Leitsatz (amtlich)
Wird eine Bezugsberechtigung eines Arbeitnehmers mit dessen Einverständnis auf einen Kreditgeber des Arbeitnehmers zur Sicherung seiner Rückforderungsansprüche übertragen, so erwächst im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers dem Insolvenzverwalter hieraus kein neues eigenständiges Zugriffsrecht auf den Rückkaufswert. In diesen Fällen ist die unwiderrufliche Bezugsberechtigung des Arbeitnehmers zwar eingeschränkt, nicht aber zugunsten des Arbeitgebers. Es verbleibt daher bei den (allenfalls zugunsten des Kreditgebers eingeschränkten) Ansprüchen des Arbeitnehmers auf Zahlung des Rückkaufswertes.
Normenkette
InsO §§ 47, 80, 166 Abs. 2; VVG § 166; BetrAVG §§ 1b, 2
Verfahrensgang
LG Bayreuth (Urteil vom 14.07.2005; Aktenzeichen 21 O 75/05) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG Bayreuth v. 14.7.2005 - 21 O 75/05 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, die mit Schreiben des Insolvenzverwalters Rechtsanwalt vom 7.4.2003 gekündigte Lebensversicherung Nr. ... ggü. der Klägerin zum Stichtag 1.5.2003 abzurechnen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin den sich aus der Abrechnung in Ziff. 1 ergebenden Betrag zzgl. Jahreszinsen hier aus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 18.2.2005 zu zahlen.
II. Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III.Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 10 %, die Beklagte 90 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche der Klägerin aus einem Lebensversicherungsvertrag.
Die am ... geborene Klägerin war seit 1.8.1986 bei der Firma Inh. ... in M. beschäftigt, die für ihre Mitarbeiterin bei der Beklagten eine Lebensversicherung in der Form einer Direktversicherung, Versicherungsbeginn 1.1.1992, abschloss.
Unter im Einzelnen näher bezeichneten Vorbehalten des Arbeitgebers wurde der Klägerin eine "unwiderrufliche" Bezugsberechtigung eingeräumt.
Vereinbart war u.a. auch das jederzeitige Kündigungsrecht durch den Versicherungsnehmer mit der Folge der Auszahlung des Rückkaufswertes.
im Jahr 1997 übernahm der neue Firmeninhaber ... den Betrieb der Fa.F.
Die Klägerin erhielt die Zusage einer betrieblichen Altersversorgung in Form der abgeschlossenen Direktversicherung sowohl vom ehemaligen als auch vom neuen Firmeninhaber.
Zur Sicherung eines der Klägerin von der F gewährten Darlehens unterzeichneten der Firmeninhaber und die Klägerin am 20.12.2001 eine Abtretungserklärung zugunsten des Kreditinstituts betreffend Ansprüche aus der Lebensversicherung i.H.v. 3.130Euro.
Die Abtretungsvereinbarung enthält u.a. folgende Regelungen unter Ziff. 2.2:
Die Abtretung umfasst. das Recht auf Kündigung des Vertrags und die Auszahlung des Rückkaufswertes ...
unter Ziff. 3.1:
Der Versicherungsgeber widerruft für die Dauer der Abtretung eine etwa bestehende Bezugsberechtigung, soweit sie den Rechten der Bank entgegensteht .... Wenn die Bank die abgetretenen Versicherungsansprüche freigibt, kann die Bezugsberechtigung ungehindert durch die Abtretung wieder geltend gemacht werden.
Die Beklagte bestätigte die Abtretung mit Schreiben vom 16.1.2002.
Nach Rückführung des Darlehens durch die Klägerin bestätigte die F. mit Schreiben vom 22.9.2003 die Freigabe der Sicherheit.
Bereits sieben Monate zuvor, nämlich am 28.2.2003, wurde über das Vermögen des Firmeninhabers C. bei dem AG das Insolvenzverfahren eröffnet (Az: ...), das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete insolvenzbedingt zum 30.9.2003.
Der zum Insolvenzverwalter bestellte Rechtsanwalt forderte die Beklagte mit Schreiben vom 7.4.2003 zur Auszahlung des Rückkaufswertes aus der Lebensversicherung auf.
Diesem Begehren kam die Beklagte nach und zahlte an den Insolvenzverwalter den Rückkaufswert zzgl. Überschussanteile sowie abzgl. rückständiger Beiträge und Steuern i.H.v. insgesamt 6.476,19 EUR.
Dem Verlangen der Klägerin, den ausbezahlten Betrag an sie weiterzuleiten, kam der Insolvenzverwalter nicht nach, überließ ihr jedoch mit Schreiben vom 17.6.2004 seine Rechtsstellung als Versicherungsnehmer.
Mit Schreiben vom 23.6.2004 leitete die Klägerin die Erklärung des Insolvenzverwalters an die Beklagte weiter und kündigte ihrerseits den Versicherungsvertrag.
Die Klägerin fordert nun die Abrechnung der Lebensversicherung und Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, den sich aus der Abrechnung ergebenden Betrag an sie auszuzahlen.
Die Klägerin hält ihren Anspruch schon deshalb für begründet, weil sie aufgrund ihrer Betriebszugehörigkeit eine unverfallbare Anwartschaft auf die Direktversicherung erworben habe.
Die Abtretung an die Raiffeisenbank sei mit Darlehenstilgung und Freigabe der Sicherheit im September 2003 gegenstandslos geworden.
Während der Dauer der Abtretung sei nicht der Insolvenzverwalter, sondern allenfalls die ... einziehungsbefugt gewesen.
Nach der Freigabe durch die Raiffeisenbank sei das unwiderrufliche Bezugsrecht der Kläger...