Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH: Berechnung des einzusetzenden Einkommens
Leitsatz (amtlich)
Bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1a ZPO, § 82 Abs. 2 SGB XII, § 3 Abs. 6 Nr. 2a der Verordnung zur Durchführung des § 82 des SGB XII vom 28.11.1962, zuletzt geändert durch Art. 12 Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.3.2005 (BGBl. I. S. 818) ist eine Fallkostenpauschale von 5,20 EUR für jeden Entfernungskilometer in Abzug zu bringen. Ein Ermessensspielraum ist dem Rechtsanwender nicht eingeräumt. (Entgegen OLG Karlsruhe, FamRZ 2008, 69.)
Normenkette
ZPO §§ 114, 115 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bayreuth (Beschluss vom 11.09.2007; Aktenzeichen 3 F 446/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors wird der Prozesskostenhilfebeschluss des AG - FamG - Bayreuth vom 11.9.2007 dahin gehend abgeändert, dass der Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe unter Anordnung von monatlichen Raten von 15 EUR zu bewilligen ist. Die Raten sind fällig zum 3. eines jeden Monats, erstmals am 3.5.2008.
Gründe
I. Das AG - FamG - Bayreuth hat der Antragstellerin mit Beschluss vom 11.9.2007 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsbestimmung bewilligt.
Gegen diesen Beschluss hat der Bezirksrevisor bei dem LG Bayreuth mit Schreiben vom 23.11.2007 sofortige Beschwerde eingelegt. Er wendet sich dagegen, dass Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden ist. Für die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Kosten für die Fahrten zur Arbeit seien bei 15 Entfernungskilometern lediglich 78 EUR in die Berechnung einzustellen, nämlich 15 km × 5,20 EUR.
Mit Beschluss vom 5.12.2007 hat das AG Bayreuth der Beschwerde nicht abgeholfen. Das AG führt aus, für die Fahrtkosten seien 165 EUR anzusetzen, nämlich entsprechend den Süddeutschen Leitlinien 15 km × 0,30 EUR × 2 × 220: 12.
II. Die zulässige (§ 127 Abs. 3 ZPO) sofortige Beschwerde ist begründet.
Bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens der Antragstellerin sind für die Fahrtkosten gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1a ZPO, § 82 Abs. 2 SGB XII, § 3 Abs. 6 Nr. 2a der Verordnung zur Durchführung des § 82 des SGB XII vom 28.11.1962, zuletzt geändert durch Art. 12 Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.3.2005 (BGBl. I. S. 818) lediglich 78 EUR anzuerkennen.
Teilweise wird in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, der Betrag von 5,20 EUR je Entfernungskilometer sei zu gering und es seien deshalb die unterhaltsrechtlichen Grundsätze bzw. die Erstattungssätze aus § 5 Abs. 2 JVEG anzuwenden (vgl. OLG Karlsruhe 5 WF 63/07, FamRZ 2008, 69, OLG Karlsruhe 18 WF 3/04, FamRZ 2005, 465; Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., 2005, Rz. 258a; Nickel FamRZ 2008, 156/157).
Die herrschende Meinung wendet hingegen oben genannte Durchführungsverordnung an (vgl. OLG Koblenz - 7 WF 165/06, FuR 2006, 323; OLG Zweibrücken 6 WF 12/06 FamRZ 06, 799; OLG Bamberg 2 WF 271/05 FamRZ 2007, 1339; OLG Hamm 1 WF 154/06 FamRZ 2006, 1553; OLG Stuttgart 18 WF 176/05, OLGR Stuttgart 2008, 36; Schürmann FuR 2006, 14/15; OLG Brandenburg FamRZ 2008, 159 unter Aufgabe seiner früheren Auffassung) und bringt nur den Betrag von monatlich 5,20 EUR pro Entfernungskilometer in Abzug. Der letztgenannten Ansicht ist der Vorzug zu geben.
§ 115 ZPO regelt in Ziff. 1a die von den Einkünften abzusetzenden Beträge unter Verweis auf § 82 Abs. 2 SGB XII und damit auch auf die aufgrund dieser Rechtsgrundlage ergangene Verordnung. Ein Ermessensspielraum ist dem Rechtsanwender dabei nicht eingeräumt. Prozesskostenhilfe ist in der Sache als Sozialhilfe anzusehen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1995, 1163). Die Höhe der Sozialhilfe und der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Abzugsbeträge werden vom Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber geregelt. Eine entsprechende Regelung ist in der Form der genannten Verordnung getroffen. Eine Regelungslücke liegt nicht vor. Der Gesetzgeber hat trotz des Wechsels vom BSHG zum SGB XII ab 2004 und der dementsprechenden Anpassung des § 115 ZPO sowie trotz dessen mehrfacher, letztmalig im März 2005 erfolgter inhaltlicher Änderung sowie der redaktionellen Aktualisierung der genannten Durchführungsverordnung die Regelung beibehalten. Es kann demzufolge auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Fahrtkostenpauschale überholt ist.
Werden in die Berechnung lediglich 78 EUR für die Fahrtkosten eingesetzt, so verbleibt ein einzusetzendes Einkommen von 37,62 EUR. Diesbezüglich wird auf die Berechnung des Bezirksrevisors vom 22.11.2007 Bezug genommen. Die Rate dafür beträgt gem. § 115 Abs. 2 ZPO 15 EUR.
Fundstellen
Haufe-Index 1995308 |
OLGR-Süd 2008, 501 |