Entscheidungsstichwort (Thema)

Diplomat. Entsendestaat. Empfangsstaat. Drittstaat. Auslieferung. Auslieferungshindernis. Belgien. Luxemburg. Deutschland. Paris. Wien. Brüssel. Terrorismus. Immunität. Immunitätsschutz. Reise. Rückreise. Urlaub. Urlaubsaufenthalt. Heimaturlaub. Sichtvermerk. Zum Sachverhalt:. Beweismittel. Tatverdacht

 

Leitsatz (amtlich)

Mit dem vorliegenden Beschluss hat das OLG die Auslieferung des Verfolgten nach Belgien zur Strafverfolgung für zulässig erklärt und die Fortdauer der Auslieferungshaft angeordnet.

 

Normenkette

WÜD §§ 29, 31, 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1 S. 1; GG Art. 25, 100 Abs. 2; IRG § 9 Nrn. 1-2, § 10 Abs. 2, § 73 S. 2, § 79 Abs. 2 S. 3, § 81 Nrn. 1, 4, § 83a Abs. 1, § 83b Abs. 1 Nr. 1; RbEuHb Art. 2 Abs. 1-2, Art. 8 Abs. 1

 

Gründe

Aus den Gründen

1. Dem Antrag der GenStA war zu entsprechen. Die Auslieferung des Verfolgten nach Belgien zur Strafverfolgung aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Untersuchungsrichterin des Gerichts 1. Instanz Antwerpen/Belgien vom 30.06.2018 i.V.m. dem nationalen Haftbefehl in Abwesenheit der Untersuchungsrichterin des Gerichts 1. Instanz Antwerpen/Belgien vom 30.06.2018 wegen der dort genannten Straftaten des versuchten terroristischen Mordes und der Vorbereitung eines Attentats nach Art. 51, 137 § 1, § 2 I, 138, 393, 394 bzw. Art. 137 §§ 3 und 6 des belgischen StGB ist zulässig, weil hinsichtlich dieser Tatvorwürfe die Auslieferungsvoraussetzungen vorliegen und Auslieferungshindernisse nicht bestehen.

Die Auslieferung richtet sich nach dem Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 13.06.2002 für den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedsstaaten (RbEuHb) i.V.m. mit dem Gesetz über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG).

Zur Zuständigkeit des Senats, zum Vorliegen eines ordnungsgemäßen Europäischen Haftbefehls gegen den Verfolgten, zur Auslieferungsfähigkeit, zum Nichtvorliegen von Auslieferungshindernissen, insbesondere zum Nichteingreifen von Art. 40 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18.04.1961 (WÜD) und dem fehlenden Erfordernis einer Tatverdachtsprüfung hat der Senat in den Beschlüssen v. 03.07.2018 und 03.08.2018 bereits Ausführungen gemacht, auf die an dieser Stelle zunächst Bezug genommen wird. Das weitere Vorbringen des Verfolgten bzw. seiner Beistände vermag auch nach nochmaliger Überprüfung keine andere Beurteilung zu rechtfertigen.

Der Verfolgte kann sich auch weiterhin nicht auf den Immunitätsschutz aus Art. 40 I 1 WÜD berufen. Danach gewährt ein Drittstaat einem Diplomaten, der, um sein Amt anzutreten oder um auf seinen Posten oder in seinen Heimatstaat zurückzukehren, durch das Hoheitsgebiet des dritten Staates reist oder sich im Hoheitsgebiet dieses Staates, der erforderlichenfalls seinen Pass mit einem Sichtvermerk versehen hat, befindet, Unverletzlichkeit und alle sonstigen für seine sichere Durchreise oder Rückkehr erforderlichen Immunitäten. Nach der gesandtschaftlichen Stellungnahme des Auswärtigen Amtes v. 04.08.2018 i.V.m. dem Rundschreiben des Auswärtigen Amtes v. 15.09.2015 zur Behandlung von Diplomaten und anderen bevorrechtigten Personen (GMBl. Nr. 62/63 v. 19.11.2015) setzt eine Behandlung nach Art. 40 I 1 WÜG voraus, dass sich der Diplomat auf der Reise zwischen seinem Posten (Empfangsstaat) und seinem "Heimatstaat" (Entsendestaat) befindet. Bei einer mehrtägigen Urlaubsreise liegt ein durch Art. 40 WÜD geschützter gesandtschaftlicher Transitaufenthalt in einem Drittstaat auf der Reise zwischen dem Empfangsstaat und dem Entsendestaat (oder umgekehrt) nicht vor, auch wenn dem Diplomaten ein gewisser Gestaltungsspielraum für die Planung der Transitreise zustehen dürfte (enger: SK-StPO/Frister 5. Aufl. § 18 Rn. 9, wonach Immunität und Unverletzlichkeit nur für den Transit gewährt werden und jeder darüber hinausgehende Aufenthalt diese entfallen lässt). Der Auffassung des Auswärtigen Amtes, bei der es sich nur um eine nicht bindende gutachtliche Stellungnahme, wenn auch mit besonderem Gewicht handelt (vgl. SK-StPO/Frister a.a.O. vor §§ 18-21 GVG Rn. 43; KK-StPO/Barthe 7. Aufl. § 18 GVG Rn. 8; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 61. Aufl. § 18 GVG Rn. 7a), schließt sich der Senat nach eingehender Prüfung an. Entgegen der Ansicht der Beistandschaft ergibt sich aus Ziffer 2.6 S. 2 des Rundschreibens des Auswärtigen Amtes v. 15.09.2015 zur Behandlung von Diplomaten und anderen bevorrechtigten Personen (GMBl. Nr. 62/63 v. 19.11.2015) nichts Gegenteiliges. Zwar wird dort ausgeführt, dass der Schutz auch eingreift, "wenn er in den Heimaturlaub fährt oder aus dem Urlaub an seine Dienststelle zurückkehrt". Aus dieser Formulierung lässt sich allerdings nicht ableiten, dass nach dem Inhalt dieser Auslegungshilfe der Schutz auch eingreifen soll, wenn und sobald sich der Diplomat nach einem privaten Urlaubsaufenthalt in einem Drittstaat auf der Rückreise zu seinem Posten befindet. Bereits grammatikalisch kann sich der Begriff "Urlaub" im zweiten, die Rückkehr be...

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