Entscheidungsstichwort (Thema)
Jagd: "Hochwildrevier"
Leitsatz (amtlich)
1. Ein erst im Laufe der Pachtzeit eingetretener Wegfall der Eigenschaft eines Jagdpachtreviers als "Hochwildrevier" stellt zwar einen Mangel der Pachtsache i.S.d. § 581 Abs. 1 und 2 iVm § 536 BGB dar. Daraus lassen sich aber nicht schon grundsätzlich und in jedem Fall Ansprüche der Pächterseite im Sinne dieser Vorschriften herleiten.
2. Mit dem Abschluss eines Jagdpachtvertrages für ein Hochwildrevier gehen die den Eigentümer als Eigenjagdbesitzer treffenden Pflichten zum Erhalt des Wildbestandes auf den Pächter über. Die Pächterseite setzt sich daher dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung aus, wenn sie sich wegen des nachträglichen Wegfalls der Eigenschaft "Hochwildrevier" auf einen "Fehler der Pachtsache" beruft, obwohl dieser Wegfall durch Umstände bedingt ist, die der Verpächter nicht zu vertreten hat.
Normenkette
BGB §§ 581, 536; BJagdG § 1 Abs. 1-2, § 2 Abs. 4; BayJG Art. 14 Abs. 2; AVBayJG § 8
Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Urteil vom 04.10.2006; Aktenzeichen 3 O 566/05) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Aschaffenburg vom 4.10.2006 - Az. 3 O 566/05 - in Ziff. IV. abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf die Eventualwiderklage hin wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Jagdpachtvertrag über das Jagdrevier "Eigenjagdbezirk N." zum 31.3.2008 endet.
Im Übrigen wird die Eventualwiderklage abgewiesen.
II Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 57 %, die Beklagte 43 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 2/3, die Beklagte 1/3.
IV Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 EUR, für den Kläger - hinsichtlich der Kostenentscheidung - gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
V Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Parteien streiten um Pachtzinshöhe und Laufzeit eines Jagdpachtvertrages.
Der Kläger ist ab 1.4.2004 auf Pächterseite in den vom Vorpächter S. mit der Beklagten am 10.3.1998 geschlossenen Jagdpachtvertrag für den Eigenjagdbezirk der ehemals selbständigen Gemeinde N. eingetreten. Der 195 Hektar große Bezirk wurde als sog. "Hochwildrevier" für 12 Jahre (1.4.1998-31.3.2010) mit einem jährlichen Pachtzins von 6.825 DM (entspricht 3.489,57 EUR) verpachtet.
§ 1 Abs 1 des Vertrages enthält die Regelung dass das Jagdrevier ohne Gewähr für die Größe und Ergiebigkeit der Jagd verpachtet werde.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, der Bezirk sei seit 1.4.2004 kein Hochwild-, sondern nur noch ein Niederwildrevier, für das die Beklagte nur noch einen jährlichen Pachtzins von 3 EUR pro Hektar, d.h. insgesamt 585 EUR beanspruchen könne. Er sei daher berechtigt, den für den Zeitraum 1.4.2004 bis 31.3.2006 zu viel bezahlten Pachtzins zurückzuverlangen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
1. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.809,14 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.4.2005 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass das vom Kläger von der Beklagten angemietete Jagdrevier "Eigenjagdbezirk N.", Eigenjagdrevier der ehemaligen Gemeinde N., jetzt Ortsteil der Stadt S. (Gemeindewald), ein Niederwildrevier ist, für das der angemessene Pachtzins 3 EUR pro Hektar beträgt.
Die Beklagte hat kostenpflichtige Klageabweisung und im Wege der Eventualwiderklage beantragt festzustellen, dass der Jagdpachtvertrag zwischen den Parteien zum 31.3.2007 endet.
Die Beklagte hat erstinstanzlich die klägerische Behauptung, wonach es sich bei dem Jagdbezirk seit 1.4.2004 nur noch um ein Niederwildrevier handle, bestritten Für den Fall, dass das Gericht dies dennoch annehme, habe jedoch auch die Beklagte einen Anspruch auf Vertragsanpassung hinsichtlich der Vertragsdauer, da Jagdpachtverträge für Niederwildreviere grundsätzlich nur mit einer Laufzeit von 9 Jahren abgeschlossen würden.
Das LG Aschaffenburg hat der Klage mit Endurteil vom 4.10 2006 teilweise stattgegeben Aufgrund durchgeführter Beweisaufnahme stand für das LG fest, dass es sich tatsächlich nur noch um ein sog. Niederwildrevier handle, für das der angemessene Pachtzins jedoch nicht lediglich und wie vom Kläger beantragt 3 EUR, sondern 11,25 EUR pro Hektar betrage. In dieser Höhe hat das Gericht dem Feststellungsantrag entsprochen, außerdem die Beklagte zur Rückzahlung zu viel bezahlten Pachtzinses i.H.v. 2.591,64 EUR verurteilt.
Hingegen hat das Erstgericht der Eventualwiderklage der Beklagten in vollem Umfang stattgegeben. Nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage habe eine Vertragsanpassung zu erfolgen, da Verträge über Niederwildreviere üblicherweise nur für die Dauer von 9 Jahren abgeschlossen würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der Entscheidungsgründe erster Instanz wird auf Tatb...