Verfahrensgang

LG Würzburg (Aktenzeichen 23 O 817/20)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 18.08.2020, Az. 23 O 817/20, wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Dieses Urteil und das in Ziffer I. genannte Urteil des Landgerichts Würzburg sind vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

B. Die Berufung des Klägers ist zulässig. In der Sache hat die Berufung indes keinen Erfolg.

I. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 1) auf Rückzahlung des beim Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs entrichteten Kaufpreises (Zug um Zug gegen Nutzungsersatz und Rückkaufpreis aus verbrieftem Rückgaberecht).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 1) auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 142, 123 BGB. Die vom Kläger primär erklärte Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung greift nicht durch. Ein arglistiges Verschweigen des Vorhandenseins der unzulässigen Abschalteinrichtung durch die Beklagte zu 1) behauptet der Kläger nicht. Anders als der Kläger meint, ist der Beklagten zu 1) als selbständiger Vertragshändlerin ein etwaiges arglistiges Fehlverhalten von Mitarbeitern der Beklagten zu 2) als Herstellerin des Motors des Typs EA 288 (Euro 6) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zuzurechnen. Insbesondere ist die Beklagte zu 2) im Rechtsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1) Dritte i.S.v. § 123 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, Beschluss vom 09.06.2020, Az. VIII ZR 315/19, Rn. 17, juris).

2. Der Fahrzeugkaufvertrag vom 25.09.2017 ist nicht gem. § 134 BGB i.V.m. § 27 EG-FGV nichtig. Die Vorschrift des § 27 EG-FGV ist kein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB (OLG Koblenz, Urteil vom 8.02.2021, Az. 12 U 471/20, Rn. 67, beck-online; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 30.11.2020, Az. 4 U 105/19, Rn. 32, juris; OLG Hamm, Urteil vom 1.04.2020, Az. 30 U 33/19, Rn. 61, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 10.03.2021, Az. 17 U 21/19, Rn. 71, juris).

3. Soweit der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 25.09.2019 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hat, dies "wegen Unzumutbarkeit einer Nacherfüllung i.S.d. § 440 BGB" ohne Fristsetzung, vermag er sein Klageziel ebenfalls nicht zu erreichen.

Es steht dem allerdings, anders als das Landgericht gemeint hat, nicht die Einrede der Verjährung entgegen. Maßgeblich ist die zweijährige Verjährungsfrist nach §§ 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4, 218 BGB. Der Rücktritt wurde am letzten Tag dieser Frist "vorab per Fax" erklärt (vgl. Anlage K 51; BGH NJW 07,674).

Allerdings weist das klagegegenständliche Fahrzeug nicht den vom Kläger behaupteten Mangel auf. Dabei kann es dahinstehen, was es mit den (behauptet eingebauten) Thermofenstern, dem Steuergerät Engine Control Unit oder Electronic Control Module, welches zwischen den Scheibenwischern unter der Frontscheibe sitzen soll, der vom Kläger als "Aufwärmstrategie" bezeichneten Umstände, die "auffällig" sein sollen, dem On-Board-Diagnosesystem, dem Umstand, dass die Batterie erst 20 Minuten nach Fahrzeugstart zu laden beginne, der beanstandeten Einstellung zur AdBlue-Zufuhr, dem Getriebe und der Schaltung auf sich hat. Die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB fehlte deshalb nicht, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde (§ 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV) - anders als bei den Motoren des Typs EA 189 - (vgl. BGH, Beschluss vom 08.01.2019, Az. VIII ZR 225/17) - nicht besteht und somit bei Gefahrübergang der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr gewährleistet war. Dies ergibt sich aus den Stellungnahmen des KBA auf zahlreiche Amtsanfragen von deutschen Gerichten, die die Beklagte zu 2) (auszugsweise) vorgelegt hat.

4. Außerdem stellt sich das Verhalten des Klägers nach Anfechtung des Kaufvertrags (und Rücktritt) als widersprüchlich insoweit dar, als er das streitgegenständliche Fahrzeug unter Ausübung seines verbrieften Rückgaberechts unter den Bedingungen dieser Vereinbarung im September 2020 an die Beklagte zu 1) zurückgegeben hat. Dem verbrieften Rückgaberecht liegt eine Vereinbarung zwischen der Beklagten zu 1) als Verkäuferin und dem Kläger zugrunde, wonach sich die Verkäuferin zum Rückkauf des Fahrzeugs zu einem bestimmten Preis zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Schlussrate verpflichtet hatte. Die Beklagte zu 1) hatte sich mit Urkunde vom 19.05.2017, also bereits im Zuge der Beantragung einer Finanzierung, zur Rückzahlung der Schlussrate aus dem Darlehen des Klägers bei der X. Bank verpflichtet. Bei dem verbrieften Rückgaberecht handelt es sich um ein Erfüllungssurrogat betreffend der Schlussrate. Die Beklagte zu 1) hatte es dem Kläger als Teil der vertraglichen Vereinbarungen angeboten und der ...

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