Entscheidungsstichwort (Thema)

Definition eines "Rohrbruchs"; Abgrenzung zwischen Rettungskosten und Instandsetzungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Verkantung einer Rohrverbindung stellt dann keinen "Rohrbruch" dar, wenn sie weder ein Loch noch einen Riss zur Folge hat und es somit nicht zu einem Wasseraustritt aus dem Rohrleitungssystem kommen kann.

2. Bei der Frage, ob es sich bei den Aufwendungen eines Versicherungsnehmers um erstattungsfähige Rettungskosten i.S.v. § 2 Nr. 1c) VGB 88 oder um von dem Versicherungsnehmer nach § 11 Nr. 1b) VGB 88 seihst zu tragende Instandsetzungskosten handelt, ist danach zu unterscheiden, ob die Aufwendungen zur Verhinderung eines Wasseraustritts aus dem Leitungssystem erforderlich waren oder ob sie lediglich der Fehlerbeseitigung dienten.

 

Normenkette

VGB 88 § 2 Nr. 1c), § 4 Nr. 1b), § 6 Nr. 1, §§ 7, 11 Nr. 1b

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Urteil vom 26.10.2006; Aktenzeichen 21 O 375/05)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG Coburg vom 26.10.2006 - Az. 21 O 375/05 - nach § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 11.304,52 EUR festzusetzen.

Der Kläger hat Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu bis spätestens Februar 2006.

 

Tatbestand

Kläger begehrt Leistungen aus einer bei der beklagten Versicherung bestehenden Wohngebäudeversicherung.

In dem versicherten Wohngebäude des Klägers war es zu einem Rückstau des Abwassers gekommen. Nach Öffnung des Fußbodens stellte sich als Ursache des Rückstaus eine nicht ordnungsgemäße Verbindung zweier Abflussrohre heraus, die wiederum zu einer Verkantung mit der weiteren Folge einer Abflussstörung geführt hatte. Die Beweisaufnahme ergab, dass es zwar nicht zu einem Wasseraustritt im Bereich der Rohrverkantung gekommen war und eine solche Gefahr auch nicht bestanden hatte, dass aber - bei weiterer Wasserzufuhr - mit der Möglichkeit des Wasseraustritts aus dem WC-Top/gerechnet werden musste.

Der Kläger macht nun ggü. der Beklagten/die im Rahmen der Rohrsanierung angefallenen Kosten i.H.v. ca. 11.000 EUR als Rohrbruch- und Leitungswasserschaden geltend. Er ist der Auffassung, die Beklagte habe die Aufwendungen jedenfalls als sog. Rettungskosten zu ersetzen.

Das LG hat die Klage abgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat der Senat nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen (Hinweisbeschluss v. 17.1.2006, Zurückweisungsbeschluss v. 8.2.2006).

 

Entscheidungsgründe

Der Senat ist davon überzeugt dass die Berufung des Klägers keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) und dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG Coburg vom 26.10.2005 einstimmig zurückzuweisen. Hierzu sowie zum vorgesehenen Berufungsstreitwert wird Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.

I. Die Berufung des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Das angefochtene Urteil des LG Coburg vom 26.10.2005 erweist sich nach Überprüfung durch das Berufungsgericht anhand des Berufungsvorbringens im Ergebnis als zutreffend. Der Senat nimmt daher zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug.

Zu den Berufungsangriffen des Klägers sind jedoch folgende ergänzende Ausführungen ver-anlasst:

1. Schaden "innerhalb/außerhalb" des versicherten Gebäudes

Die Frage, ob sich die streitgegenständliche fehlerhafte Rohrverbindung innerhalb oder außerhalb des versicherten klägerischen Gebäudes befindet, kann im vorliegenden Rechtsstreit offen bleiben.

Die Aligemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 88) unterscheiden zwischen den in §§ 4 Nr. 1b), 6 Nr. 1 VGB 88 geregelten "Leitungswasserschäden" und den "Rohrbruchschäden" i.S.v. § 7 VGB 88. Diese Vorschrift enthält wiederum differenzierende Regelungen zu Frost- und sonstigen Bruchschäden an Rohren innerhalb (§ 7 Nr. 1 und Nr. 2) sowie außerhalb (§ 7 Nr. 3) versicherter Gebäude enthält.

Ein Rohrbruch i.S.v. § 7 VGB 88 setzt allerdings voraus, dass das Material des Rohres (einschließlich Dichtungen, Flanschen Muffen, Verschraubungen, Druckausgleicher und Kniestücken) oder der Einrichtung ein Loch oder einen Riss bekommt (Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., E I Rz. 81; OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.5.2002, VersR 2004, 193).

Durchaus zutreffend definiert auch der Kläger in seiner Berufungsbegründung den Rohrbruch i.S.v. § 7 VGB 88 mit "jeder nachteiligen Veränderung des Rohrmaterials, die dazu führt, dass die darin befindlichen Flüssigkeiten bestimmungswidrig austreten können" und zitiert in diesem Zusammenhang die Entscheidung des BGB v. 23.6.2004 (VersR 2005, 218), die sich ebenfalls mit dem Versicherungsschutz bei einer Leckage im Leitungsnetz befasst.

Die Ursache der streitgegenständlichen Sanierungskosten, deren Ersatz der Kläger begehrt, war allerdings kein Loch oder Riss im Leitungssystem, sondern eine nicht fachgerechte Verbindung des Anschlussstücks de...

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