehrten Zuschläge in Höhe von 185,60 EUR wurden nicht gewährt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Zuschläge nicht angefallen seien, da sich der Angeklagte nicht aufgrund richterlicher Anordnung, sondern freiwillig in einer stationären Therapieeinrichtung befunden habe. Da er weder inhaftiert noch sonst zwangsweise untergebracht gewesen sei, habe er sich auf freiem Fuß befunden. Eine Ausweitung des „Haftzuschlags” auf Fälle des freiwilligen Aufenthalts in einer stationären Therapieeinrichtung komme nicht in Betracht.
Hiergegen legte Rechtsanwalt J. legte unter dem 27.03.2007 Erinnerung ein und beantragte, auch die Zuschläge in Höhe von 185,60 EUR als erstattungsfähig festzusetzen.
Die Rechtspflegerin half der Erinnerung nicht ab. Die zuständige Richterin des Amtsgerichts Aschaffenburg wies die Erinnerung mit Beschluss vom 10.04.2007 als unbegründet zurück und ließ die Beschwerde gegen diese Entscheidung zu.
Gegen den am 19.04.2007 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts Aschaffenburg legte Rechtsanwalt J. mit Schriftsatz vom 23.04.2007, eingegangen beim Amtsgericht Aschaffenburg am 24.04.2007, sofortige Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 22.08.2007 verwarf das Landgericht die Beschwerde und ließ die weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss zu.
Am 30.08.2007 legte Rechtsanwalt J. weitere Beschwerde gegen den ihm am 27.08.2007 zugestellten Beschluss des Landgerichts vom 22.08.2007 ein. Er stellte insbesondere darauf ab, dass der im RVG vorgesehene „Haftzuschlag” die erhöhten Aufwendungen des Verteidigers abgelten solle und es deshalb nicht darauf ankomme, ob sich der Mandant zwangsweise oder freiwillig in einer stationären Therapieeinrichtung befinde. Es komme alleine auf die tatsächlich vorhandenen Einschränkungen im Umgang zwischen Rechtsanwalt und Mandant an.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Da das Landgericht die weitere Beschwerde zugelassen hat, ist das Oberlandesgericht an die Zulassung gebunden (§ 33 Abs. 6 Satz 3 und Abs. 4 Satz 4 RVG).
In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg.
Ausgangspunkt für die Zuerkennung der Zuschläge nach Nummern 4101, 4105, 4107 und 4109 RVG VV ist Vorbemerkung 4 Abs. 4 zu Teil 4. Strafsachen der Anlage 1 zum RVG. Danach entsteht die Gebühr mit Zuschlag, wenn „sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß” befindet. Diese Regelung entspricht der Formulierung in § 83 Abs. 3 BRAGO. Nicht auf freiem Fuß befindet sich ein Beschuldigter unzweifelhaft immer dann, wenn er sich in Untersuchungshaft, Strafhaft, Sicherungsverwahrung, (einstweiliger) Unterbringung, Auslieferungs- oder Abschiebehaft, Polizeigewahrsam oder ähnlichen richterlich oder behördlich angeordneten Maßnahmen befindet.
Im vorliegend zu entscheidenden Fall hatte sich der ehemalige Angeklagte noch während des Strafverfahrens freiwillig in eine stationäre Drogenentwöhnungsbehandlung begeben. Schon der freiwillige Aufenthalt in einer solchen Einrichtung schließt es nach Ansicht des Senats aus, a...