Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlerhafte, aber nicht willkürliche Verweisung einer Zivilsache an das Landwirtschaftsgericht/Rosenstöcke als wesentliche Bestandteile eines zur Rosenkultur bewirtschafteten Pachtgrundstücks/Wegnahmerecht des Pächters in einem solchen Fall
Leitsatz (amtlich)
1. Verweist das Zivilgericht den Rechtsstreit an das Landwirtschaftsgericht mit der Begründung, es handele sich um eine Streitigkeit nach § 1 Nr. 1a LwVG, so ist das Landwirtschaftsgericht hieran gebunden, auch wenn sich die Einordnung der Zivilkammer zwar als fehlerhaft, jedoch nicht als willkürlich erweist.
2. In diesem Fall kann auch die Berufung nicht darauf gestützt werden, dass das Landwirtschaftsgericht, weil es fehlerhaft von einer Bindungswirkung i.S.d. § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO ausgegangen sei, seine Zuständigkeit zu Unrecht bejaht habe.
3. Bepflanzt ein Pächter das von ihm auf 30 Jahre gepachtete landwirtschaftliche Grundstück mit Rosenstöcken, um die Blütenblätter dieser als dauerhafte Einnahmequelle bewirtschafteten Rosenkultur zu ernten und zu vermarkten, so erfolgt die Verbindung der Rosenstöcke mit dem Grund und Boden nicht nur "zu einem vorübergehenden Zweck" i.S.d. § 95 Abs. 1 S. 1 BGB.
4. Nach dem Ablauf der Pachtzeit ist der Pächter eines solchen landwirtschaftlichen Grundstücks ohnehin nach § 596 Abs. 1 BGB verpflichtet, das Grundstück mitsamt den Rosenstöcken zurückzugeben.
Normenkette
LwVG § 1 Nr. 1a; ZPO §§ 281, 513 Abs. 2; BGB § 94 Abs. 1 S. 2, § 95 Abs. 1 S. 1, §§ 591a, 596 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Würzburg (Urteil vom 20.07.2009; Aktenzeichen 17 XV 4/09) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des AG - Landwirtschaftsgericht - Würzburg vom 20.7.2009 - Az.: 17 XV 4/09 - wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens und die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % der zu vollstreckenden Beträge leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen behaupteter Zerstörung einer Anpflanzung auf einem ehemals von ihr gepachteten landwirtschaftlichen Grundstück. Sie rügt hierbei auch die erstinstanzliche Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts Würzburg.
Mit Landpachtvertrag vom 10.7.2000 pachtete die Klägerin von H., dem Bruder ihres Geschäftsführers, u.a. das 838 qm große Grundstück Fl. Nr. 1xxx der Gemarkung A. für die Dauer von 30 Jahren (bis 30.6.2030). Das Grundstück bepflanzte sie zum Zwecke der Ernte und Vermarktung von Rosenblütenblättern mit insgesamt 383 Rosenstöcken.
Im Folgejahr (2001) wurde das Zwangsversteigerungsverfahren über das Pachtgrundstück eingeleitet, im September 2003 erhielt die Gemeinde R., die nach Streitverkündung durch den Beklagten dem Rechtsstreit auf dessen Seite beigetreten ist, den Zuschlag (Zuschlagsbeschluss des AG - Vollstreckungsgericht - Würzburg vom 25.9.2003 - 3 K 4/2001). Die neue Eigentümerin kündigte gem. § 57a ZVG den mit der Klägerin bestehenden Pachtvertrag zum 30.6.2004 und schloss mit dem Beklagten am 25.6.2004 einen neuen, ab 1.7.2004 beginnenden Pachtvertrag. Das Landwirtschaftsgericht Würzburg verurteilte die Klägerin auf Antrag der Streithelferin im Verfahren Az.: 17 XV 14/04 mit Urteil vom 2.12.2004 zur Herausgabe (auch) des streitgegenständlichen Grundstücks, da die Kündigung zum 30.6.2004 wirksam sei. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin wurde mit Urteil des Senats vom 11.8.2005 - Az.: 1 U 23/05 - zurückgewiesen. In einem weiteren Rechtsstreit zwischen der Klägerin u.a. sowie dem Beklagten (LG Würzburg, Az.: 62 O 324/05) wies der 4. Zivilsenat des OLG Bamberg im Berufungsverfahren - Az.: 4 U 48/05 - durch Urteil vom 25.7.2005 den einstweiligen Verfügungsantrag der Klägerin zurück, mit dem sie ggü. dem Beklagten ein Betretungs- und Bewirtschaftungsverbot (auch) auf dem streitgegenständlichen Grundstück erwirken wollte. Die Klägerin gab das Pachtgrundstück auch weiterhin nicht freiwillig, sondern erst im Wege der Zwangsvollstreckung am 6.4.2005 heraus.
Bereits am 5.2.2005 hatte der Beklagte das streitgegenständliche Grundstück gemulcht, Ende 2005 entfernte die Klägerin die Rosenstöcke.
In ihrer bei dem LG Würzburg eingereichten Klage hat die Klägerin erstinstanzlich behauptet, der Beklagte habe im Zuge des Mulchens 89 Rosenstöcke vollständig zerstört, aber auch die nicht zerstörten hätten "stressbedingt" keine Knospen mehr getragen. Der Beklagte sei ihr daher gem. § 823 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet.
Bezüglich der Schadenshöhe hat die Klägerin einen jährlichen Ertragswert von 3 kg pro 7-jähriger Pflanze sowie einen Veräußerungswert von 60 EUR pro kg behauptet. Sie habe daher einen Ertragsverlust für 2005 i.H.v. 51.000 EUR und für 2006 i.H.v. 36.960 EUR erlitten. Außerdem habe sie Neuanschaffungsko...