Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Prüfung einer qualifizierten elektronischen Signatur
Leitsatz (amtlich)
Wenn bei der Erstellung einer qualifizierten elektronischen Signatur ein Warnsymbol aufleuchtet, hat der Prozessbevollmächtigte sich über die Bedeutung des Symbols zu informieren oder durch Kontrolle der Signatur im besonderen elektronischen Anwaltspostfach zu vergewissern, dass eine ordnungsgemäße Signatur vorliegt. Andernfalls trifft ihn ein Verschulden am Vorliegen einer ungültigen Signatur.
Soll seitens des Büropersonals eine Prüfung der elektronischen Signatur erfolgen, bedarf es einer eindeutigen Anweisung seitens des Prozessbevollmächtigten. Die Anweisung, den ordnungsgemäßen Versand zu kontrollieren, reicht nicht aus.
Normenkette
ZPO § 85 Abs. 2, § 130 Nr. 6, § 130a Abs. 1, 3, 6 S. 2, §§ 139, 233, 520 Abs. 2 S. 1, Abs. 5, § 522 Abs. 1
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 02.07.2020 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf eine Wertstufe bis 22.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Fahrzeugkaufs.
Nachdem der Kläger erstinstanzlich ursprünglich angekündigt hatte, als Antrag zu 1. beantragen zu wollen, festzustellen, dass der Kläger ab seiner Widerrufserklärung vom 19.03.2018 aus dem mit der Beklagten zwecks Finanzierung eines Kfz V. T. BlueMotion Technology "Cup" 2.0 l TDI 103 kw (Fahrzeug-Identnr. ...) abgeschlossenen Darlehensvertrag Nr. ... weder vertragliche Zins- noch Tilgungsleistungen schuldet, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29.05.2020 den Antrag zu 1. für erledigt erklärt und unter Zurücknahme eines Teilbetrages in Höhe von 3.885,74 beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 21.467,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Kfz der Marke V., Modell T. BlueMotion Technology "Cup" 2.0 l TDI 103 kW mit der Fahrzeug-Ident.-Nr. ...nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Kfz V: T: BlueMotion Technology "Cup" 2.0 l TDI 103 kW (Fahrzeug-Identnr. ...) in Verzug befindet;
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Rechtsschutzversicherung des Klägers, die H.-C. Rechtsschutzversicherung AG zur Schaden-Nummer ... vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.730,01 EUR zu zahlen;
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 102,- EUR zu zahlen;
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Die Beklagte hat der Teilerledigungserklärung des Klägers widersprochen und erstinstanzlich beantragt,
die Klage insgesamt abzuweisen;
für den Fall, dass das Gericht von einem wirksamen Widerruf der Klagepartei ausgehen würde, im Wege der Hilfswiderklage,
festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Umgang mit dem Fahrzeug der Marke V., Modell 1T33AY, T. BlueMotion Technology "Cup" 2.0 l TDI 103 kW mit der Fahrgestellnr. ... zu leisten, der zur Prüfung dessen Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise nicht notwendig war.
Das Landgericht Braunschweig hat die Klage mit Urteil vom 02.07.2020 (Bl. 97 ff. d. A.) abgewiesen. Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und der Urteilsbegründung wird auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.
Das Urteil ist dem Klägervertreter am 08.07.2020 zugestellt worden.
Gegen das Urteil hat der Kläger am 07.08.2020 Berufung eingelegt.
Mit Schriftsatz vom 25.08.2020, eingegangen beim Oberlandesgericht unter demselben Datum, hat der Kläger beantragt, die Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.10.2020 zu verlängern.
Mit Verfügung vom 27.08.2020 hat die Vorsitzende die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß bis zum 06.10.2020 verlängert.
Am 06.10.2020 ist beim Oberlandesgericht per EGVP (Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach) ein Berufungsbegründungsschriftsatz der Klägerseite eingegangen, der mit einer ungültigen qualifizierten elektronischen Signatur versehen war.
Die Klägerseite ist mit Verfügung vom 09.10.2020 (Bl. 163 ff. d. A.) darauf hingewiesen worden, dass innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eine Berufungsbegründung nicht wirksam eingereicht worden sei und der Senat daher beabsichtige, die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Der Hinweis ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12.10.2020 zugestellt worden.
Die Klägerseite hat mit Schriftsatz vom 26.10.2020 (Bl. 168 ff. d. A.), eingegangen beim Oberlandesgericht unter demselben Datum, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Behauptung der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist unter erneuter Beifügung der Berufungsbegründung gestel...