Entscheidungsstichwort (Thema)
Deklaratorisches Anerkenntnis im Werkvertrag
Leitsatz (amtlich)
Vom Bauherrn unterzeichnete Regiezettel stellen, wenn sie den Anforderungen des § 15 Nr. 3 VOB/B genügen, ein deklaratorisches Anerkenntnis dar, wogegen dem Bauherrn der Beweis offen steht, dass
- die Arbeiten überhaupt nicht ausgeführt wurden
- nicht mit dem abgerechneten Zeitaufwand, bzw.
- dass sie mit diesem Aufwand nicht notwendig waren.
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Urteil vom 09.03.2000; Aktenzeichen 23 O 131/96) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG Schweinfurt vom 9.3.2000 abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 907,40 Euro nebst 4 % Zinsen hieraus seit 21.9.1995 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten werden zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 85 % und der Beklagte 15 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 6.129,35 Euro festgesetzt. Die Beschwer der Klägerin beträgt 5.566,42 Euro, die des Beklagten 562,93 Euro.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche der Klägerin wegen Bauarbeiten, die sie an der bergseits gelegenen Außenwand des Anwesens des Beklagten ausgeführt hat.
Die Klägerin hat unter dem 27.7.1995 22.987,97 DM abgerechnet (Bl. 11-13). Der Beklagte zahlte 11.000 DM; der Rest ist Gegenstand des Rechtsstreits.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des LG Schweinfurt vom 9.3.2000 Bezug genommen.
Das LG hat der Klage lediglich i.H.v. 1.101 DM nebst 4 % Zinsen seit 21.9.1995 stattgegeben, sie im Übrigen abgewiesen und hierbei der Klägerin sämtliche Kosten auferlegt.
Das Urteil wurde der Klägerin am 14.3.2000 zugestellt. Sie hat am 10.4.2000 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 8.6.2000 begründet.
Die Klägerin beanstandet im Wesentlichen, dass das Erstgericht nicht von den auf unterzeichneten Stundenlohnzetteln ausgewiesenen Tätigkeitszeiten ausgegangen sei. Sie meint, ein Gutachten sei überhaupt nicht erforderlich gewesen. Arbeitszeiten für die Beseitigung von der Klägerin selbst verursachteter Schäden seien nicht auf Stundenzetteln festgehalten worden. Das vom Gericht eingeholte Gutachten sei mangels Abhaltung eines Ortstermins unzutreffend und auch im Übrigen unrichtig.
Die Klägerin beantragt:
Das Endurteil des LG Schweinfurt, Az.: 23 O 131/96, vom 9.3.2000 wird dahin gehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 11.987,97 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 21.9.1995 zu bezahlen.
Der Beklagte verteidigt das Ersturteil und beantragt im Wege der Anschlussberufung:
1. Das Urteil des LG Schweinfurt wird in Ziff. 1. aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin 1.101 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 21.9.1995 zu zahlen.
2. Die Klage der Klägerin wird abgewiesen.
Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor, die Klägerin habe einen Höchstpreis i.H.v. 11.307 DM zugesagt. Den vorliegenden schriftlichen Vertrag habe er wegen Irrtum und Täuschung wirksam angefochten. Die von der Klägerin abgerechneten Massen seien überhöht.
Die Klägerin beantragt, die Anschlussberufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten, insb. der geäußerten Rechtsansichten, wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. ... vom 7.3.2003 und die Ergänzungsgutachten vom 20.5.2003 und vom 21.11.2003 (Bl. 340-363, Bl. 375-379 und Bl. 417-420 d.A.) verwiesen.
Ferner wurden folgende Zeugen vernommen:
... und ...
Insoweit wird wegen des Beweisergebnisses auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlungen vom 21.3.2001 und vom 17.12.2003 verwiesen (Bl. 302-305 und Bl. 436-450 d.A.).
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 517, 519, 520, 522 Abs. 1 ZPO). Die Anschlussberufung des Beklagten ist ebenfalls zulässig.
In der Sache hat das Rechtsmittel der Klägerin nur in geringem Umfang Erfolg. Auf ihre Berufung sind der Klägerin über den Betrag im Urteil 1. Instanz hinaus weitere 673,72 DM (= 344,47 Euro) Zinsen zuzusprechen.
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig ein Werkvertrag geschlossen worden. Die Leistung der Klägerin wurde erbracht und abgenommen. Grundlage des Werklohnanspruchs der Klägerin ist daher § 631 BGB a.F. Dabei kann offen bleiben, ob und ggf. in welchem Umfang die Geltung der VOB/B wirksam vereinbart worden ist.
2. Der Vertrag ist nicht durch Anfechtung des Beklagten mit Wirkung von Anfang an unwirksam geworden. Durch die Beweisaufnahme wurde das Vorliegen eines Anfechtungsgr...