Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsvertrag: Wirksamkeit einer Kündigung durch den Versicherungsnehmer bei unterbliebener Kündigungsbestätigung durch den Versicherer
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Wirksamkeit einer durch den Versicherungsnehmer erklärten Kündigung des Versicherungsvertrages bedarf es keiner Bestätigung der Kündigung durch den Versicherer.
2. Eine Nebenpflicht des Versicherers aus dem Vertragsverhältnis, die Kündigung des Versicherungsvertrages von sich aus zu bestätigen, besteht nicht.
3. Hat der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag gekündigt, so trifft den Versicherer aus dem Grundsatz von Treu und Glauben keine Hinweispflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer bezüglich dessen Versicherungsstatus oder eines etwa fehlenden Versicherungsschutzes.
Normenkette
BGB §§ 130, 242; VVG §§ 6-7, 11
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Urteil vom 10.07.2018; Aktenzeichen 7 O 3818/16) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 10.07.2018 (7 O 3818/16) gemäß § 522 Abs. 2 ZO durch Beschluss als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
I. Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Zahlungsanspruch aus § 1 Satz 1 VVG i.V.m. dem zwischen den Parteien zum 26.06.2014 geschlossenen Versicherungsvertrag über eine Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung zu, da das hier streitgegenständliche Unfallgeschehen vom 11.03.2016 in unversicherter Zeit eingetreten ist. Der Versicherungsvertrag ist aufgrund der Kündigung der Klägerin vom 19.11.2014 wirksam mit Ablauf des 26.06.2015 beendet worden.
a. Die Kündigungserklärung stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dar, die erst mit Zugang bei dem richtigen Erklärungsempfänger - dem Vertragspartner - wirksam wird (§ 130 BGB; vgl. Rixecker in: Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl., § 11 Rn. 10). Die Kündigung stellt ein Gestaltungsrecht dar (Fausten in: MünchKomm-VVG, 2. Aufl. 2016, § 11 Rn. 96), das nach seinem Zugang unwiderruflich ist (BGH, Urteil vom 03. Oktober 1984 - IVa ZR 76/83 -, juris, Rn. 22, OLG Karlsruhe, Urteil vom 06. November 1980 - 12 U 154/79 -, juris; Rixecker in: Langheid/Rixecker, a.a.O., § 11 Rn. 12).
Das wirksam gekündigte Versicherungsverhältnis lebt nur dann wieder auf, wenn beide Vertragspartner dies vereinbaren (BGH, Urteil vom 03. Oktober 1984, a.a.O.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 06. November 1980 - 12 U 154/79, VersR 1981, 646). Dies ist auch noch dann möglich, wenn die Wirkungen der Kündigung bereits eingetreten sind (Muschner in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 3. Aufl., § 11 Rn. 31). Erklärt der Versicherungsnehmer die "Rücknahme" der Kündigung, so liegt darin ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages, mit dem die Fortsetzung des früheren Versicherungsverhältnisses geregelt werden soll (Rixecker in: Langheid/Rixecker, a.a.O., § 11 Rn. 12 m.w.N.; Fausten in: MünchKomm-VVG, a.a.O., § 11, Rn. 154). Hierzu bedarf es der Annahme durch den Versicherer, die auch konkludent erklärt werden kann (Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, a.a.O.; Muschner in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, a.a.O., Rn. 32).
b. Vorliegend hat die Klägerin das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 19.11.2014 "zum Vertragsablauf" gekündigt. Der Vertragsablauf datierte unstreitig auf den 27.06.2015, 00.00 Uhr.
Diese Kündigung ist der Beklagten auch unstreitig zugegangen und damit wirksam geworden.
Einer Bestätigung der Kündigung seitens der Beklagten bedurfte es nicht.
Die Kündigung qualifiziert sich, wie bereits angemerkt, als einseitige empfangsbedürftige und gleichzeitig rechtsgestaltende Willenserklärung. Demgemäß ist der Versicherer nicht gehalten, gegenüber dem Versicherungsnehmer zu bestätigen, er habe dessen Kündigung erhalten oder erkenne diese als wirksam zu einem bestimmten Zeitpunkt an (Fausten in: MünchKomm-VVG, a.a.O., Rn. 117; Ebnet, NJW 2006, 1697, 1698). Eine derartige Verpflichtung lässt sich auch nicht als Nebenpflicht aus dem Vertragsverhältnis ableiten (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 11. Oktober 1995 - 16 W 222/95 -, juris). Es ist ureigene Aufgabe des Versicherungsnehmers, hinsichtlich der wirksamen Vertragsbeendigung für klare Verhältnisse zu sorgen und gegebenenfalls beim Versicherer nachzufragen (Ebnet, a.a.O.).
c. Eine Vereinbarung über eine Fortsetzung des Versicherungsvertrages trotz erfolgter Kündigung ist zwischen den Parteien nicht geschlossen worden.
aa. Ein derartiger Vertragsschluss kann nicht in der Übersendung des Nachtrags zur Kfz-Versicherung vom 15.04.2015 erblickt werden. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe den Nachtrag zur Kfz-Versicherung vom 15.04.2015 nur dahingehend verstehen können, weiterhin bei der Beklagten versichert zu sein, so steht dem entgegen, dass dieser Nachtrag nach unbestrittenem Vortrag der Beklagten auf die Anforderung der Klägerin hin erfolgte und nicht etwa auf Initiative der Beklagten. In diesem Nachtrag wi...