Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungs- und Beweislast; treuwidrige Vereinnahmung eines Kundenschecks
Leitsatz (amtlich)
1. Hat das Erstgericht eine - (unter dem Gesichtspunkt der vertraglichen Einstandspflicht) nach Grund und Höhe unbestrittene - Klageforderung zugesprochen, ohne die Aufrechnung des Beklagten mit Gegenansprüchen in gleicher Höhe zuzulassen, so kann das Berufungsgericht, wenn es das vom Erstgericht angenommene Zulassungshindernis verneint, aber die aufgerechneten Gegenforderungen nicht für spruchreif hält, Vorbehaltsurteil erlassen und in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 ZPO den Rechtsstreit wegen des Nachverfahrens an die erste Instanz zurückverweisen (in Abgrenzung zu OLG Düsseldorf v. 19.12.2000 - 21 U 38/00, OLGReport Düsseldorf 2001, 109 = NJW-RR 2001, 882 [885]).
2. Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, wenn der wegen treuwidriger Vereinnahmung eines Kundenschecks auf Schadensersatz in Anspruch genommene (Mit-)Geschäftsführer einer GmbH gegen die vorrangig auf den Tatbestand der Untreue (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB) gestützte Klageforderung mit Gehalts- bzw. (arbeitsrechtlichen) Lohnansprüchen aufrechnet.
Verfahrensgang
LG Würzburg (Urteil vom 30.10.2003; Aktenzeichen 62 O 248/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG Würzburg vom 30.10.2003 wie folgt abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 14.094 Euro zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2003 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Vorbehalten bleibt die Entscheidung über die Aufrechnung des Beklagten mit Gegenansprüchen bis zur Höhe der Klageforderung, die sich aus Lohn- bzw. sonstigen Gehaltsansprüchen aus einem Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis zwischen dem 15.1.2002 und dem 20.1.2003 (einschließlich einer etwaigen Vergütungsforderung aus der Anstellung als Mitgeschäftsführer der Klägerin für die Zeit zwischen dem 1.10.2002 und dem 20.1.2003) zusammensetzen.
II. Im Umfang der Abänderung wird der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellten - vorbehaltenen - Gegenforderungen an das LG Würzburg zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die klagende GmbH macht einen nach Grund und Höhe an sich unstreitigen Anspruch auf Schadensersatz geltend, der sich daraus ergibt, dass der Beklagte in seiner Eigenschaft als damaliger Mitgeschäftsführer der GmbH einen von ihm am 10.1.2003 entgegengenommenen Kundenscheck über 14.094 Euro zugunsten eines Privatkontos eingelöst und den Scheckbetrag auch im Nachhinein der Klägerin nicht zur Verfügung gestellt hat.
Wie schon vorgerichtlich hat sich der Beklagte bereits in der Klageantwort im Wesentlichen damit verteidigt, dass er abgesehen von seiner späteren Tätigkeit als Mitgeschäftsführer aufgrund einer bereits im Rahmen der Firmengründung getroffenen Anstellungsvereinbarung bereits ab etwa Mitte Januar/Anfang Februar 2002 für das klägerische Transportunternehmen als Lkw-Fahrer tätig gewesen sei. Da ihm die Klägerin jedoch auch nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer am 1.10.2002 die vereinbarte Entlohnung von monatlich (netto) 2.250 Euro bis auf eine einzige Zahlung in dieser Höhe schuldig geblieben sei, habe ihm nur der Weg offen gestanden, den gegenständlichen Kundenscheck einzubehalten und die Schecksumme mit seinen fälligen Gehaltsansprüchen zu verrechnen, die sich inzwischen auf (12 × 2.250 Euro abzgl. der Einmalzahlung von 2.250 Euro =) 24.750 Euro belaufen hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen Vorbringens der Parteien sowie der von ihnen gestellten Anträge und des Verfahrensgangs in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Das LG hat mit Endurteil vom 30.10.2003 der Klage - bis auf Abstriche von der Nebenforderung - stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB begründet, weil der Beklagte durch die Vereinnahmung des Schecks eine Untreue begangen habe. Die Aufrechnungseinrede des Beklagten sei nicht zuzulassen, da gem. § 393 BGB gegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung nicht aufgerechnet werden könne.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag unverändert weiterverfolgt.
Zur Begründung seines Rechtsmittels vertieft und ergänzt der Beklagte vor allem sein zur Aufrechnungseinrede unterbreitetes Vorbringen, welches er insb. auch hinsichtlich der mit dem jetzigen Geschäftsführer der Klägerin getroffenen Vereinbarungen präzisiert und mit weiteren Beweisangeboten untermauert.
Im Senatstermin hat der Beklagtenvertreter hilfsweise zugleich die Zurückverweisung des Rechtsstreits bezüglich der Aufrechnungsforderung beant...