Verfahrensgang
AG Hof (Entscheidung vom 18.03.2010) |
Tenor
I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Hof vom 18. März 2010 mit den Feststellungen zur Fahrereigenschaft und zur Rechtsfolgenentscheidung aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Hof zurückverwiesen.
Gründe
I. Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes bei einer Geschwindigkeit von 144 km/h um weniger als 3/10 des halben Tachowertes zu einer Geldbuße von 240 € und verhängte gleichzeitig ein mit einer Anordnung nach § 25 Abs. 2a StVG versehenes Fahrverbot für die Dauer von einem Monat.
Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts, wobei er insbesondere die Verwertbarkeit der bei der verfahrensgegenständlichen Tat gefertigten Videoaufzeichnungen beanstandet.
Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg hat mit unter dem 11.05.2010 beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet kostenpflichtig zu verwerfen.
Die Gegenerklärung des Verteidigers vom 20.05.2010 lag dem Senat bei seiner Entscheidung vor.
II. Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist begründet. Bereits die Sachrüge hat - zumindest vorläufigen - Erfolg.
1. Die Urteilsgründe sind hinsichtlich der Feststellungen zur Fahreridentität lückenhaft (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 71 OWiG) und halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Das Amtsgericht hat seine Überzeugung, der Betroffene habe die ihm vorgeworfene Handlung begangen, u.a. wie folgt begründet (UA S. 4, 5):
"Aufgrund der Inaugenschein genommenen Videoprints und des Videomessfilms sowie aufgrund der persönlichen Inaugenscheinnahme des Betroffenen im Sitzungssaal steht die Fahrereigenschaft des Betroffenen auch fest. Die wesentlichen relevanten Merkmale des Betroffenen, wie Haaransatz, Ohrgröße und -form, Bartform, Kopfform und Nasenform stimmen mit dem auf den Videoprints und dem Messfilm abgebildeten Fahrer überein. Irgendwelche Zweifel haben sich angesichts der sehr guten Qualität der Videoprints nicht ergeben. Das Gericht hat sich auch nicht dadurch beirren lassen, dass der Betroffene vor den beiden Hauptverhandlungen seinen Bart stärker hat wachsen lassen und auch seine Kopfhaare länger trug, wie es sich auch aus einem Vergleich mit dem beim Einwohnermeldeamt der Stadt xxx eingeholten Vergleichsfoto ergab, auf dem er den Bart und die Kopfhaare in ähnlich kurzer Weise trägt wie auf dem Videoprint.
Darüberhinaus bestätigte der Zeuge A., der Verkaufsleiter der Beschäftigungsfirma des Betroffenen, dass der Betroffene zusammen mit ihm am 29.05.2009 im Laufe des Vormittags in die Niederlassung nach W. fuhr. Um die Mittagszeit habe der Betroffene ihn gefragt, ob er seinen, des Zeugen A., Vorführwagen haben könnte, da sein eigener Vorführwagen in W. noch nicht zur Übernahme bereit stand, weil er dringend zu einer Beerdigung müsste. Der Zeuge A. gab dem Betroffenen daraufhin seinen Vorführwagen und fuhr selbst nach Abschluss des Treffens in W. mit dem zwischenzeitlich fertiggestellten Vorführwagen des Betroffenen zur Niederlassung nach F. zurück. Der Zeuge A. wusste von diesem Ausborgen des Fahrzeuges deshalb noch so genau, weil er sich eine Privatnotiz darüber in seinem Terminkalender gemacht hatte."
b) Zwar hat allein der Tatrichter zu entscheiden, ob im Rahmen der Fahreridentifizierung das Messfoto die Feststellung erlaubt, dass der Betroffene der abgebildete Fahrzeugführer ist. Ob ein solches Foto jedoch ein geeignetes Beweismittel darstellt, ist - beschränkt auf den Maßstab, den die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Gesetze der Logik und die Erfahrungssätze des täglichen Lebens vorgeben - durch das Rechtsbeschwerdegericht überprüfbar (BGHSt 41, 376 ff = NZV 1996, 157/158).
Das Gericht hat aber in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich und eindeutig auf die in den Akten befindliche Videoprints und die Videoaufnahme gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen und diese damit nicht zum Bestandteil der Urteilsurkunde gemacht. Stattdessen wird (UA Seite 4) nur der Beweisvorgang der Inaugenscheinnahme beschrieben, aber gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Videoprints und/oder die Videoaufnahme zum Gegenstand des Urteils werden. Allein diese Mitteilung, dass das Lichtbild in Augenschein genommen wurde, reicht für eine Bezugnahme im Sinne des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO nicht aus (Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 267 Rn. 8). Das Tatgericht hat es daher dem Rechtsbeschwerdegericht nicht ermöglicht, aus eigener Anschauung zu beurteilen, ob das Messfoto und die anderen davon angefertigten weiteren Abzüge bzw. Vergrößerungen als Grundlage einer Identifizierung überhaupt tauglich sind oder eine so schlechte Qualität aufweisen, so dass eine Identifizierung, auch unter Zuhilfenahme sachverständiger Beratun...