Leitsatz (amtlich)
1. Jedenfalls dann, wenn sich ein im Ausland wohnhafter Staatsangehöriger eines anderen EU-Staats bei der Einreichung eines PKH-Antrags eines im Inland zugelassenen Rechtsanwalts bedient, besteht keine Notwendigkeit, die Erklärung des Antragstellers zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen samt Anlagen von Amts wegen in die Gerichtssprache übersetzen zu lassen.
2. Eine Übersetzung von Amts wegen ist auch dann nicht veranlasst, wenn auf den ein- oder mehrmaligen Hinweis des Gerichts auf die Lückenhaftigkeit der in der Gerichtssprache vorgelegten Unterlagen hin nur noch Schriftstücke in ausländischer Sprache nachgereicht werden.
Normenkette
GVG § 184; ZPO §§ 115, 117 Abs. 4, §§ 1076, 1078 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 11.02.2020; Aktenzeichen 91 O 1699/19) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 11.02.2020, Az. 91 O 1699/19, wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 127 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 567 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und wurde auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 127 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 569 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO).
2. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Das Erstgericht hat mit knapper, aber letztlich uneingeschränkt zutreffender Begründung die Bewilligung von beantragter Prozesskostenhilfe wegen wiederholt unzureichender Einreichung erforderlicher Nachweise für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers versagt.
a) Der Senat erinnert zunächst an das Folgende (vgl. BGH, Beschl. v. 27.08.2019 - VI ZB 32/18 -, juris, Rn. 14 ff.):
aa) Der aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Anspruch des Rechtsuchenden auf ein faires Verfahren verpflichtet das Gericht zur Rücksichtnahme auf die Parteien (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.01.2006 - 1 BvR 2558/05 -, juris, Rn. 8; BGH, Beschl. v. 29.08.2017 - VI ZB 49/16 -, juris, Rn. 13; jew. m. w. N.). So sind die Gerichte beispielsweise gehalten, durch Hinweise oder andere geeignete Maßnahmen eine Fristversäumung des Rechtsmittelführers zu verhindern, wenn die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts "ohne weiteres" bzw. "leicht und einwandfrei" zu erkennen ist; dies kann die Weiterleitung der Rechtsmittelschrift an das zuständige Gericht im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs gebieten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.01.2006 - 1 BvR 2558/05 -, juris, Rn. 8; BGH, Beschl. v. 12.10.2011 - IV ZB 17/10 -, juris, Rn. 14). Dem Gericht ist es untersagt, aus eigenen oder ihm zuzurechnenden Versäumnissen Verfahrensnachteile abzuleiten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.01.2006 - 1 BvR 2558/05 -, juris, Rn. 8; BGH, Beschl. v. 29.08.2017 - VI ZB 49/16 -, juris, Rn. 13).
bb) Das Gebot der Rücksichtnahme gilt im Prozesskostenhilfeverfahren in besonderem Maße (vgl. BVerfG, Beschl. v. 4.10.2003 - 1 BvR 901/03 -, juris, Rn. 19 f.; BVerfG, Beschl. v. 08.01.1996 - 2 BvR 306/94 -, juris, Rn. 6; jew. m. w. N.). In diesem Verfahren ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Prozesskostenhilfe das aus Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG folgende Gebot der Rechtsschutzgleichheit verwirklichen soll, indem Bemittelte und Unbemittelte in den Chancen ihrer Rechtsverfolgung gleichgestellt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.12.2018 -2 BvR 2257/17 -, juris, Rn. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2003 - 1 BvR 901/03 -, juris, Rn. 15; vom 5. Dezember 2018 - 2 BvR 2257/17 -, juris, Rn. 14; jew. m. w. N.). Da dieses Verfahren den grundgesetzlich gebotenen Rechtsschutz nicht selbst bietet, sondern erst zugänglich macht, dürfen die Anforderungen - sowohl an den Vortrag der Beteiligten als auch bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse - nicht überspannt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.12.2018 - 2 BvR 2257/17 -, juris, Rn. 14; BVerfG, Beschl. v. 14.102003 - 1 BvR 901/03 -, juris, Rn. 15, 17; BGH, Beschl. v. 03.07.2013 - XII ZB 106/10 -, juris, Rn. 13). Das gilt nicht nur für den ersten Zugang zum Gericht, sondern für die Wahrnehmung aller Instanzen, die eine Prozessordnung vorsieht (BVerfG, Beschl. v. 08.01.1996 - 2 BvR 306/94 -, juris, Rn. 6).
cc) Dementsprechend ist es in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass das Gericht einen Antrag auf Prozesskostenhilfe nicht wegen unterlassener Einreichung des in § 117 Abs. 4 ZPO vorgeschriebenen Vordrucks ablehnen darf, wenn es die Partei nicht zuvor erfolglos auf die Unvollständigkeit ihres Antrags hingewiesen und ihr eine Frist gesetzt hat, innerhalb der der Vordruck einzureichen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 27.08.2019 - VI ZB 32/18 -, juris, Rn. 16, m. w. N.).
b) Nach diesen Maßstäben kann die sofortige Beschwerde keinen Erfolg haben, weil das Erstgericht in hinreichender Weise seine Fürsorgepflicht gegenüber dem sich bereits bei der Antragstellung einer anwaltlichen B...