Entscheidungsstichwort (Thema)
Führen des Titels "Dr." irreführend i.S.d. § 5 Nr. 3 UWG, wenn akad. Grad "koktor práv" (JUDr) in Slowakei erworben wurde
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Bamberg vom 15.12.2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 10.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs als Rechtsanwalt im Geschäftsverkehr mit der Abkürzung "Dr." zu werben.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin 1/4 und der Beklagte 3/4 zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte im Rahmen seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt den Titel "Dr." führen darf.
Der Beklagte ist in ... als Rechtsanwalt zugelassen und führt eine Rechtsanwaltskanzlei. Am 19.7.2006 erwarb er an der Juristischen Fakultät der Comenius-Universität Bratislava, Slowakei, den Akademischen Grad "doktor práv" (JUDr). Seit August 2006 verwendete er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit die Bezeichnung "Dr.".
Die Klägerin hat den Beklagten nach vorangegangener Abmahnung auf Unterlassung der Titelführung "Dr." in Anspruch genommen. Sie ist der Ansicht, die Verwendung des Titels sei unlauter und irreführend.
Wegen der weiteren Einzelheiten und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das LG hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Die Klägerin sei gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert.
Ein Unterlassungsanspruch sei gem. §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 UWG gegeben.
Die angesprochenen Verkehrskreise nähmen an, dass hinter dem Titel eine dem deutschen Titel gleichwertige wissenschaftliche Qualifikation stehe. Das sei nicht nachgewiesen. Aus Art. 4 Abs. 2 des deutsch-slowakischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung der "Gleichwertigkeit von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich" vom 23.11.2001 (BGBl. 2004 Teil II, 489 ff.) ergebe sich vielmehr, dass dieser Titel erst zu einer Promotion berechtige. Nach den vorgelegten Unterlagen sei der Titel nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation zuzuordnen.
Ob der Beklagte gem. Art. 68 Bayerisches Hochschulgesetz (BayHSchG) berechtigt sei, den Titel zu führen, sei von untergeordneter Bedeutung.
Nach Art. 68 BayHSchG i.V.m. dem Beschluss der Kultusministerkonferenz (i.F. KMK-Beschluss) vom 21.9.2001 in der bis 5.7.2007 gültigen Fassung sei die Titelführung nur Inhabern von in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren erworbenen Doktorgraden erlaubt. Für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung sei ohne Bedeutung, ob dies hier der Fall sei.
Der Anspruch der Klägerin widerspreche nicht dem Recht der Europäischen Gemeinschaft, denn es stehe dem Beklagten frei, den Titel in der erworbenen Form zu führen. Der Anspruch sei auch nicht verjährt oder verwirkt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.
Er ist der Ansicht, er sei berechtigt, den Titel in der Form "Dr." zu führen.
Der über Art. 68 Abs. 4 BayHSchG vorrangig anzuwendende KMK-Beschluss vom 21.9.2001 (Anlage K 11) sehe in Ziff. 2. vor, dass in EU-Staaten erworbene Doktorgrade mit der Abkürzung "Dr." ohne fachlichen Zusatz und Herkunftsbezeichnung geführt werden dürfen, es sei denn, es handle sich - wie hier nicht - um sog. Berufsdoktorate. Dem Titel liege auch ein wissenschaftliches Verfahren zugrunde. Insoweit verweist der Beklagte auf die Rechtsansicht des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst.
Der Anwendung des einschränkenden KMK-Beschluss vom 5.7.2007 (Anlage K 13) stehe das Rückwirkungsverbot entgegen.
Das LG habe keine Feststellungen zu der Behauptung des Beklagten getroffen, "Dr." sei in der Slowakei eine gebräuchliche Abkürzung für "doktor práv" oder "JUDr."
Das LG habe unter Übergehung von Beweisanträgen den erworbenen Titel der zweiten Ebene der Bologna-Klassifikation zugeordnet. Der Beklagte meint, hierzu seien der Rektor, der Dekan und Prof. JUDr ... von der ... als Zeugen zu hören gewesen.
In Bezug auf wettbewerbsrechtliche Fragen liege keine eigene Sachkunde des Gerichts vor.
Es fehle auch eine Auseinandersetzung mit der wettbewerblichen Relevanz des beanstandeten Verhaltens.
Die Klägerin sei für den gestellten Klageantrag nicht aktivlegitimiert. Dieser gehe zu weit und sei unzulässig. Auch sei ein eventueller Anspruch verwirkt.
Ferner beanstandet der Beklagte, dass sich das LG nicht mit der Frage einer Vorabentscheidung des EuGH auseinandergesetzt habe.
Der Beklagte beantragt:
1. Das Urteil des LG Bamberg vom 15.12.2010 - 2 O 189/09, wird aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt zuletzt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagte verurteilt wird, es bei Vermeidung eines für jeden Fal...