Entscheidungsstichwort (Thema)
Tatvollendung und Tatbeendigung bei Eingehungsbetrug
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist nur wirksam, wenn die Schuldfeststellungen eine hinreichende Grundlage für die Entscheidung des Berufungsgerichts sein können. Dies ist nicht der Fall, wenn nach den Feststellungen des Tatrichters unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat (u.a. Anschluss an BGH, Urt. v. 06.08.2014 - 2 StR 60/14 = StraFo 2014, 471 = NStZ 2014, 635 = BGHR StPO § 318 Kompensationsentscheidung 1; BGH, Urt. v. 19.03.2013 - 1 StR 318/12 = wistra 2013, 463 = BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Vollendung 3 = NZWiSt 2014, 73; BGH, Urt. v. 26.07.2012 = wistra 2012, 477 sowie BGH, Urt. v. 02.12.2015 - 2 StR 258/15 [bei [...]]).
2. Der bloße Abschluss eines Kaufvertrags erfüllt noch nicht die Voraussetzungen eines Eingehungsbetrugs, da aufgrund der Zug-um-Zug-Einrede (§ 320 I 1 Halbs. 1 BGB) dem Verkäufer noch kein Vermögensschaden entstanden ist (u.a. Anschluss an BGH, Beschl. v. 09.02.2005 - 4 StR 539/04 = NStZ-RR 2005, 180 = StraFo 2005 255 = wistra 2005, 222). Etwas anderes gilt, wenn der Verkäufer vertraglich zur Vorleistung verpflichtet ist (§ 320 I 1 Halbs. 2 BGB).
3. Maßgeblicher Zeitpunkt der Begehung einer Tat i.S.d. § 55 StGB ist nicht derjenige der Tatvollendung, sondern der der Tatbeendigung. Im Falle eines Betruges ist das der Zeitpunkt der Erlangung des letzten vom Tatplan umfassten Vermögensvorteils (u.a. Anschluss an BGH, Beschl. v. 18.11.2015 - 4 StR 76/15 = NStZ-RR 2016, 42 = wistra 2016, 109).
Normenkette
BGB § 320 Abs. 1 S. 1; StGB §§ 22-23, 24 Abs. 1 S. 1; StPO § 331 Abs. 1; StGB § 55 Abs. 1 S. 2, § 56b Abs. 2 S. 1, § 56f Abs. 3 S. 2, § 58 Abs. 2 S. 2, § 263; StPO § 349 Abs. 2, §§ 353, 354 Abs. 2
Tatbestand
Das AG verurteilte den Angekl. wegen Betrugs in 10 Fällen und versuchten Betruges "unter Einbeziehung der mit Urteil des Amtsgerichts Z. vom 14.02.2013, rechtskräftig seit dem selben Tag [...] festgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe unter Auflösung in deren Einzelstrafen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten. Soweit es den Angekl. wegen versuchten Betruges verurteilt hat, hat es festgestellt, dass dieser am 26.01.2013 unter Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit bei der Firma V-GmbH & Co KG einen Pkw Renault Twingo im Wert von 9.990 € und einen Pkw Renault Mégane im Wert von 13.000 € bestellte, wobei er bereits zum Zeitpunkt der Bestellung wusste, dass er aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage sein würde, den Kaufpreis zu bezahlen. Letztlich wurden die Fahrzeuge nicht an den Angekl. ausgeliefert. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angekl. hat das LG als unbegründet verworfen. Hiergegen wendet sich die mit der (unausgeführten) Rüge der Verletzung sachlichen Rechts begründete Revision des Angekl. Das Rechtsmittel erwies sich im Wesentlichen insoweit als (teilweise) begründet, als der Angeklagte wegen versuchten Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt wurde.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 II StPO.
1. Soweit der Angekl. im Fall 11 der Urteilsgründe wegen versuchten Betrugs verurteilt worden ist, hält das angefochtene Urteil rechtlicher Überprüfung schon deshalb nicht stand, weil das LG zu Unrecht von einer wirksamen Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen ist. Die Prüfung dieser Frage obliegt dem Revisionsgericht von Amts wegen.
a) Die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ist nur dann wirksam, wenn die Schuldfeststellungen eine hinreichende Grundlage für die Strafzumessung ergeben, was nicht der Fall ist, wenn die getroffenen Feststellungen den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht erkennen lassen und somit keine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Berufungsgerichts sein können (BGH, Urt. v. 05.11.1984 - AnwSt [R] 11/84 = BGHSt 33, 59 = NJW 1985, 1089 = MDR 1985, 426; BayObLG, Beschl. v. 13.06.1994 - 4St RR 76/94 = BayObLGSt 1994, 98/100 = wistra 1994, 322 = OLGSt StPO § 318 Nr. 9 sowie st.Rspr. des Senats, vgl. u.a. OLG Bamberg, Urt. v. 11.03.2015 - 3 OLG 8 Ss 16/15 = VerkMitt 2015, Nr. 21 = DAR 2015, 273 = BA 52 [2015], 217 = OLGSt StPO § 318 Nr. 24; OLG Bamberg, Urt. v. 25.06.2013 - 3 Ss 36/13 = DAR 2013, 585 = OLGSt StVG § 21 Nr. 10 = StRR 2014, 226 = VRR 2013, 429 und OLG Bamberg, Beschl. v. 20.12.2012 - 3 Ss 136/12 = BA 50 [2013], 88 = VerkMitt 2013, Nr. 36 = OLGSt StPO § 318 Nr. 20 = ZfS 2013, 589; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt StPO 58. Aufl. § 318 Rn. 17 f. m.w.N.). Dies ist auch dann der Fall, wenn die Feststellungen eine Überprüfung des Schuldspruchs nicht ermöglichen; denn es bleibt in diesem Falle unklar, ob sich der Angekl. überhaupt strafbar gemacht hat. Derart lückenhafte Feststellungen können nicht Grundlage eines Strafausspruchs sein (st.Rspr., vgl. BGH, Urt. v. ...