Verfahrensgang
AG Weißenburg i.Bay (Entscheidung vom 01.09.2008; Aktenzeichen 7 OWi 1081 Js 13939/07) |
Tenor
I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Weißenburg i. Bay. vom 1. September 2008 mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das Amtsgericht Weißenburg i. Bay. zurückverwiesen.
Gründe
I. Das Amtsgericht hat den von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbundenen, aber von einem Verteidiger mit Vertretungsvollmacht im Sinne des § 73 Abs. 3 OWiG vertretenen Betroffenen am 01.09.2008 wegen "fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 19 km/h, 16 km/h, 16 km/h, 15 km/h, 17 km/h und 17 km/h" zu einer Geldbuße von 320,00 EUR verurteilt und ein mit einer Anordnung nach § 25 Abs. 2 a Satz 1 StVG verbundenes Fahrverbot auf die Dauer von 1 Monat verhängt.
Das Protokoll der Hauptverhandlung enthält unter anderem neben dem Namen der anwesenden, in Untervollmacht auftretenden Verteidigerin und dem Namen, Vornamen und Geburtsnamen des Betroffenen den Hinweis, dass der Richter dessen Personalien "wie im Bußgeldbescheid vom 08.11.2007" feststellt, sowie die weitere Feststellung: "Der Richter verkündete durch Verlesen der Urteilsformel und durch mündliche Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Urteilsgründe IM NAMEN DES VOLKES folgendes Urteil". Sodann wird das verkündete Urteil mit vollständigem Tenor und der Liste der angewendeten Vorschriften wiedergegeben. Nach Vermerken über einen Verzicht auf Rechtsmittelbelehrung sowie über Anfertigung und Fertigstellung des Protokolls folgen die Unterschriften des Richters und der Protokollführerin. Nach einer als "Anlage I" zum Protokoll genommenen schriftlichen Untervollmacht befindet sich in der Akte sodann ein von dem erkennenden Richter unterzeichnetes Urteil, bestehend aus einem mit "Im Namen des Volkes U r t e i l" überschriebenen und vom Richter handschriftlich mit Aktenzeichen, Namen des Betroffenen, Schuldspruch, Rechtsfolgen, angewendeten Vorschriften und Datum ergänzten Vordruck. Als Nächstes folgt die noch am Tag der Hauptverhandlung, dem 01.09.2008, um 13.18 Uhr per Fax übermittelte und beim Amtsgericht eingegangene Rechtsmittelschrift des Verteidigers vom gleichen Tag. Mit der unmittelbar anschließenden und zeitlich mit dem Tag der Fertigstellung des Hauptverhandlungsprotokolls zusammenfallenden (Formblatt-) Verfügung vom 02.09.2008 ordnete das Gericht die Übersendung der Akten an die Staatsanwaltschaft "gem. § 41 StPO" an. Bei dieser gingen sie ausweislich des auf der Verfügung sowie auf Seite 4 des Hauptverhandlungsprotokolls neben dem Urteilstenor befindlichen und dort zusätzlich mit dem Vermerk "Zur Zustellung eingelaufen" versehenen Eingangsstempels am 05.09.2008 ein. Nach Rückkunft der Akten am 08.09.2008 mit einem von dem Leitenden Oberstaatsanwalt unterzeichneten, auf dem Verfügungsformular bereits vorgedruckt enthaltenen Rechtsmittelverzicht fertigte der Tatrichter ein mit Gründen versehenes, von ihm unterschriebenes und ausweislich des angebrachten Vermerks am 06.10.2008 zur Geschäftsstelle gelangtes Urteil und verfügte unter diesem Datum dessen Zustellung an den Verteidiger.
Mit seiner gegen das Urteil geführten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
II. Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 OWiG statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge - vorläufigen - Erfolg, weil das der Staatsanwaltschaft auf richterliche Verfügung am 05.09.2008 zugegangene, für die Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht maßgebliche Urteil entgegen § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 267 StPO keine Gründe enthält und damit dem Senat eine materiell-rechtliche Überprüfung auf etwaige Rechtsfehler von vornherein verwehrt ist; eine Ergänzung durch die am 06.10.2008 zu den Akten gelangten schriftlichen Urteilsgründe ist unzulässig.
1. Das Rechtsbeschwerdegericht hat auf die Sachrüge hin zu prüfen, ob nach der am 05.09.2008 erfolgten Zustellung eines Urteils ohne Gründe an die Staatsanwaltschaft die Fertigung der am 06.10.2008 und damit innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO zu den Akten gelangten schriftlichen Urteilsgründe zulässig war - ohne dass es einer entsprechenden Verfahrensrüge bedarf -, weil von der Klärung dieser Frage abhängt, welcher Urteilstext auf die Sachrüge hin vom Rechtsbeschwerdegericht auf materiell-rechtliche Fehler überprüft werden soll (OLG Bamberg ZfS 2006, 592 = VM 2007 Nr. 27; OLG Köln VRS 63, 460/461; BayObLG NStZ 1991, 342 = NZV 1991, 324/325; OLG Düsseldorf MDR 1993, 894; OLG Brandenburg NStZ-RR 2004, 121; KG VRS 108, 278).
2. Im Bußgeldverfahren ist, wie auch im Strafverfahren, unabhängig von der Einhaltung der Urteilsabsetzungsfrist des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO die nachträgliche Ergänzung eines nicht mit Gründen versehenen, also abgekürzten Urteils bzw. die nachträgliche Fertigung schriftlicher Urteilsgründe gr...