Entscheidungsstichwort (Thema)
Irreführungsverbot im Firmenrecht
Verfahrensgang
AG Göttingen (Aktenzeichen 6 AR 228/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird die Zwischenverfügung des AG - Registergericht - Göttingen vom 6.6.2011 aufgehoben.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer betreibt in Göttingen ein Installationsgeschäft. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel und der Vertrieb von Gegenständen, die der Ausführung von Heizungs- und Sanitärinstallationen dienen, ebenso die Durchführung von Versorgungstechnik. Er ist in Göttingen geschäftsansässig und hat die Firma "Göttinger" Sanitär- und Heizungstechnik e.K." zur Eintragung im Handelsregister angemeldet.
Mit Zwischenverfügung des AG - Registergericht - Göttingen vom 6.6.2011 ist der Beschwerdeführer darauf hingewiesen worden, dass der Anmeldung nicht entsprochen werden könne, weil Gebiets- und Stadtangaben in der Regel nur für führende Unternehmen des Gebiets, des Orts und des Geschäftszweigs als zulässig angesehen würden; gleichzeitig ist ihm Gelegenheit gegeben worden, das aufgezeigte Eintragungshindernis innerhalb einer Frist von 6 Wochen zu beseitigen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 14.6.2011, mit der er die Auffassung vertritt, die im Firmennamen enthaltene Bezeichnung "Göttinger" sei nicht zu beanstanden. Das Registergericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 27.7.2011 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Braunschweig als Beschwerdegericht vorgelegt.
II. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 58 ff., 382 Abs. 4 FamFG) und in der Sache selbst begründet.
Die von dem Beschwerdeführer nach § 29 HGB zur Eintragung ins Handelsregister angemeldete Firma ist handelsrechtlich zulässig. Ein Verstoß gegen § 18 Abs. 2 HGB liegt nicht vor. Hiernach darf die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Dabei gilt im Eintragungsverfahren ein eingeschränkter Prüfungsmaßstab; die Eignung zur Irreführung wird nur berücksichtigt, wenn sie ersichtlich ist (§ 18 Abs. 2 S. 2 HGB).
Eine Irreführungsgefahr besteht hier nicht. Sie geht auch nicht von dem Firmenbestandteil "Göttinger" aus. Maßgeblich für die Beurteilung der Irreführungseignung ist die Verkehrsauffassung, d.h. das Verständnis, welches ein durchschnittlicher Angehöriger der angesprochenen Verkehrskreise bei verständiger Würdigung entwickelt (vgl. etwa Zimmer in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 18 Rz. 40). Richtig ist, dass geographische Angaben wie die Vor- oder Nachstellung eines Städtenamens oder einer Gebietsbezeichnung in der älteren Anwendungspraxis zu § 18 Abs. 2 HGB a.F. grundsätzlich nur unter der Voraussetzung als zulässig angesehen wurden, dass dem betreffenden Unternehmen innerhalb des genannten Gebiets eine besondere Bedeutung zukam. Diese Auffassung hat sich jedoch gewandelt. Überwiegend wird in derartigen Zusätzen heute unabhängig von ihrer Positionierung innerhalb der Firma lediglich noch ein Hinweis auf den Sitz bzw. den geographischen Schwerpunkt der Tätigkeit des Unternehmens oder die Herkunft der von ihm hergestellten Produkte gesehen (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 3.7.2003 - 8 W 425/02, OLGR 2004, 56; ausführlich OLG München, Beschl. v. 28.4.2010 - 31 Wx 117/90, MDR 2010, 758; differenzierend und einen für eine Alleinstellungsbehauptung sprechenden Erfahrungssatz ablehnend bereits BGH, Urt. v. 19.10.1989 - I ZR 193/87, GRUR 1990, 52 - "Ortsbezeichnung"; vgl. ferner Ensthaler/Steitz, HGB, 7. Aufl., § 18 Rz. 28; Zimmer, a.a.O., § 18 Rz. 53 ff.; Roth in: Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl., § 18 Rz. 14; MK-Heidinger, HGB, 2. Aufl., § 18 Rz. 141 ff.; Burgard in: Staub, HGB, 5. Aufl., § 18 Rz. 99; einschränkend Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 18 Rz. 23).
Dem schließt sich der Senat an. Aufgrund des heute inflationären Gebrauchs geographischer Zusätze ist von einer gewandelten Verkehrsanschauung auszugehen. Enthält die Firma keine weiteren Zusätze, die eine Alleinstellung oder besondere Bedeutung des firmierenden Unternehmens nahelegen, verbindet der angesprochene Verkehr mit der Gebiets- oder Stadtangabe allein lediglich den Hinweis auf eine Tätigkeit oder einen Sitz in dem so beschriebenen Gebiet.
Gemessen hieran ist die Firma des Beschwerdeführers nicht (i.S.v. § 18 Abs. 2 S. 2 HGB "ersichtlich") irreführend. Er ist in der Stadt Göttingen tätig und geschäftsansässig, so dass die Verwendung des Bestandteils "Göttinger" durch einen konkreten Bezug gerechtfertigt ist. Weitere Bestandteile, die den Verkehr bei verständiger Würdigung auf eine herausgehobene Stellung des Unternehmens des Beschwerdeführers hinweisen würden, enthält die Firma nicht.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Fundstellen
Haufe-Index 2954468 |
Rpfleger 2012, 153 |