Leitsatz (amtlich)
Macht der Betr. für sein Fernbleiben in der Hauptverhandlung dringende berufliche Gründe geltend, kann das Gericht die genügende Entschuldigung nur prüfen, wenn die dafür maßgebenden Tatsachen vorgetragen werden. Hierfür ist erforderlich, dass der Betr. vor der Hauptverhandlung schlüssig einen Sachverhalt vorträgt oder vortragen lässt, der geeignet ist, sein Ausbleiben genügend zu entschuldigen, dem Gericht somit hinreichende Anhaltspunkte für eine genügende Entschuldigung zur Kenntnis gebracht sind (Anschluss an BayObLG NStZ 2003, 98 und OLG Bamberg DAR 2008, 217 = OLGSt StPO § 329 Nr. 29 = StRR 2008, 305 f.).
Tatbestand
Mit Bußgeldbescheid vom 24.10.2005 wurde gegen den Betr. wegen einer am 29.07.2005 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung um 51 km/h eine Geldbuße von 150,00 EUR und ein Fahrverbot von 1 Monat verhängt. Den hiergegen gerichteten Einspruch des Betr. verwarf das AG mit Urteil vom 30.07.2008 gemäß § 74 II OWiG und führte zur Begründung u.a. aus, dass es sich bei den "nicht spezifiziert vorgetragenen Entschuldigungsgründen" um solche rein beruflicher Natur handele und dem Gericht auch keine anderen Umstände bekannt geworden seien, warum der Betr. nicht zum Termin habe kommen können. Die Rechtsbeschwerde des Betr. blieb ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
1.
Entgegen der Auffassung der GenStA ist die Rechtsbeschwerde innerhalb der Frist des § 341 I StPO i.V.m. § 79 III 1 OWiG eingelegt worden. Gemäß § 79 IV OWiG beginnt die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde mit der Zustellung des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 III OWiG durch einen schriftlich bevollmächtigten Vertreter vertreten worden ist. Nur wenn der Betr. in der Hauptverhandlung befugterweise (§ 73 III OWiG), d.h. nach Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen, durch einen dazu schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten gewesen ist, beginnt die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde mit der Verkündung des Urteils (KK/Senge OWiG 3. Aufl. § 79 Rn. 55). Vorliegend war der Betr. von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen nicht nach § 73 III OWiG entbunden worden, weshalb der Lauf der einwöchigen Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde mit Zustellung des Urteils am 08.09.2008 begann und gemäß §§ 43 StPO, 46 OWiG mit Ablauf des 15.09.2008 endete. Die am 15.09.2008 beim AG eingegangene Rechtsbeschwerde ist damit fristgemäß eingelegt worden.
2.
Jedoch bleibt die - schlüssig - erhobene Verfahrensrüge ohne Erfolg:
a)
Gemäß § 344 II 1 StPO i.V.m. § 79 III 1 OWiG muss aus der Rechtsbeschwerdebegründung hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Hierzu enthält die Rechtsbeschwerdebegründung keine ausdrücklichen Angaben, ist aus ihrem Inhalt in Verbindung mit der Gegenerklärung der Verteidigung vom 11.12.2008 aber dahingehend auszulegen, dass ein Verstoß gegen § 74 II OWiG geltend gemacht werden soll. Da die Begründung so auszulegen ist, dass der mit der Rechtsbeschwerde angestrebte Erfolg eintreten kann (vgl. Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 344 Rn. 11), ist von der Erhebung einer Verfahrensrüge auszugehen, da ein Verstoß gegen § 74 II OWiG grundsätzlich nur mit dieser geltend gemacht werden kann (KK/Senge a.a.O. § 74 Rn. 56; Göhler OWiG 14. Aufl. § 74 Rn. 48 b).
b)
Die Verfahrensrüge ist unzulässig, soweit gerügt werden soll, dass das AG dem Terminsverlegungsantrag bzw. dem Antrag auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen zu Unrecht nicht stattgegeben und von daher die Abwesenheit des Betr. rechtsfehlerhaft als nicht entschuldigt angesehen habe. Insoweit entspricht sie nicht den Anforderungen des § 344 II 2 StPO i.V.m. § 79 III 1 OWiG. Da ein Prozessurteil im Sinne von § 74 II OWiG nur mit der Verfahrensrüge angefochten werden kann, ist es grundsätzlich erforderlich, alle den Verfahrensverstoß begründenden Tatsachen so vollständig und genau mitzuteilen, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (Meyer-Goßner a.a.O. § 344 Rn. 24; KK/Senge a.a.O. § 74 Rn. 56; Göhler a.a.O. § 74 Rn. 48 c ). Der Umfang der Darlegungspflicht richtet sich danach, ob sich der Verfahrensfehler bereits aus dem Inhalt des angefochtenen Urteils ergibt (BayObLG NStZ-RR 97, 182). Wenn sich der behauptete Entschuldigungsgrund - wie hier jedenfalls in Bezug auf den Terminsverlegungsantrag bzw. auf den Antrag auf Entbindung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen - nicht aus den Urteilsgründen ergibt, ist es erforderlich, dass im Rahmen der Verfahrensrüge nicht nur der Entschuldigungsgrund selbst mitgeteilt wird, sondern auch, wann und in welchem Umfang der Entschuldigungsgrund dem Gericht bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Nur dann kann das Rechtsbeschwerdegericht prüfen, ob das Gericht eine ihm bekannte Tatsache rechtlich...