Verfahrensgang

AG Schwandorf (Entscheidung vom 06.09.2005; Aktenzeichen 1 OWi 103 Js 12622/04)

 

Tenor

  • I.

    Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Schwandorf vom 06. September 2005 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass das angeordnete Fahrverbot entfällt.

  • II.

    Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die dem Betroffenen hierdurch erwachsenen notwendigen Auslagen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Schwandorf verurteilte den Betroffenen am 06.09.2005 wegen fahrlässigem Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft um 21 km/h zu einer Geldbuße von 50,00 EUR und einem Fahrverbot von einem Monat. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, der geltend macht, wegen der infolge eingetretener Tilgungsreife unzulässigen Verwertung der festgestellten Vorahndungen hätte ein Fahrverbot nicht verhängt werden dürfen.

II.

Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.

1.

Die Rechtsbeschwerde ist ausweislich ihrer Begründung wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Von einer weitergehenden Beschränkung der Rechtsbeschwerde allein auf die Frage der Anordnung eines Fahrverbotes kann grundsätzlich nicht ausgegangen werden, weil es sich insoweit nicht um einen innerhalb des Rechtsfolgenausspruches abtrennbaren Entscheidungsteil handelt. Geldbuße und Fahrverbot stehen, wie sich aus § 4 Abs. 4 BKatV ergibt, in einer so engen Wechselbeziehung zueinander, dass sie nicht unabhängig voneinander beurteilt werden können (BGHSt 24, 11; BayOblGSt 1999, 125; Göhler OWiG 14. Aufl. § 79 Rn. 9).

2.

Die Rechtsbeschwerde hat bereits mit der Sachrüge Erfolg. Es kommt somit nicht darauf an, ob vom Betroffenen, wie mit der Erwiderung vom 12.01.2006 auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft behauptet wird, auch eine Formrüge erhoben worden ist.

Der Betroffene macht geltend, die festgestellten Vorahndungen hätten nicht mehr zu seinen Lasten verwertet werden dürfen. Der zuletzt gegen ihn am 24.07.2003 ergangene Bußgeldbescheid sei am 12.08.2003 und somit mehr als zwei Jahre vor der am 06.09.2005 durchgeführten Hauptverhandlung rechtskräftig geworden, weshalb die Vorahndungen im Zeitpunkt dieser Hauptverhandlung tilgungsreif gewesen seien. Soweit das Amtsgericht festgestellt habe, der genannte Bußgeldbescheid sei erst seit 12.09.2000 rechtskräftig, sei dies falsch, wie sich unzweifelhaft aus der Auskunft aus dem Verkehrszentralregister ergebe.

a)

Die Feststellungen zur Rechtskraft dieses Bußgeldbescheides im angefochtenen Urteil sind widersprüchlich.

Zunächst wird im Rahmen der Vorahndungen (S. 3 EU) festgestellt:

"Bußgeldbescheid vom 24.07.2003, rechtskräftig seit 12.09.2003...."

Im Rahmen der Rechtsfolgenentscheidung (S. 5/6 EU) geht das Amtsgericht jedoch erkennbar davon aus, dass im Zeitpunkt der Hauptverhandlung die zweijährige Tilgungsfrist des § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVG bereits abgelaufen war. Dort heißt es u.a.:

"Der Ansicht des Betroffenen, der sich auf die Ausführungen Pinkerneils in DAR 2005, Seite 57, beruft, die Vorahndungen seien nicht mehr verwertbar, folgt das Gericht nicht.

Denn entgegen den Ausführungen Pinkerneils ist das Gericht der Auffassung, dass Tilgungsreife eben noch nicht vorliegt, auch wenn die 2 Jahresfrist bereits verstrichen ist und nicht absehbar ist, ob das vorliegende Urteil oder eine andere Ahndung innerhalb der Überliegefrist rechtskräftig wird. Denn die Tilgungsreife setzt zweierlei voraus: Ablauf der 2-Jahresfrist plus Ablauf der einjährigen Überliegefrist. Nachdem die Überliegefrist noch nicht abgelaufen ist, ist auch keine Tilgungsreife eingetreten."

Der Betroffene hat sich demnach bereits in der Hauptverhandlung vom 06.09.2005 auf die nach seiner Auffassung zu diesem Zeitpunkt eingetretene Tilgungsreife der Vorahndungen berufen. Dem ist das Amtsgericht nicht mit dem Hinweis auf den Eintritt der Rechtskraft am 12.09.2003 entgegen getreten, hat vielmehr die Verwertbarkeit der Vorahndungen trotz Verstreichens der 2-Jahresfrist (damit kann nur die Frist des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StVG gemeint sein) damit begründet, dass die einjährige Überliegefrist noch nicht abgelaufen sei. Dieser Argumentation hätte es nicht bedurft, wenn die letzte Vorahndung tatsächlich erst am 12.09.2003 rechtskräftig geworden und somit ohne Zweifel am 06.09.2005 verwertbar gewesen wäre. Deshalb geht auch der Senat von einem Ablauf der Tilgungsfrist vor dem 06.09.2005 und einem fehlerhaft festgestellten Rechtskraftdatum 12.09.2003 aus.

b)

Als rechtsfehlerhaft erweist sich die Auffassung des Amtsgerichtes, es sei gleichwohl noch keine Tilgungsreife eingetreten, weil die Überliegefrist des § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG noch nicht abgelaufen war. Grundsätzlich beträgt die Tilgungsfrist bei Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StVG zwei Jahre. Gemäß § 29 Abs. 4 Nr. 3 StVG beginnt bei Bußgeldentscheidungen die Tilgungsfrist mit dem Ta...

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