Leitsatz (amtlich)
Wird ein Kind im vereinfachten Unterhaltsverfahren vom Jugendamt als Beistand vertreten und wechselt es im laufenden Verfahren in die Obhut des bisher barunterhaltspflichtigen Elternteils, führt dies zur Unzulässigkeit des Festsetzungsverfahrens von Anfang an.
Ein dennoch ergangener Festsetzungsbeschluss ist im Beschwerdeverfahren aufzuheben und der Festsetzungsantrag zurückzuweisen, auch wenn das Kind im Beschwerdeverfahren nicht ordnungsgemäß vertreten ist.
Normenkette
BGB § 1713 Abs. 1, § 1715 Abs. 2; FamFG § 113 Abs. 1, § § 249 ff.; ZPO §§ 51-52
Verfahrensgang
AG Bamberg (Aktenzeichen 251 FH 45/12) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Bamberg vom 3.7.2012 (251 FH 45/12) aufgehoben. Der Antrag des Antragstellers vom 23. März 2012 auf Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden zwischen der Kindsmutter H. und dem Antragsgegner gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsgegner zur Last.
3. Der Verfahrenswert wird für beide Instanzen auf jeweils 3.808,00 Euro festgesetzt.
4. Der Antrag des Antragsgegners auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Der Antragsteller ist das am xx. xx. 2000 geborene nichteheliche Kind des Antragsgegners und der Kindsmutter H.. Der Antragsteller wohnte bis Ende Januar 2012 beim Antragsgegner und zog zum 1.2.2012 zur Kindsmutter. Seit 8.6.2012 ist der Antragsteller wieder beim Antragsgegner wohnhaft.
Die Kindseltern haben für den Antragsteller eine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben. Ihnen steht die elterliche Sorge für den Antragsteller - mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts, das die Kindsmutter allein ausüben darf - gemeinsam zu.
Nachdem die Kindsmutter bei dem für ihren damaligen Wohnort A. zuständigen Landratsamt - Kreisjugendamt - B. die Beistandschaft beantragt hatte, beantragte der Antragsteller, vertreten durch das Kreisjugendamt beim Landratsamt B. als Beistand, mit Formblatt vom 23.3.2012 die Festsetzung von Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe, beginnend ab 1.2.2012 gegen den Antragsgegner. Mit Beschluss vom 3.7.2012 setzte das AG Bamberg den vom Antragsgegner an den Antragsteller zu zahlenden Kindesunterhalt beginnend mit 1.2.2012 auf 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der 2. Altersstufe, abzüglich des hälftigen gesetzlichen Kindergeldes für ein erstes Kind, für den Zeitraum ab 1.3.2012 entsprechend hinsichtlich der 3. Altersstufe fest, ordnete die sofortige Wirksamkeit der Unterhaltsfestsetzung an und bestimmte den Verfahrenswert mit 3.264,00 Euro. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 5.7.2012 zugestellt. Mit am 18.7.2012 beim AG Bamberg eingegangenen Anwaltsschriftsatz wendet sich der Antragsgegner gegen den Beschluss vom 3.7.2012. Mit am 25.7.2012 beim AG Bamberg eingegangener Beschwerdebegründung hat der Antragsgegner sein Rechtsmittel als Beschwerde bezeichnet. Am 20.3.2013 ist das Beschwerdeverfahren beim OLG Bamberg eingegangen. Die Beschwerdebegründung konnte der Kindmutter am 3.1.2014 zur Stellungnahme binnen zwei Wochen zugestellt werden. Eine Erklärung ihrerseits hierzu ist nicht eingegangen.
2. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Der Beschluss des AG Bamberg vom 3.7.2012 ist aufzuheben, da der Antragsteller nicht verfahrensfähig und auch nicht ordnungsgemäß vertreten, der Antrag auf Festsetzung von Kindesunterhalt somit unzulässig ist.
Zum Zeitpunkt des Beschlusserlasses vom 3.7.2012 konnte der Antragsteller nicht mehr vom Kreisjugendamt beim Landratsamt B. gesetzlich vertreten werden. Mit Umzug des Antragstellers am 8.6.2012 zum Antragsgegner endete die Beistandschaft des Jugendamtes gemäß § 1715 Abs. 2 BGB, da die die Beistandschaft beantragende Kindsmutter ab diesem Zeitpunkt nicht mehr für die Beistandschaft nach § 1713 Abs. 1 BGB antragsberechtigt war. Den Eltern steht mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts die elterliche Sorge gemeinsam zu. Antragsberechtigt für die Beistandschaft ist in diesem Fall gemäß § 1713 Abs. 1 Satz 2 BGB der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet. Ab 8.6.2012 befand sich der Antragsteller jedoch wieder in der Obhut des Antragsgegners. Damit war der minderjährige und nicht verfahrensfähige Antragsteller zum Zeitpunkt der Entscheidung am 3.7.2012 nicht ordnungsgemäß vertreten, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 51, 52 ZPO, 2, 106, 107 BGB. Infolgedessen fehlte es am 3.7.2012 beim Antragsteller an einer ordnungsgemäßen Vertretung für die Beantragung der Festsetzung von Minderjährigenunterhalt im vereinfachten Verfahren als zwingende Sachentscheidungsvoraussetzung. Der Beschluss vom 3.7.2012 hätte daher nicht ergehen dürfen.
Der Mangel ist auch nicht durch nachträglich eingetretene Umstände geheilt. Der Antrag ist insgesamt unzulässig (vgl. Keidel, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 249 Rn. 11) und zwar von Anfang an. Der Senat...