Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung
Verfahrensgang
LG Coburg (Urteil vom 10.02.2003; Aktenzeichen 11 O 60/03) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 10. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird in Anwendung des § 313 a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung der Verfügungsbeklagten ist nicht begründet.
Die einstweilige Verfügung in dem Umfang, in dem sie das Landgericht Coburg im angefochtenen Urteil aufrechterhalten hat, ist zu Recht ergangen. Dem Wegnahme- oder Herausgabeanspruch der beklagten Mieterin (§ 539 Abs. 2 BGB n.F. – § 547 a BGB a.F.) steht die Einrede der Verjährung (§ 548 Abs. 2 BGB n.F. = § 558 Abs. 2 BGB a.F.) entgegen, die der klagenden Vermieterin ein dauerhaftes Besitzrecht einräumt. Diese Rechtslage verschafft ihr somit einen Anspruch analog § 1004 BGB auf Unterlassung der angedrohten Wegnahme der von der Mieterin eingebrachten Einrichtungsgegenstände.
1. Die kurze mietrechtliche Verjährung der §§ 558 Abs. 2 bzw. 548 Abs. 2 BGB gilt nach allgemeiner Meinung sowohl für die Wegnahmeansprüche selbst (§ 539 Abs. 2 BGB) wie auch für die Ansprüche auf Duldung der Wegnahme (§ 258 S. 2 BGB) nach Beendigung des Mietverhältnisses (BGH WM 87, 262; Gather, NJW 1997, 423; Gramlich in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VI Rdnr. 28 ff.; Blank/Börstinghaus, Neues Mietrecht, § 548 Rdnr. 5 sowie § 558 Rdnrn. 29–33; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rdnr. 1280, 1285; Krüger in Münchner Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 258 Rdnr. 10).
2. Nach herrschender Meinung (vgl. oben angegebene Zitate) ist für den Verjährungsbeginn des Wegnahmeanspruchs nach § 539 Abs. 2 BGB auf die rechtliche Beendigung des Mietverhältnisses, hier also das Wirksamwerden der Kündigung wie vom Senat in der Entscheidung vom 25.10.2002 festgestellt zum 31.3.2002, abzustellen. Damit begann die Verjährung zum 1.4.2002 zu laufen und endete nach 6 Monaten zum 30.9.2002. Diese von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und mietrechtlicher Literatur favorisierte Auffassung ist konsequent und richtig, weil für sie nicht nur der klare und eindeutige Wortlaut des Gesetzes (§ 548 Abs. 2 BGB n.F.), sondern auch praktische und dogmatische Erwägungen sprechen. Insbesondere kann der Vertragsbrüchige Mieter, der über die Vertragszeit nach wirksamer Kündigung hinaus die Mietsache weiterbenutzt, nicht dadurch eigenmächtig den Beginn der Verjährung hinauszögern.
3. Diese strikte Regelung über den Beginn der Verjährung des Wegnahmeanspruchs mit rechtlicher Beendigung des Mietverhältnisses muss nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch für den Duldungsanspruch aus § 258 S. 2 BGB gelten, in den sich der Wegnahmeanspruch nach Räumung und Rückgabe des Mietbesitzes wandelt (so auch Braxmeier WM, Sonderbeilage 1 1988, S. 10; Gather § 558, 61; Blank/Börstinghaus, a.a.O., § 558 Rdnr. 29–30; Wolf/Eckert/Ball, a.a.O., Rdnr. 1280; Emmerich in Staudinger, BGB, 1995, § 558 Rdnr. 49; Krüger in Münchener Kommentar, a.a.O., § 258 Rdnr. 9–10; a.M. Roquette, Das Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches, § 558, Tz 14, S. 449; Emmerich in Staudinger, a.a.O., Rdnr. 52; Palandt/Weidenkaff, 61. Aufl., § 548 Rdnr. 12), jedenfalls dann, wenn der Wegnahmeanspruch nach § 539 Abs. 2 BGB im Zeitpunkt der Räumung (hier: Februar 2003) schon verjährt war.
Dafür spricht nicht nur der klare Wortlaut des § 548 Abs. 2 BGB, sondern auch praktische und dogmatische Erwägungen stützen dieses Ergebnis: Der Duldungsanspruch aus § 258 S. 2 BGB ist lediglich ein aus dem Hauptanspruch auf Wegnahme erwachsender Annex- oder Nebenanspruch, der dessen Schicksal teilt. Der Wegnahmeanspruch wandelt sich aus faktischen Gegebenheiten (Rückgabe der Mietsache) in einen Duldungsanspruch. Damit wird lediglich der Tatsache Rechnung getragen, dass der Vermieter wieder Besitz an der Mietsache verschafft bekommen hat, so dass der ehemalige Mieter nicht mehr ohne dessen Mitwirkung den Besitz an den eingebrachten Einrichtungsgegenständen erlangen kann. Wenn der Hauptanspruch auf Wegnahme aber mit einer dauernden rechtshindernden Einrede (Verjährung) belastet ist, kann durch die (verspätete) Räumung der Neben- oder Folgeanspruch nicht unverjährt entstehen.
Dieses Ergebnis hält auch einer praktischen Billigkeitsprüfung stand:
Die Mieterin halt sich nach Feststellungen des Senats seit 1.4.2002 unberechtigt, Vertrags- und rechtswidrig in fremden, weil wirksam gekündigten Mieträumen auf. Es ist zwar ihr gutes Recht, sich auf die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung zu berufen und es auf einen durch zwei Instanzen geführten, längeren Rechtsstreit ankommen zu lassen. Es ist dann aber auch ihr eigenes Risiko, wenn die Gerichte ihr rechtskräftig bescheinigen, dass die ausgesprochene Kündigung wirksam war und sie durch die verzö...