Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt hat gegen die Staatskasse auch dann einen Anspruch auf Festsetzung der Umsatzsteuer, wenn die von ihm vertretene Partei vorsteuerabzugsberechtigt ist.
Normenkette
ZPO §§ 45, 55, 104 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Göttingen (Entscheidung vom 19.05.2017; Aktenzeichen 8 OH 19/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Göttingen vom 19.05.2017 geändert.
Auf die Erinnerung des Antragstellers wird die ihm gemäß § 49 RVG aus der Staatskasse zu zahlende Prozesskostenhilfevergütung auf 1.459,77 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Auf Antrag der A. GmbH vom 21.08.2013 wurde vor dem Landgericht Göttingen gegen die W. GmbH ein selbständiges Beweisverfahren zum Vorhandensein und zu den Ursachen von Schwinderscheinungen eines Bodenbelages geführt. Durch Beschluss vom 24.09.2014 wurde über das Vermögen der A. GmbH sodann das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. X zum Insolvenzverwalter bestimmt.
Dem Insolvenzverwalter wurde durch Beschluss des Landgerichts Göttingen vom 14.01.2016 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten, des Antragstellers, bewilligt. Zahlungsraten wurden nicht festgesetzt.
Mit Beschluss vom 28.03.2017 hat das Landgericht dem Insolvenzverwalter auf Antrag der dortigen Antragsgegnerin eine Frist zur Erhebung der Hauptklage gegen diese bis zum 02.05.2017 gesetzt. Eine Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nach § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO ist bislang nicht ergangen.
Der von dem Antragsteller vertretene Insolvenzverwalter ist vorsteuerabzugsberechtigt.
Mit Schriftsatz vom 21.03.2017 (Bl. 15 d. PKH-Heftes) hat der Antragsteller die Festsetzung seiner Gebühren in Höhe von 1.226,70 EUR zzgl. 233,07 EUR Mehrwertsteuer, mithin insgesamt 1.459,77 EUR, beantragt.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts hat mit Verfügung vom 27.03.2017 die an den Antragsteller zu zahlende PKH-Anwaltsvergütung auf 1.226,70 EUR festgesetzt (Bl. 18 d. PKH-Heftes). Mit Schreiben vom 27.03.207 (Bl. 19 f. d. PKH-Heftes) hat sie dem Antragsteller diese Festsetzung mitgeteilt und darauf hingewiesen, dass die vom beigeordneten Rechtsanwalt geltend gemachte Umsatzsteuer in Höhe von 233,07 EUR abzusetzen gewesen sei, da die vertretene bedürftige Partei zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.
Hiergegen hat sich der Antragsteller mit Schriftsatz vom 11.04.2017 (Bl. 23 ff. d. PKH-Heftes) gewandt. Daraufhin hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts durch Beschluss vom 19.04.2017 (Bl. 29 d. PKH-Heftes) dem Prozesskostenhilfeerstattungsantrag des Antragstellers vom 21.03.2017 "teilweise stattgegeben" und zugleich hinsichtlich der Erstattung der Mehrwertsteuer zurückgewiesen. Zur Begründung der Ablehnung der Erstattung der Umsatzsteuer hat sie ausgeführt, es bestehe kein Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts auf Erstattung gegenüber der Landeskasse, weil der Kläger (gemeint ist der Antragsteller im selbständigen Beweisverfahren) zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Trotz der bewilligten Prozesskostenhilfe könne der beigeordnete Rechtsanwalt den Umsatzsteuerbetrag auf seine Vergütung seiner Partei gegenüber in Rechnung stellen und diese könne den Betrag ihrerseits gegenüber dem Finanzamt im Wege des Vorsteuerabzuges erstattet verlangen.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Antragstellers vom 03.05.2017 (Bl. 31 d. PKH-Heftes) hat das Landgericht durch Beschluss vom 19.05.2017 (Bl. 42 f. d. PKH-Heftes) zurückgewiesen und zur Begründung auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 04.10.2013 (2 W 217/13 = NJOZ 2014, 954 ff. = JurBüro 2014, 20) Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss, welcher dem Antragsteller am 31.05.2017 zugestellt worden ist (Bl. 44 d. PKH-Heftes), hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 02.06.2017 (Bl. 45 ff. d. PKH-Heftes) - bei Gericht per Fax eingegangen am selben Tage - Beschwerde eingelegt.
Es bestehe über den erstatteten Betrag von 1.226,70 EUR hinaus ein Anspruch auch auf Erstattung der Mehrwertsteuer gegen die Staatskasse. Im Hinblick auf die erfolgte Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter würde von diesem auch bei Geltendmachung der Mehrwertsteuer gegen ihn diese nicht gezahlt werden.
Aus dem von der Staatskasse erstatteten Betrag in Höhe von 1.226,70 EUR sei die Mehrwertsteuer in Höhe von 193,945 EUR an das Finanzamt im Rahmen der Umsatzsteuererklärung abgeführt worden.
Der Antragsteller beruft sich auf die Entscheidungen der Oberlandesgerichte München vom 11.08.2016 (11 W 1281/16) und vom 03.12.2014 (11 W 1962/14) und Hamburg vom 19.06.2013 (4 W 60/13), nach denen die Umsatzsteuer dem PKH-Anwalt auch bei Vorsteuerabzugsberechtigung der vertretenen bedürftigen Partei zu erstatten sei.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 06.06.20...