Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an bewährungsflankierende Arbeitsauflage
Leitsatz (amtlich)
1. Wird dem zu einer Bewährungsstrafe Verurteilten gemäß § 56b II 1 Nr. 3 StGB auferlegt, gemeinnützige Arbeitsleistungen zu erbringen, hat das Gericht neben der Gesamtanzahl der abzuleistenden Stunden jedenfalls auch die Frist zur Auflagenerfüllung selbst zu bestimmen und darf dies nicht dem Bewährungshelfer überlassen. Bei einer - wie hier mit 320 Stunden - hohen Anzahl auferlegter Stunden sind regelmäßig über die Angabe des Erfüllungszeitraumes hinaus weitere zeitliche Einzelfestlegungen geboten wie etwa die Angabe einer Mindeststundenzahl, welche in einem bestimmten zeitlichen Rahmen (z.B. monatlich) zu erbringen ist.
2. Soweit nach Maßgabe dieser Grundsätze (weitere) Konkretisierungen der Arbeitsauflage durch den Bewährungshelfer zulässig sind, setzt ein Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung aber stets voraus, dass diese gegenüber dem Verurteilten so bestimmt und unmissverständlich erfolgen, dass dieser zweifelsfrei erkennen kann, was von ihm erwartet wird und unter welchen Umständen er mit einem Bewährungswiderruf zu rechnen hat.
Normenkette
GG Art. 2; StGB §§ 56b, 56c, 56d, 56 f; StPO § 306 Abs. 1, §§ 311, 453 Abs. 2 S. 3, § 460
Tatbestand
Das AG Z. verurteilte den Bf. im Mai, Juni und August 2008 jeweils rechtskräftig zu Geldstrafen. Mit weiterem rechtskräftigem Urteil verurteilte das AG Z. den Bf. schließlich im Dezember 2009 zu eine Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Der Bewährungsbeschluss des AG vom selben Tage bestimmte neben einer dreijährigen Bewährungszeit u.a., dass dem Verurteilten aufgegeben werde, "200 Stunden gemeinnützige Arbeit nach näherer Weisung des Bewährungshelfers zu leisten". Mit seit 22.04.2009 rechtskräftigem Beschluss vom 07.04.2009 bildete das AG unter Einbeziehung der Strafen aus den vorgenannten Verurteilungen eine Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten, deren Vollstreckung wiederum zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Bewährungsbeschluss vom 10.12.2008 blieb mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass nunmehr 320 Stunden gemeinnützige Arbeit abzuleisten seien. Im April 2009 übertrug das AG Z. die Bewährungsüberwachung auf das AG J., weil der Verurteilte im dortigen Bezirk wohnhaft war. Am 14.01.2010 teilte der Bewährungshelfer dem AG J. telefonisch mit, dass der Verurteilte noch keine gemeinnützige Arbeit abgeleistet habe. Mit Urteil des AG J. vom 12.10.2009 in Verbindung mit dem Urteil des LG Z. vom 04.05.2010, rechtskräftig seit 20.05.2010, wurde der Bf. u.a. wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer weiteren Freiheitsstrafe von 7 Monaten mit Bewährung verurteilt. Im Juni 2010 berichtete der Bewährungshelfer schriftlich, dass der Bf. sich nur äußerst unzuverlässig an Vereinbarungen und Termine halte und ihn mit der Ableistung der gemeinnützigen Arbeit permanent hinhalte. Mit weiterem Schreiben vom 16.08.2010 berichtete er, der Bf. habe mitgeteilt, ab 01.09.2010 eine Arbeitsstelle gefunden zu haben. Unter dem 03.12.2010 teilte der Bewährungshelfer dem AG J. telefonisch mit, dass der Bf. keine Stunden abgeleistet habe, auch ein Umwandlungsantrag liege nicht vor. In Unkenntnis des Gesamtstrafenbeschlusses vom 07.04.2009 widerrief das AG J. mit Beschluss vom 26.01.2011 die mit Urteil vom 10.12.2008 bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung. Eine Zustellung des Beschlusses unter der früheren Wohnanschrift des Verurteilten schlug fehl. Am 20.04.2011 erließ das AG J. auf Antrag der StA einen Sicherungshaftbefehl. Diesen hob das AG J. mit Verfügung vom 17.09.2012 wieder auf, nachdem der Verurteilte nach Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung in anderer Sache aufgrund eines Vollstreckungshaftbefehls der StA festgenommen und sich seit 14.09.2012 in der JVA Z. zum Vollzug der Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 12.10.2009 befand. Gleichzeitig ordnete das AG J. im vorliegenden Verfahren die Zustellung des Widerrufsbeschlusses vom 26.01.2011 an den Verurteilten in der JVA an. Eine Anfechtung dieses Beschlusses seitens des Verurteilten erfolgte nicht, so dass dieser Beschluss am 28.09.2012 formal in Rechtskraft erwuchs. Nachdem das AG J. von dem nachträglichen Gesamtstrafenbeschluss vom 07.04.2009 Kenntnis erlangt hatte, widerrief es mit Beschluss vom 28.11.2012 "auch die mit Gesamtstrafenbeschluss des AG Z. vom 07.04.2009" bewilligte Bewährung. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten hob das LG Z. diesen Beschluss auf, weil die Zuständigkeit hinsichtlich des Bewährungswiderrufs infolge des Vollzugs der Strafhaft seit dem 14.09.2012 auf die StVK des LG Z. übergegangen sei. Am 11.03.2013 widerrief die StVK die mit nachträglichem Gesamtstrafenbeschluss vom 07.04.2009 ausgesprochene Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 f I 1 Nrn. 2 und 3 StGB, weil der Verurteilte die ihm auferlegten Arbeitsstunden schuldhaft nicht erbracht, sich nicht um eine Umwandlung in eine Geldauflage bemüht und sich über Monate bzw. Jahre hinweg abgesetz...