Leitsatz (amtlich)

Vorlage an den Bundesgerichtshof zur Beantwortung der rechtsgrundsätzlichen Frage, ob im Rechtshilfeverkehr mit der Republik Polen die Verfolgungsverjährung nach deutschem Recht der Auslieferung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls entgegen steht, wenn nach polnischem Recht keine Verfolgungsverjährung eingetreten ist (beabsichtigte Abweichung von OLG Düsseldorf NStZ-RR 2007, 113 f. und OLG Nürnberg, Beschl. vom 01.06.2007 - 1 OLG Ausl. 169/06)

 

Tatbestand

I.

Die GenStA hat am 23.05.2007 beantragt, gegen den Verfolgten zur Vorbereitung seiner Auslieferung an die Republik Polen zur Strafverfolgung wegen der im Europäischen Haftbefehl des Bezirksgerichts Legnica vom 09.03.2007 beschriebenen Straftaten die Auslieferungshaft anzuordnen und diese an die Republik Polen für zulässig zu erklären. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass die polnischen Behörden um Auslieferung des Verfolgten zur Strafverfolgung ersucht haben. Es wurde ein Europäischer Haftbefehl des Bezirksgerichts Legnica vom 09.03.2007 übersandt, dem ein nationaler Haftbefehl des AG Jawor vom 06.12.2004 gegen den Verfolgten wegen einer Straftat gegen die Verkehrssicherheit gemäß Art. 177 § 2 des polnischen StGB (bzw. Art. 145 § 2 des polnischen StGB a.F.) zugrunde liegt. Hinsichtlich der Zulässigkeitserklärung hat die GenStA unter Bezugnahme auf ihre Entschließung vom 23.05.2007, wonach sie nicht beabsichtige, Bewilligungshindernisse gem. § 83 b I IRG geltend zu machen, beantragt, die Entscheidung bis zur richterlichen Anhörung des Verfolgten hierzu zurückzustellen. Der Verfolgte soll am 14.08.1992 auf der Autobahn mit seinem PKW Opel infolge der Nichtbeachtung der erforderlichen Vorsicht auf die linke Fahrspur gekommen sein und dabei mit dem entgegenkommenden - von J. gelenkten - Fahrzeug Peugeot zusammengestoßen sein. Dabei wurden die Ehefrau und der Sohn des Verfolgten getötet und die drei Insassen des Peugeot schwer verletzt.

Der Verfolgte wurde am 22.05.2007 vorläufig festgenommen und am selben Tag zum Europäischen Haftbefehl vernommen. Dabei erklärte er sich nicht mit der vereinfachten Auslieferung an die Republik Polen einverstanden und verzichtete auch nicht auf die Einhaltung des Grundsatzes der Spezialität. Die Ermittlungsrichterin des AG erließ am 22.05.2007 Festhalteanordnung gegen den Verfolgten.

Auf Antrag der GenStA hat der Senat am 25.05.2007 Auslieferungshaft gegen den Verfolgten angeordnet. Die Auslieferung richtet sich nach dem Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Gemeinschaften über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (RbEuHB) vom 13.06.2002 und nach dem Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EuHbG) vom 20.07.2006. Außerdem findet nach Maßgabe von § 1 IV IRG das Europäische Auslieferungsübereinkommen (EuAlÜbk) vom 13.12.1957 mit dem hierzu abgeschlossenen 2. Zusatzprotokoll (2. ZP-EuAlÜbk) sowie das Abkommen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Ergänzung des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 17.07.2003 (in Kraft getreten am 04.09.2004; BGBl. 2004 II, 522; 1339) Anwendung. Die polnischen Behörden haben einen Europäischen Haftbefehl (§ 83 a I IRG) übermittelt, der den Voraussetzungen, die in dieser Vorschrift genannt sind, entspricht. Dieser Europäische Haftbefehl wurde dem Verfolgten eröffnet.

Die dem Verfolgten zur Last liegenden Straftaten sind sowohl nach polnischem Recht gemäß Art. 177 § 2 des polnischen StGB (bzw. Art. 145 § 2 des polnischen StGB a.F.) als auch nach deutschem Recht gemäß §§ 222, 229, 52 StGB jeweils mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von über einem Jahr bedroht. Die Auslieferungsfähigkeit ergibt sich aus Art. 1 II, Art. 2 I des Rahmenbeschlusses des Rates über den Europäischen Haftbefehl vom 13.06.2002. Der Auslieferung steht auch kein Hindernis nach § 80 I Nr. 2 IRG entgegen. Zwar ist der Verfolgte deutscher Staatsangehöriger und seine Auslieferung zur Strafverfolgung ist nach § 80 I Nr. 2 IRG nur zulässig, wenn gesichert ist, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbieten wird, den Verfolgten auf seinen Wunsch zur Vollstreckung in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zurückzuüberstellen. Eine entsprechende Zusicherung der polnischen Behörden liegt zwar noch nicht vor. Die GenStA hat aber mitgeteilt, dass eine Bewilligung der Auslieferung nur unter der Bedingung der Rücküberstellung des Verfolgten zur Strafverfolgung auf dessen Wunsch erfolgen wird. Eine Rücküberstellung des Verfolgten erscheint deshalb gesichert.

Im Beschluss vom 25.05.2007 hatte der Senat noch die Auffassung vertreten, es seien keine sonstigen Umstände ersichtlich, die der Auslieferung entgegenstehen könnten. Insbesondere ergäben sich solche Umstände nicht aus § 9 Nr. 2 IRG. Dass die sich nach deutschem Recht (§§ 78 III Nr....

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