Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung. Beschwerde gegen die Versagung der Prozeßkostenhilfe
Normenkette
BGB §§ 139, 2346 ff.
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 14.11.1997; Aktenzeichen 62 O 2112/97) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 14. November 1997 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin ist die eheliche Tochter der Antragsgegner, geboren am …07.1971. Die Parteien haben am 07.07.1993 vor dem Notar Dr. … in … einen Pflichtteilsverzicht der Antragstellerin gegenüber den Antragsgegnern und als Gegenleistung die kostengünstige Überlassung einer 1-Zimmer-Eigentumswohnung in der … in … vereinbart.
Mit Schriftsatz vom 25.08.1997 ihres Prozeßbevollmächtigten hat die Antragstellerin Prozeßkostenhilfe für eine Klage begehrt mit dem Antrag:
Es wird festgestellt, daß der Pflichtteilsverzicht von Frau … gegenüber ihren Eltern, Herrn … und Frau … in der notariellen Urkunde Nr. … ausgefertigt von Herrn Notar … … vom 07.07.1993 unwirksam ist.
Zur Begründung hat die Antragsteller in ausgeführt, daß der Pflichtteilsverzichtsvertrag unwirksam sei, weil er gegen § 138 Abs. 2 BGB verstoße. Der Abfindungsvertrag stelle kein gleichwertiges Äquivalent zum Erbverzicht dar. Darüberhinaus sei der Abfindungsvertrag, nie wirksam vollzogen worden, da ein formwirksamer Mietvertrag nicht abgeschlossen worden sei. Es habe somit ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestanden; zudem hätten die Antragsgegner die Unerfahrenheit der Antragstellerin ausgenutzt. Darüberhinaus macht die Antragstellerin geltend, daß die Antragsgegner, ihre Eltern, beim Abschluß des Erbverzicht- und Abfindungsvertrages gegen ihre elterliche Aufklärungspflicht gegenüber der Antragstellerin verstoßen hätten.
Mit Beschluß vom 14. November 1997 hat das Landgericht Würzburg die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht versagt. Auf die Gründe des Beschlusses (Bl. 13 bis 14 d.A.) wird vollinhaltlich Bezug genommen. Hiergegen hat die Antragstellerin durch Anwaltsschriftsatz vom 02.12.1997, eingegangen beim Landgericht Würzburg am 03.12.1997 Beschwerde eingelegt. Mit Beschluß vom 08.01.1998 hat das Landgericht Würzburg der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 14. November 1997 ist zulässig (§§ 127 Abs. 2 Satz 2, 569 ZPO), in der Sache jedoch nicht begründet.
Das Landgericht Würzburg hat der Antragstellerin zu Recht die Prozeßkostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht ihrer begehrten Rechtsverfolgung verweigert. Insoweit wird zunächst vollinhaltlich auf die zutreffenden Gründe des Beschlusses des Landgerichts Würzburg vom 14. November 1997 Bezug genommen.
Der Senat bemerkt dazu ergänzend, daß grundsätzlich der Erbverzicht ein abstraktes, unmittelbar den Verlust des gesetzlichen Erbrechts bzw. des gesetzlichen Pflichtteilsrechts bewirkendes Verfügungsgeschäft ist. Die Verbindung mit einem Abfindungsvertrag erfolgt regelmäßig dergestalt, daß Erbverzicht und Abfindung ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft im Sinne der §§ 320 ff. BGB zugrunde liegt, das einerseits die Verpflichtung zur Abgabe der Verzichtserklärung, andererseits die Verpflichtung der Erblasser zur Leistung der Abfindung enthält. Gleichwohl ist bei fehlendem oder nichtigem Grundgeschäft grundsätzlich der abstrakte Erbverzicht wirksam und kann auf die Rechtsfolgen der §§ 320 ff. BGB nicht zurückgegriffen werden. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn ein einheitliches Rechtsgeschäft zwischen den Vertragsparteien dergestalt geschlossen worden wäre, so daß § 139 BGB eingreift und bei Unwirksamkeit des Abfindungsvertrages auch der Erbverzicht in Wegfall geraten würde. Indiz für einen derartigen Willen, daß beide Geschäfte „miteinander stehen und fallen sollen”, kann die Beurkundung von Erbverzicht und Abfindungsabrede in derselben Urkunde sein (RGRK § 2348 Rdnr. 3; Palandt Überblick § 2346 Rdnr. 11).
Der Senat vermag jedoch eine Unwirksamkeit des Abfindungsvertrages nicht zu erkennen. Insbesondere verstößt der Abfindungsvertrag nicht gegen § 138 Abs. 2 BGB. Die Abfindung muß nicht äquivalent, d. h. gleichwertig mit dem Wert des Pflichtteilsverzichts sein. Daß die Gegenleistung, die die Antragsgegner im Abfindungsvertrag versprochen haben, nicht völlig wertlos ist, ergibt sich aus den von den Antragsgegnern zur Akte eingereichten Unterlagen.
Für die Ausnutzung einer § 138 Abs. 2 BGB auslösenden Unerfahrenheit der Antragstellerin oder eine bei Abschluß des Erbverzichts- oder Abfindungsvertrages bestehende Aufklärungspflicht der Eltern gegenüber ihrer Tochter ist weder aus deren Vortrag noch aus der Erwiderung der Antragsgegner etwas erkennbar. Die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits 22jährige Antragstellerin, die sich nach eigenem Vortrag bereits seit vielen Jahren in einer eigenen Wohnung und wechselnder Berufstätigkeit auf eigenen Füßen befand, ist nicht derartig hilfebedürftig, daß über die ...