Entscheidungsstichwort (Thema)

Umgangsrecht des leiblichen aber nicht rechtlichen Vaters

 

Leitsatz (amtlich)

Demjenigen, der regelmäßige Umgangskontakte mit einem Kind mit der Begründung erstrebt, er sei der leibliche, wenn auch nicht der rechtliche Vater, steht kein Umgangsrecht zu, weil dies dem Kindeswohl nicht dient, wenn das Kind in einem intakten, gut organisierten und emotional stabilen Familienverband, bestehend aus Vater, Mutter und 6 Geschwistern, lebt und dieser Verband voraussichtlich gesprengt werden würde, sollte es zu einer positiven Feststellung der Vaterschaft des Antragstellers und zu einer Anordnung von Umgangskontakten mit ihm kommen.(Rz. 47)

 

Normenkette

BGB §§ 1684, 1685 Abs. 2; MRK Art. 8

 

Verfahrensgang

AG Obernburg a.M. (Beschluss vom 09.05.2011; Aktenzeichen 2 F 1055/10)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Obernburg a. Main vom 9.5.2011 (Az.: 2 F 1055/10) in Ziff. 2.) dahin abgeändert, dass die Gerichtskosten 1. Instanz der Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte zu tragen haben und eine außergerichtliche Kostenerstattung nicht stattfindet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.000 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller verfolgt das Ziel, mit dem Kind S. regelmäßige Umgangskontakte zu haben. Er macht geltend, dass er der leibliche Vater sei.

Das Kind S. ist am ... 2006 als jüngstes Kind der Eheleute U. und D. N. (Eheschließung: 1986) zur Welt gekommen. Aus der Ehe stammen weitere sechs Kinder, von denen noch vier im Haushalt der Eheleute N. leben. Bereits vor 2004 gab es Krisen in der Ehe der Beteiligten U. und D. N.; seit Herbst 2004 nahmen die Eheleute mehrfach ehetherapeutische Hilfe in Anspruch.

Der Antragsteller ist seit etwa Anfang 2008 verlobt mit A. N.. Aus einer früheren Verbindung des Antragstellers mit der am ... 2006 verstorbenen A. H. entstammen die Kinder L. (geboren am ... 2000) und K. (geboren am ... 2001); der Antragsteller hat die Vaterschaft jeweils anerkannt.

Die Beteiligte U. N. und der Antragsteller lernten sich im Mai 2004 kennen. In der Folgezeit kam es zu telefonischen und brieflichen Kontakte. Im Juli 2004 besuchte die Beteiligte U. N. den Antragsteller erstmals in H.. Bis zum Sommer 2005 trafen sich beide mehrmals in W. und H.; seit Herbst 2004 kam es dabei auch zum Geschlechtsverkehr.

Im Juli 2005 erlitt die Beteiligte U. N. einen "psychischen Zusammenbruch" (vgl. dazu Vermerk vom 9.2.2012, S. 4). In der Zeit vom 19.7.2005 bis 11.10.2005 befand sie sich deshalb in stationärer Behandlung in zwei psychosomatischen Kliniken. Nach dem Ende des Klinikaufenthalts fuhr die Beteiligte U. N. nicht nach Hause, sondern direkt zum Antragsteller nach H., wo sie bis zum 27.10.2005 blieb. Dabei kam es wieder zu sexuellen Kontakten mit dem Antragsteller.

Im November 2005 hielt sich die Beteiligte U. N. erneut beim Antragsteller in H. auf.

Nach einem Frauenarztbesuch im Februar 2006 in M. zeigte die Beteiligte N. dem Beschwerdeführer ein "Sonographiebild von S." (vgl. Vermerk vom 9.2.2012, Seite 9).

Im März 2006 besuchte der Beteiligte D. N. die Eltern des Beschwerdeführers in H., um eine Trennung seiner Ehefrau vom Beschwerdeführer zu erreichen.

Im April 2006 teilte der Beschwerdeführer der Beteiligten U. in einem Telefongespräch mit, dass A. H. "Selbstmord begangen" habe (vgl. Vermerk vom 9.2.2012, Seite 3). Danach kam es bis zur Geburt des Kindes S. nur noch vereinzelt zu Treffen zwischen dem Beschwerdeführer, der sich nach dem Tod von A. H. vermehrt um seine Söhne kümmern musste, und der Beteiligten U. N..

Nach der Geburt des Kindes S. am ... 2006 besuchte der Antragsteller die Beteiligte U. N. im Krankenhaus. Danach trafen die beiden nicht mehr aufeinander. Der zunächst noch bestehende Brief- und Telefonkontakt wurde seitens der Beteiligten U. N. etwa im Februar/März 2007 abgebrochen. Zuvor, im Dezember 2006, hatte der Beschwerdeführer dem Beteiligten D. N. telefonisch mitgeteilt, dass er, der Beschwerdeführer, der Vater des Kindes S. sei.

Mit Schreiben vom 25.9.2008 reichte der Antragsteller beim AG - Familiengericht - Obernburg/Main eine beim AG Hamburg-Wandsbek gefertigte Niederschrift einer Vaterschaftsanfechtungsklage sowie einen Antrag auf gerichtliche Klärung der Abstammung ein. Darüber hinaus beantragte der Beschwerdeführer, dem Beteiligten D. N. - nach Feststellung der Vaterschaft - "zu untersagen, sich wider besseres Wissen als Vater" des Kindes S. "auszugeben". Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 25.9.2008 nebst Anlage im Verfahren 2 F 674/08 Bezug genommen.

Mit Urteil des AG - Familiengericht - Obernburg/Main vom 22.12.2008 wurde die Klage in diesem Verfahren abgewiesen.

Die Berufung des Antragstellers gegen dieses Urteil wurde hinsichtlich der Vaterschaftsanfechtungsklage mit Beschluss des Senat...

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