Entscheidungsstichwort (Thema)

Urteilsgründe. Verkehrsüberwachung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Macht der Tatrichter, der den Betroffenen als Fahrzeugführer durch den Vergleich mit dem aufgrund einer Verkehrsüberwachungsanlage gefertigten Messfoto identifiziert hat, nicht von der Möglichkeit nach § 267 I 3 StPO i. V. m. § 71 I OWiG Gebrauch, so hat er das Lichtbild so genau und ausführlich zu beschreiben, dass das Rechtsmittelgericht die Eignung zur Identifizierung der Abbildung überprüfen kann. Die bloße Aufzählung von einzelnen Gesichtsteilen genügt hierfür nicht (Anschluss an BGHSt 41, 376).

2. Bei einem Geschwindigkeitsverstoß, der mit dem Messgerät TRAFFIPAX TraffiStar S 330 ermittelt wurde, gibt der Umstand, dass auf dem zu den Akten gelangten Ausdruck des Messfotos kein Schlosssymbol sichtbar ist, keinen Anlass, an der Authentizität und Integrität der Messdaten zu zweifeln.

 

Normenkette

StPO § 267 Abs. 1 S. 3, § 344 Abs. 2 S. 2, § 353 Abs. 1-2; StVG § 24 Abs. 1; BKatV § 4 Abs. 2 S. 2; StVO § 41 Abs. 2, § 49 Abs. 3 Nr. 4; OWiG § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1

 

Tatbestand

Das AG hat den Betr. wegen einer als Führer eines Pkw auf einer BAB außerorts begangenen fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung um 30 km/h (§ 24 I StVG i. V. m. §§ 41 II, 49 III Nr. 4 StVO) zu einer Geldbuße von 160 € verurteilt und gegen ihn wegen eines beharrlichen Pflichtenverstoßes i. S. v. § 4 II 2 BKatV ein Fahrverbot angeordnet. Mit seiner hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führte auf die Sachrüge zur Urteilaufhebung mitsamt den getroffenen Feststellung insoweit, als sich diese auf die Fahrereigenschaft des Betroffenen zur Tatzeit und die subjektive Tatseite beziehen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die statthafte (§ 79 I 1 Nr. 2 OWiG) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat aufgrund der Sachrüge einen zumindest vorläufigen Erfolg.

1. Die Beweiswürdigung ist hinsichtlich der Feststellungen zur Fahrereigenschaft des Betr., von der sich das AG mittels des Messfotos überzeugt hat, lückenhaft. Denn sie ermöglichen dem Senat nicht die Überprüfung, ob die tatrichterliche Überzeugungsbildung insoweit in rechtsfehlerfreier Weise erfolgt ist.

a) Zwar obliegt allein dem Tatrichter die Entscheidung, ob das Lichtbild die Identifizierung des Betr. als Fahrer zulässt (BGHSt 29, 18; BGHSt 41, 376). Allerdings müssen die Urteilsgründe so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht überprüfen kann, ob das Lichtbild überhaupt geeignet ist, die Identifizierung zu ermöglichen (BGHSt 41, 376).

b) Zur Erfüllung dieser Anforderungen hat der Tatrichter grundsätzlich 2 Möglichkeiten.

aa) Das AG kann entweder in den Urteilsgründen auf das in der Akte befindliche Lichtbild gemäß § 267 I 3 StPO i. V. m. § 71 I OWiG Bezug nehmen, so dass die Abbildung zum Bestandteil der Urteilsgründe wird (zu den Anforderungen vgl. BGH, Urt. v. 28.01.2016 - 3 StR 425/16 = StraFo 2016, 155 = NStZ-RR 2016, 178 = BGHR StPO § 267 I Satz 3 Verweisung 5 und OLG Bamberg, Beschl. v. 14.11.2016 - 3 Ss OWi 1164/16 [bei juris]). Aufgrund dessen ist das Rechtsmittelgericht in die Lage versetzt, aus eigener Anschauung zu beurteilen, ob das Messfoto vom Schärfegrad her und der Erkennbarkeit der einzelnen Körpermerkmale zur Identifizierung tauglich ist (BGHSt 41, 376). In diesem Fall sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des Fahrers entbehrlich, wenn das Foto zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet ist (BGH a. a. O.).

bb) Macht der Tatrichter indes - wie hier - von dieser erleichterten Darstellung der Urteilsgründe keinen Gebrauch, so ist er gehalten, das Foto so genau und ausführlich zu beschreiben, dass das Rechtsmittelgericht die Eignung zur Identifizierung der Abbildung überprüfen kann (BGH a. a. O.). Dabei genügen weder die Mitteilung des Ergebnisses der Überzeugungsbildung noch die Aufzählung der zur Identifizierung herangezogenen Merkmale. Vielmehr müssen in einem derartigen Fall Ausführungen zur Bildqualität, insbesondere zur Bildschärfe, erfolgen und die abgebildete Person ist in ihren charakteristischen Eigenschaften präzise zu beschreiben (BGH a. a. O.).

c) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Eine Bezugnahme nach § 267 I 3 StPO ist nicht erfolgt. Eine genaue Beschreibung des Bildes ist unterblieben und auch die charakteristischen Gesichtsmerkmale der abgebildeten Person wurden nicht dargestellt. Vielmehr hat sich das AG auf die bloße Aufzählung von Gesichtsteilen der abgebildeten Person beschränkt. Es hat damit allein das Ergebnis seiner Bewertung, nicht aber einzelne Fakten genannt, die eine Überprüfung der Eignung des Lichtbilds zur Identifizierung ermöglichen würden.

2. Die übrigen Urteilsgründe zum (objektiven) Geschwindigkeitsverstoß lassen dagegen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Feststellungen zur Geschwindigkeitsüberschreitung sind ausreichend. Insbesondere dringen auch die von der Rechtsbeschwerde erhobenen Verfahrensrügen, mit denen die R...

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