Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 23.07.2008; Aktenzeichen 24 O 2603/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des beigeordneten Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des LG Würzburg vom 23.7.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer ist der Klägerseite im Rahmen der Bewilligung von ratenfreier Prozesskostenhilfe beigeordnet worden. Nach Rücknahme der Klage hat der Beschwerdeführer gem. § 55 RVG die Festsetzung einer Vergütung i.H.v. 628,68 EUR beantragt. Demgegenüber hat der Urkundsbeamte des LG mit Beschluss vom 1.7.2008 die Vergütung des Klägervertreters auf nur 326,24 EUR festgesetzt und hierzu ausgeführt, dass die aufgrund der außergerichtlichen Tätigkeit des Anwalts entstandene Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr zur Hälfte anzurechnen sei.
Das LG hat die Erinnerung des beigeordneten Klägerbevollmächtigten zurückgewiesen und seiner hiergegen eingelegten Beschwerde nicht abgeholfen.
Mit Beschluss des Einzelrichters des Senats vom 20.8.2008 ist die vorliegende Beschwerdesache gem. §§ 56 II, 33 VIII, 2 RVG dem Senat zur Plenarentscheidung übertragen worden.
II. Das nach §§ 56 II, 33 III, 1 RVG zulässige Rechtsmittel ist in der Sache nicht begründet.
Das LG hat zu Recht und auch mit zutreffender Begründung die beanstandete Kürzung vorgenommen, weil die Verfahrensgebühr nur zur Hälfte anzusetzen ist.
Ein im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt hat Anspruch auf die gesetzliche Vergütung, soweit sich aus den §§ 45 ff. RVG keine abweichende Regelung ergibt. Da Prozesskostenhilfe nur für das gerichtliche Verfahren zu bewilligen ist, kann ein Rechtsanwalt auch nur eine Erstattung seiner im gerichtlichen Verfahren entstandenen Gebühren beanspruchen. Dementsprechend vermindert sich bei einer vorgerichtlichen Tätigkeit des Bevollmächtigten die Verfahrensgebühr infolge der hälftigen Anrechnung der bereits zuvor in voller Höhe entstandenen Geschäftsgebühr, so dass nach §§ 45 I, 48 RVG auch nur die geminderte Verfahrensgebühr anzusetzen ist.
Der für diese Anrechnungsregelung maßgebende Grund liegt darin, dass Geschäfts- und Verfahrensgebühr teilweise denselben Aufwand vergüten. Ein Rechtsanwalt, der bereits im Rahmen seiner vorgerichtlichen Tätigkeit mit der Sache befasst gewesen ist, bedarf in der Regel für die Prozessvertretung eines geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwandes. Diese Erwägung trifft auch auf eine Verfahrenskonstellation wie im Streitfall zu (so zu Recht die inzwischen gefestigte Rechtsprechung des OLG Oldenburg, vgl. OLGR 2008, 382 sowie Beschl. v. 12.6.2008 - 13 WF 111/08, dort Rz. 8 ff. bei JURIS und m.w.N.).
Soweit die Beschwerde darauf hinweist, dass im vorliegenden Fall die ggü. der Gebührentabelle des § 13 RVG erheblich niedrigeren Gebührensätze des § 49 RVG maßgebend sind und demnach die Anrechnung einer 0,65 Geschäftsgebühr (aus einem Gegenstandswert von 175.000 EUR) vorliegend zur vollständigen Aufzehrung einer Verfahrensgebühr führen müsste, hält auch dieser Einwand der Prüfung nicht stand. Wie sich aus der weiteren Anrechnungsregel in Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4 S. 3 RVG VV ergibt, hat die Anrechnung nach demjenigen Wert des Gegenstandes zu erfolgen, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist. Nach dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung kann deshalb bei einer Konstellation wie hier die Anrechnung nur in der Weise umgesetzt werden, dass die Vorgabe einer - hälftigen - Kürzung der Verfahrensgebühr auf den Umfang der ermäßigten Wertgebühren nach der Tabelle des § 49 RVG bezogen wird.
Schließlich ergibt sich eine der Beschwerde günstigere Beurteilung auch nicht aus den Anrechnungsvorschriften des § 58 RVG. Wie das OLG Oldenburg in seiner jüngsten Entscheidung vom 12.6.2008 (dort Rz. 10) ist auch der Senat der Auffassung, dass diese Bestimmungen nur das Verhältnis der von dritter Seite an den beigeordneten Rechtsanwalt geflossenen Zahlungen zu den Leistungen aus der Staatskasse regeln, also keine Sondervorschriften dazu beinhalten, welche Gebühren für die einzelnen Verfahrensabschnitte entstehen und festzusetzen sind.
Eine Kostenentscheidung ist wegen § 56 II, 2 und 3 RVG nicht veranlasst.
Eine (Rechts-)Beschwerde an den BGH findet nicht statt (§ 33 IV, 3 RVG).
Fundstellen
JurBüro 2008, 640 |
OLGR-Süd 2009, 227 |