Entscheidungsstichwort (Thema)
Hemmung der Verjährung eines Antrags auf Festsetzung einer Pauschgebühr
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verjährung eines Antrags auf Festsetzung einer Pauschgebühr (§ 51 RVG) wird durch den Eingang des Antrags bei einem unzuständigen Gericht nicht gehemmt.
2. Die Hemmung tritt allein durch die Antragstellung bei dem gemäß § 51 Abs. 2 S. 1 RVG zur Entscheidung berufenen Oberlandesgericht ein.
Normenkette
RVG § 51 Abs. 2 S. 1; BGB § 204
Tenor
Der Antrag des Pflichtverteidigers auf Bewilligung einer Pauschgebühr wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der antragstellende Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger des Angeklagten M.. Dieser wurde vom Landgericht Göttingen am 4. Juni 2015 wegen Betruges in 63 Fällen mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, belegt. Die dagegen gerichtete Revision wurde vom Bundesgerichtshof am 15. Oktober 2015 verworfen; seither ist das Urteil rechtskräftig.
Der Pflichtverteidiger hat mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2018, der am selben Tag beim Landgericht Göttingen eingegangen ist, die Bewilligung einer Pauschgebühr in Höhe von 4.000,- € beantragt. Der Antrag ist vom Landgericht, das die Sache weder als besonders umfangreich noch als besonders schwierig eingeordnet hat, durch Verfügung vom 4. Februar 2019 mit Akten an die Bezirksrevisorin beim Landgericht Braunschweig zur Vorlage an den Senat weitergeleitet worden. Die Bezirksrevisorin hat den Antrag sodann dem Senat zugeleitet, bei dem er am 11. Februar 2019 eingegangen ist. Zugleich hat sie die Einrede der Verjährung erhoben. Sie beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsteller tritt dem Eintritt der Verjährung entgegen. § 51 Abs. 2 RVG sei keine Regelung, die die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts begründe. Aus ihr folge nur, dass das Oberlandesgericht über die Pauschgebühr zu entscheiden habe. Einschlägig sei § 11 Abs. 7 RVG und nicht § 204 BGB. Danach werde die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Nach der Rechtsprechung zu § 204 BGB hemme auch die Erhebung einer Klage beim unzuständigen Gericht die Verjährung. Ihm müsse zudem Vertrauensschutz gewährt werden. Der Senat habe unter anderem in der Sache 1 ARs 9/16 über eine vergleichbare Konstellation entschieden und sei nicht zur Verjährung gelangt. Außerdem habe die Bezirksrevisorin in dem gleichgelagerten Verfahren 1 ARs 1/19, in dem er den Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr ebenfalls erst am 29. Dezember 2018 beim Landgericht eingereicht habe, die Einrede der Verjährung nicht erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 24.02.2019 (Sonderheft Gebühren für Pflichtverteidiger Bl. 57 ff. d.A.) verwiesen.
II.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 S. 1 RVG liegen nicht vor. Der Antrag des Pflichtverteidigers ist abzulehnen. Die Bezirksrevisorin, die das Land Niedersachsen im gerichtlichen Verfahren vertritt (VII Nr. 1 des Gem. RdErl. d. StK u. sämtlicher Min. vom 12.07.2012 = VORIS 20120), durfte die Zahlung wegen Verjährung verweigern (§ 214 BGB).
Der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr verjährt gemäß § 195 BGB in drei Jahren (KG, Beschluss vom 15.04.2015, 1 Ars 22/14 = NStZ-RR 2015, 296). Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Das setzt grundsätzlich - so auch bei der Pauschgebühr gemäß § 51 RVG - die Fälligkeit der Forderung voraus (KG, a.a.O.). Die Fälligkeit tritt beim Pauschgebührenanspruch mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens ein (OLG Braunschweig, Beschluss vom 25. April 2016, 1 ARs 9/16, juris, Rn. 11; KG, a.a.O., jeweils m.w.N.). Vorliegend endete die Verjährungsfrist mithin am 31. Dezember 2018.
Der Antrag des Pflichtverteidigers ist jedoch erst nach diesem Datum, nämlich am 11. Februar 2019, und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist bei dem Oberlandesgericht Braunschweig eingegangen. Dass der Antrag schon am 28. Dezember 2018 bei dem Landgericht Göttingen angebracht wurde, hemmte die Verjährung nicht. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss der Einzelrichterin vom 24.10.2017, 1 ARs 29/17, nicht veröffentlicht) wird die Verjährung nur durch den Eingang des Antrags bei dem gemäß § 51 Abs. 2 S. 1 RVG für die Entscheidung zuständigen Oberlandesgericht gehemmt (so auch Burhoff in Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl., § 51 Rn. 91).
Es ist zwar regelmäßig sinnvoll, den Antrag unbeschadet der Entscheidungszuständigkeit des Oberlandesgerichts über das erstinstanzliche Gericht anzubringen, da dieses dann - wie hier - über das Verfahren berichten und sowohl zum besonderen Umfang als auch zur besonderen Schwierigkeiten des Verfahrens Stellung nehmen kann. Diese Vorgehensweise verbietet sich aber, wenn der Antrag so spät eingereicht wird, dass mit einem fristwahrenden Eingang beim Oberlandesgericht nicht mehr gerechnet werden kann. Hier war eine rechtzeitige Weiterleitung an das Oberlandesgericht im no...