Tenor
Der Haftbefehl des Amtsgerichts - Ermittlungsrichter - xxx vom 10.8.2011 wird aufgehoben.
Gründe
Die Untersuchungshaft der am 9.8.2011 vorläufig festgenommenen Angeklagten beruht auf dem Haftbefehl des Amtsgerichts - Ermittlungsrichter - xxx vom 10.8.2011, der Angeklagten eröffnet am selben Tage, und wird seitdem ununterbrochen vollzogen.
Da in dieser Sache bisher keine der in § 121 Abs. 1 StPO genannten Entscheidungen ergangen ist und das zuständige Landgericht yyy, das die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält, die Akten gemäß § 122 Abs. 1 StPO dem Oberlandesgericht Bamberg vorgelegt hat, hat dieses gemäß §§ 121, 122 StPO über die Fortdauer der Untersuchungshaft zu entscheiden.
Die Haftprüfung durch den Senat führt zur Aufhebung des Haftbefehls.
Die Voraussetzungen gemäß § 121 StPO für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus sind nicht gegeben.
Zwar ist die Angeklagte dringend verdächtig, die im Haftbefehl des Amtsgerichts - Ermittlungsrichter - xxx vom 10.8.2011 aufgeführten Straftaten, die auch Gegenstand der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft yyy vom 28.12.2011 geworden sind, begangen zu haben (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) und sich damit des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 17 tatmehrheitlichen Fällen gemäß §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; § 53 StGB schuldig gemacht zu haben.
Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus den in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft yyy vom 28.12.2011 bezeichneten Beweismitteln, insbesondere aus den umfassenden und konkreten Angaben des Zeugen und Lieferanten A. und dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen.
Bei der Angeklagten besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Die Angeklagte hat aufgrund der ihr zur Last liegenden Taten mit einer Gesamtfreiheitsstrafe im nicht mehr bewährungsfähigen Bereich zu rechnen.
Zwar kann im Allgemeinen die Straferwartung allein die Fluchtgefahr nicht begründen.
Je größer die Straferwartung ist, desto weniger Gewicht ist aber auf weitere Umstände zu legen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Auflage, Rdz. 24 zu § 112). In ihrer jetzigen Wohnung war die Angeklagte nicht gemeldet und hatte auch keinen Mietvertrag. Die Angeklagte, die eine Therapie anstrebt, ist selbst Betäubungsmittelkonsumentin; von einer psychischen Labilität ist daher auszugehen.
Diese Umstände lassen es als wahrscheinlicher erscheinen, dass sie sich dem weiteren Strafverfahren entziehen als sich ihm zur Verfügung halten wird (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., Rdz. 17 zu § 112).
Der Haftbefehl ist aber unabhängig von dem Vorliegen eines dringenden Tatverdachts und des Haftgrundes der Fluchtgefahr aufzuheben, weil das Verfahren nicht mit der in Haftsachen gebotenen besonderen Beschleunigung gefördert worden ist.
Nach § 121 Abs. 1 StPO darf, solange ein Urteil noch nicht ergangen ist, der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monaten hinaus nur dann aufrecht erhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zugelassen haben.
Dabei sind die an die Zügigkeit der Bearbeitung von Haftsachen zu stellenden Anforderungen bei der ersten Haftprüfung nach § 122 Abs. 1 StPO weniger streng als bei späteren Prüfungen nach § 122 Abs. 4 StPO. Nur wenn grobe Fehler oder Versäumnisse dazu geführt haben, dass die Sache nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 121 Abs. 1 StPO abgeurteilt werden konnte, muss die Strafverfolgungspflicht des Staates gegenüber dem Freiheitsanspruch des Betroffenen zurücktreten.
Gewisse Verzögerungen bei der Bearbeitung des Verfahrens müssen von dem Betroffenen trotz dieses Beschleunigungsgebots hingenommen werden, wenn sie seinen Freiheitsanspruch nicht unzumutbar beeinträchtigen. Dabei kann eine zeitweilige Verzögerung der Sachbearbeitung durch beschleunigte Bearbeitung wieder ausgeglichen werden (vgl. hierzu insgesamt Brandenburgisches OLG, Beschluss v. 8.3.2007, 2 Ws (HEs) 58/07, m. w. Nachw.; in juris).
Diesen Maßstäben wird die Sachbehandlung im vorliegenden Fall nicht gerecht.
Weder die besondere Schwierigkeit noch der besondere Umfang der Ermittlungen rechtfertigen hier die Dauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus.
Der Angeklagten werden Taten zur Last gelegt (Betäubungsmittelkäufe vom Zeugen A. zum Gewinn bringenden Weiterverkauf), deren Tatbegehung zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftbefehls bereits in wesentlichen Zügen ermittelt war aufgrund der Angaben des Zeugen A.. Allenfalls für die Einholung eines Wirkstoffgutachtens zu dem bei dem Zeugen sichergestellten Betäubungsmittel und ergänzende Zeugenvernehmungen zu möglichen Abnehmern der Angeklagten war ein angemessener Zeitraum anzusetzen, dessen Dauer sich allerdings daran orientieren musste, wie konkret weitere Ermittlungsansätze waren. Dies gilt auch, wenn die Angeklagte zu den Tatvorwürfen geschwiegen hatte und damit weitere Ermittlungen zunächst erforderli...