Entscheidungsstichwort (Thema)
Wesentliche Änderung der tatsächlichen Umstände als Abänderungsgrund
Leitsatz (amtlich)
1. Die dem Erlass eines Versäumnisbeschlusses immanente unterlassene Nutzung der Möglichkeiten der Schaffung einer zutreffenden tatsächlichen Entscheidungsgrundlage kann nicht im Abänderungsverfahren § 238 FamFG nachgeholt werden.
2. Diese erst nachträgliche Kenntnis der bei Schluss mündlicher Verhandlung vorliegenden (zutreffenden) tatsächlichen Umstände begründet nicht die Abänderungsmöglichkeit eines Unterhaltsbeschlusses.
Normenkette
FamFG § 238
Verfahrensgang
AG Bamberg (Aktenzeichen 0207 F 812/23) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bamberg vom 30.08.2023, Aktenzeichen 0207 F 812/23, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein Verfahren auf Abänderung eines Titels auf Zahlung von Kindesunterhalt.
1. Mit Versäumnisbeschluss des Amtsgerichts Bamberg vom 23.05.2022 (Az. 207 F 450/22) wurde der Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung von 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe vermindert um das hälftige jeweilige gesetzliche Kindergeld für seine am ... 2014 geboren Tochter verpflichtet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers wurde mit Beschluss des Senats vom 07.12.2022 zurückgewiesen (Az. 2 UF 166/22).
Mit Antragsschrift vom 21.06.2023 beantragte der Antragsteller die Abänderung des Versäumnisbeschlusses sowie die Feststellung, dass er ab Mai 2023 nicht mehr zu Unterhaltszahlungen für seine Tochter verpflichtet sei. Ferner beantragte er die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung des Verfahrens. Zur Begründung verwies er auf eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse gemäß § 238 Abs. 1 FamFG. So habe sich seine gesundheitliche Situation seit Ergehen der angegriffenen Entscheidung derart verschlechtert, dass zwischenzeitlich eine Betreuung für die Aufgabenkreise Behördenangelegenheiten und Vermögenssorge eingerichtet worden sei (Amtsgericht Mühlhausen, Az. ...). Er beziehe derzeit Sozialhilfe. Weiterhin sei bekannt geworden, dass das Einkommen der Kindsmutter entgegen deren Angaben im Ausgangsverfahren deutlich höher liege und das 4-fache des Einkommens des Antragstellers betrage, so dass eine anteilige Barunterhaltsverpflichtung der Mutter in Betracht komme.
2. Mit Beschluss vom 30.08.2023 hat das Amtsgericht den Verfahrenskostenhilfeantrag zurückgewiesen und die Entscheidung mit fehlender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung begründet. Der Abänderungsantrag sei bereits unzulässig, da keine wesentliche Veränderung der der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vorgetragen sei, § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG.
3. Hiergegen wendet sich Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde. Er rügt, dass bei Erlass des Versäumnisbeschlusses die tatsächlichen Einkommensverhältnisse der Kindsmutter nicht bekannt gewesen seien. Diese seien erst nachträglich im Scheidungsverfahren mitgeteilt worden und stellten eine neue Tatsache im Sinne von § 238 Abs. 1 FamFG dar. Auch habe sich die Rechtslage durch die Einrichtung der Betreuung für den Antragsteller mit Beschluss des Amtsgerichts Mühlhausen vom 27.12.2022 geändert. In Verbindung mit dem im Betreuungsverfahren vorgelegten Gutachten könne nicht mehr von einer Erwerbsfähigkeit des Antragstellers ausgegangen werden, so dass die Ansetzung eines fiktiven Einkommens ausscheide.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit ergänzend begründetem Beschluss vom 13.09.2023 nicht abgeholfen.
II. Die nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO, da es mangels Darlegung einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse bereits an der Zulässigkeit des Antrags fehlt, § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG.
1. Soweit die Abänderung einer Säumnisentscheidung begehrt wird, ist nicht auf die Änderung der im Ausgangsverfahren als zugestanden (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO) zugrunde gelegten Tatsachen, sondern der tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Dabei dürfen die Abänderungsgründe nicht vor Ablauf der Einspruchsfrist entstanden sein. Nur in dem Umfang, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Ablauf dieser Frist inzwischen geändert haben, ist eine Abänderung des rechtskräftigen Versäumnisbeschlusses zulässig (vgl. BGH, Urteil v. 12.05.2010, Az. XII ZR 98/08; Urteil v. 02.06.2010, Az. XII ZR 160/068; OLG Dresden, Beschluss v. 11.11.2016, Az. 21 WF 719/16; Sternal-Weber, FamFG, 21. Aufl., § 238 Rn. 31; umfassend Hdb. FamR/Kintzel, 12. Aufl., Kap. 6 Rn. 1225 m.w.N.). Dabei trägt der Antragsteller im Abän...