Leitsatz (amtlich)
Bei der Bemessung des Gegenstandswerts für das Versorgungsausgleichsverfahren sind nur Anrechte zu berücksichtigen, über deren Behandlung entschieden worden ist und die damit Gegenstand des Verfahrens waren.
Dies ist auch der Fall, wenn hinsichtlich der behandelten Anrechte kein Ausgleich angeordnet wurde oder das Gericht nur festgestellt hat, dass kein Ausgleich stattfindet.
Hingegen reicht es für die Berücksichtigung beim Gegenstandswert nicht aus, dass bei Versorgungsträgern Anfragen erfolgt sind und diese das Ergebnis hatten, dass in der Ehezeit keine relevanten Anrechte erworben wurden.
Normenkette
FamGKG § 50 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Aschaffenburg (Beschluss vom 07.10.2015; Aktenzeichen 3 F 161/15) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers hin wird der Beschluss des AG - Familiengerichts - Aschaffenburg vom 07.10.2015 wie folgt abgeändert:
Der Verfahrenswert für das Verfahren erster Instanz wird auf 14.390,46 Euro festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Gründe
I. Das AG - Familiengericht - Aschaffenburg hat den Gegenstandswert des Verfahrens erster Instanz mit Beschluss vom 07.10.2015 auf 17.626,55 Euro festgesetzt.
Die Einzelwerte sind für die Ehesache mit 9.293,64 Euro, für den Versorgungsausgleich mit 6.476,18 Euro und für die elterliche Sorge mit 1.858,73 Euro bemessen worden.
Das Einkommen der Eheleute nach Abzug von zwei Kinderfreibeträgen hat das Familiengericht mit 3.097,88 Euro errechnet, woraus sich für drei Monate ein Gesamteinkommen von 9.293,64 Euro ergibt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidung verwiesen.
Gegen den Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 06.11.2015 eingegangenen Beschwerde, mit der er erreichen will, dass der Gegenstandswert für den Versorgungsausgleich auf 2.788,08 Euro und folglich insgesamt der des Verfahrens erster Instanz auf 13.940,45 Euro festgelegt wird.
Die Begründung geht davon aus, dass das Nettoeinkommen der Eheleute in drei Monaten 9.293,64 Euro beträgt und in den Versorgungsausgleich nur drei Anrechte (30 %) einzubeziehen sind, woraus sich für den Versorgungsausgleich ein Gegenstandswert von 2.788,08 Euro errechnen würde.
Das Familiengericht hat die Abänderung (Abhilfe) der angefochtenen Entscheidung mit Beschluss vom 09.11.2015 abgelehnt und zur Begründung darauf verwiesen, dass im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens insgesamt Auskünfte bei sechs verschiedenen Versorgungsträgern hätten eingeholt werden müssen. Damit seien 60 % des dreimonatigen Nettoeinkommens der Eheleute für die Wertfestsetzung maßgeblich.
Der Einzelrichter hat das Beschwerdeverfahren dem Senat übertragen.
II. Die Beschwerde des Antragstellers ist gem. §§ 59, 57 FamGKG zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert von 200,00 Euro erreicht, nachdem sich die Gesamtkosten des Verfahrens erster Instanz bei dem mit der Beschwerde erstrebten Gegenstandswert um mehr als 200,00 Euro verringern.
In der Sache ist das Rechtsmittel überwiegend begründet.
Das maßgebliche Nettoeinkommen der Eheleute hat das Familiengericht für den Zeitraum von drei Monaten mit 9.293,64 Euro für die Ehesache berechnet. Es hat dabei für die beiden Kinder Freibeträge von 500,00 Euro abgezogen, diese jedoch, ohne dies in der Begründung auszuweisen, im Ergebnis allerdings richtig und mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang stehend, bei der Bemessung des Gegenstandswertes des Versorgungsausgleichs unberücksichtigt gelassen (vgl. OLG Bamberg FamRZ 2011, 1424-1425).
Ausgangspunkt für die Festlegung des Gegenstandswerts für den Versorgungsausgleich ist deshalb das Einkommen der Eheleute in drei Monaten in Höhe von 3.597,88 Euro × 3 (= 10.793,64 Euro).
Nachdem im Rahmen der Entscheidung des Familiengerichts vom 06.10.2015 nur über drei Anrechte zu entscheiden war, errechnet sich der Gegenstandswert des Versorgungsausgleichs mit 30 % aus 10.793,64 Euro = 3.238,09 Euro. Insgesamt ergibt dies den eingangs ausgewiesenen Gesamtgegenstandswert.
Entgegen der Auffassung des Familiengerichts sind keine drei weiteren Anrechte bei der Bemessung des Gegenstandswerts einzubeziehen, obwohl entsprechende Anfragen bei den Versorgungsträgern erfolgt sind. Nach Auffassung des Senats sind nur die Anrechte für die Bemessung des Gegenstandswertes maßgeblich, die in den Versorgungsausgleich einbezogen worden sind. Dabei ist es zwar unerheblich, ob hinsichtlich der in der Entscheidung behandelten Anrechte tatsächlich ein Ausgleich angeordnet worden ist (ebenso Türck-Brocker, FUR 2010, 308). Damit sind bei der Festsetzung des Gegenstandswerts auch Anrechte zu berücksichtigen, die in der Entscheidung behandelt wurden und hinsichtlich derer festgestellt wurde, dass kein Ausgleich stattfindet (Thiel/Schneider, FamRZ 2010, 409).
In all diesen Fällen hat sich das Familiengericht in seiner Entscheidung mit den Anrechten befasst. Sie sind in diesen Fällen Gegenstand des Verfahrens, so dass es gerechtfertigt ist sie auch bei der Bemessung des Gegen...