Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrsordnungswidrigkeit. Rechtsmittel. Rechtsmittelfrist. Rechtsmitteleinlegung. Rechtsbeschwerde. Zulassungsrechtsbeschwerde. Zulassungsantrag. Wiedereinsetzung. Wiedereinsetzungsantrag. Wiedereinsetzungsgesuch. Zulässigkeit. Fristversäumung. Verteidigung. Verteidiger. Wahlverteidiger. Unterbevollmächtigter. unterbevollmächtigt. Entbindung. Abwesenheit. Verkündung. Urteilsverkündung. Wochenfrist. Rechtsbeschwerdeeinlegungsfrist. Säumnis. verspätet. verfristet. Verschulden. Hindernis. Darlegung. Glaubhaftmachung. Verhinderung. Auftrag. Rechtmittelbeauftragung
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Wiedereinsetzungsgesuch gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels gegen ein Urteil müssen die Ausführungen der Verteidigung als erste und unabdingbare Voraussetzung für eine unverschuldete Säumnis des Rechtsmittelführers erkennen lassen, dass dieser die Verteidigung überhaupt mit der Rechtsmitteleinlegung beauftragt und die Verteidigung dies ihm gegenüber zugesagt hatte (st.Rspr.; vgl. u.a. Anschluss an BGH, Beschl. v. 12.07.2017 - 1 StR 240/17 [bei juris]; 14.01.2015 - 1 StR 573/14 = NStZ-RR 2015, 145; 23.09.2015 - 4 StR 364/15 = NStZ 2017, 172 = AnwBl 2016, 73 und OLG Bamberg, Beschl. v. 23.03.2017 - 3 Ss OWi 330/17 [bei juris]).
Normenkette
OWiG § 46 Abs. 1, § 73 Abs. 1, 3, § 79 Abs. 4, § 80 Abs. 3 S. 1; StPO § 44 S. 1, § 45 Abs. 1 S. 1, § 341 Abs. 1
Tenor
I.
Der Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Frist zur Einlegung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 30. Mai 2017 wird als unzulässig verworfen.
II.
Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen.
III.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den seine Fahrereigenschaft einräumenden, von der Erscheinenspflicht in der Hauptverhandlung gemäß § 73 Abs. 1 OWiG antragsgemäß entbundenen und dort auch nicht anwesenden, jedoch durch einen unterbevollmächtigten Verteidiger vertretenen Betroffenen am 30.05.2017 wegen einer am 19.01.2017 als Führer eines Pkw innerhalb geschlossener Ortschaften begangenen fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 25 km/h zu einer Geldbuße von 80 Euro verurteilt. Mit beim Amtsgericht am selben Tag eingegangenem Telefaxschreiben vom 21.06.2017 legte der Wahlverteidiger des Betroffenen "gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 10.05.2017" Zulassungsrechtsbeschwerde ein mit dem Zusatz, dass "bis dato [...] die Urteilsgründe nicht" vorlägen, "so dass [...] bei Übermittlung des Urteils um Beifügung des Sitzungsprotokolls nebst Beweisantrag" gebeten werde. Mit weiterem per Telefax am selben Tag der Staatsanwaltschaft übermittelten Schreiben vom 06.07.2017 dankte der Wahlverteidiger des Betroffenen "für die Übermittlung des Urteils mit Rechtskraftvermerk", wobei "allerdings mitzuteilen" sei, dass ihm "hier als Verteidiger kein Urteil zugestellt worden" sei und er "im Übrigen am 21.06.2017 sicherheitshalber schon einmal Zulassungsrechtsbeschwerde eingelegt habe" und er "von daher nicht feststellen" könne, "wie es hier zu einer Rechtskraft gekommen sein sollte". Es werde deshalb "um Prüfung und gleichzeitig um Übermittlung der Akte" gebeten, da er "höchst vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine etwaige Versäumung der Rechtsmittelfrist beantrage, zu deren Begründung [...] allerdings Akteneinsicht" benötigt werde. Mit an das Amtsgericht adressiertem und dort ebenfalls am 06.07.2017 eingegangenem Telefax-Schreiben vom 06.07.2017 beantragte der Wahlverteidiger des Betroffenen Akteneinsicht, da ihm zwischenzeitlich ein für ihn nicht nachvollziehbarer Rechtskraftvermerk zugestellt worden sei. Er "habe keine Urteilsgründe erhalten, bereits Zulassungsrechtsbeschwerde eingelegt und beantrage jetzt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter Übermittlung der Akte".
II.
Der Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Frist zur Einlegung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist ebenso wie die Zulassungsrechtsbeschwerde selbst als unzulässig zu verwerfen.
1. Nachdem das Urteil vom 30.05.2017 zwar in (erlaubter) Abwesenheit des Betroffenen, jedoch in Anwesenheit des wirksam unterbevollmächtigten Verteidigers des Betroffenen verkündet wurde, endete die Wochenfrist des § 341 Abs. 1 StPO zur Einlegung der Zulassungsrechtsbeschwerde hier gemäß §§ 73 Abs. 3, 79 Abs. 4 [letzter Halbs.] i.V.m. § 80 Abs. 3 Satz 1 OWiG ohne weiteres bereits mit Ablauf des 06.06.2017 (vgl. schon OLG Bamberg, Beschl. v. 29.05.2006 - 3 Ss OWi 430/06 = NStZ 2007, 180; ferner u.a. Göhler-Seitz/Bauer OWiG 17. Aufl. § 73 Rn. 26 f. u. § 79, Rn. 30a, jeweils m.w.N.), so dass die Einlegung der Rechtsbeschwerde erst am 21.06.2017 verspätet erfolgte. Dies verkennt die Verteidigung, wenn sie aus nicht nachvollziehbaren Gründen und noch nach Gewährung v...