Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenrechtliche Reichweite einer Beiordnung für vor der Beiordnung hinzuverbundene Verfahren
Leitsatz (amtlich)
1. § 48 Abs. 6 S. 3 RVG gilt auch für bereits vor der Beiordnung hinzuverbundene Verfahren.
2. Im Verfahren über eine weitere Beschwerde nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 6 RVG ist die Richtigkeit einer Erstreckungsentscheidung nicht zu überprüfen.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 6, § 48 Abs. 6 Sätze 1, 3, § 56 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Entscheidung vom 13.12.2013) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 13. Dezember 2013 wird als unbegründet verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Gegenstand der weiteren Beschwerde ist die gebührenrechtliche Reichweite einer Beiordnung, wenn der Pflichtverteidiger in einem vor der Beiordnung hinzuverbundenen Verfahren bereits als Wahlverteidiger tätig war.
1. Dem Ursprungsverfahren 913 Js 33141/12 liegt ein vom Verurteilten am 26.05.2012 begangener Diebstahl diverser Einrichtungsgegenstände aus den Geschäftsräumen der Firma I... im Wert von ca. 220,- € zugrunde (Bl. 29, 144 Bd. I d. A.). Am 20.08.2012 stellte der Verteidiger einen Akteneinsichtsantrag und beantragte im Auftrag des Verurteilten seine Beiordnung als Pflichtverteidiger (Bl. 35 f. Bd. I d. A.). Das Amtsgericht Braunschweig wies den Pflichtverteidigerantrag mit Entscheidung vom 01.10.2012 zurück (Bl. 48 Bd. I d. A.). Die dagegen gerichtete Beschwerde war erfolglos (Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 18.10.2012, Bl. 59 f. Bd. I d. A.).
Mit Beschlüssen vom 04.06.2013 und 25.06.2013 wurden die Verfahren 306 Js 20190/13 und 913 Js 19874/13 zum Ursprungsverfahren verbunden (Bl. 84 Bd. I, 47 Bd. III d. A.).
Dem Verfahren 306 Js 20190/13 lag zugrunde, dass sich der Angeklagte zweimal mit einem Schlüssel seines Lebensgefährten, der dort beschäftigt war, zutritt zu einem Friseurgeschäft verschaffte und dort am 12.03.2013 einen Laptop und 200,- € entwendete sowie am 13.03.2013 versuchte, weitere Gegenstände zu entwenden (Bl. 42 Bd. III, 145 Bd. I d. A.). In jenem Verfahren hatte der Verteidiger am 12.06.2013 Akteneinsicht beantragt (Bl. 44 Bd. III d. A.).
Dem Verfahren 913 Js 19874/13 lag ein vom Angeklagten am 25.04.2013 begangener Diebstahl von Kleidungsstücken aus den Geschäftsräumen der Firma G... im Wert 169,90 € zugrunde (Bl. 14 Bd. II d. A.). In jenem Verfahren war der Verteidiger vor der Verbindung nicht tätig.
Nach der Verbindung ordnete das Amtsgericht Braunschweig auf den Antrag des Verurteilten vom 15.07.2013 (Bl. 106 Bd. I d. A.) den Verteidiger dem Verurteilten am 23.07.2013 nach § 140 Abs. 2 StPO bei (Bl. 111 Bd. I d. A.).
Mit seit dem 04.09.2013 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 27.08.2013 wurde der Verurteilte wegen Diebstahls unter Einbeziehung von Strafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten, sowie wegen Diebstahls in zwei Fällen und versuchten Diebstahls zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten, deren Vollstreckungen jeweils zur Bewährung ausgesetzt wurden, verurteilt (Bl. 143 ff. Bd. I d. A.).
2. Mit Schriftsatz vom 27.08.2013 beantragte der Verteidiger die Erstattung seiner Gebühren als Pflichtverteidiger in Höhe von insgesamt 1.483,87 € (Bl. 140 Bd. I d. A.). Dabei setzte er die Grundgebühr nach VV RVG 4100, die Verfahrensgebühr nach VV RVG 4106 und die Post- und Telekommunikationspauschale nach VV RVG 7002 doppelt, nämlich sowohl für das führende Verfahren 913 Js 33141/12 als auch für das hinzuverbundene Verfahren 306 Js 20190/13 an.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig - Urkundsbeamter der Geschäftsstelle - vom 15.10.2013 wurde die Pflichtverteidigervergütung auf 1.060,23 € festgesetzt, wobei die Terminsgebühren reduziert und die vor der Verbindung angefallenen Gebühren für das hinzuverbundene Verfahren 306 Js 20190/13 nicht in Ansatz gebracht wurden, da weder eine Beiordnung im verbundenen Verfahren noch eine Erstreckung erfolgt seien (Bl. 169 Bd. I d.A.).
Gegen diesen Beschluss legte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 16.10.2013, beim Amtsgericht Braunschweig eingegangen am gleichen Tag, fristgerecht Erinnerung ein, soweit die Festsetzung der vor Verbindung angefallenen Gebühren für das hinzuverbundene Verfahren abgelehnt wurde. Dabei vertrat er die Auffassung, dass die Beiordnung nach § 48 Abs. 5 S. 1 RVG (a.F.) auf beide ursprüngliche Verfahren zurück wirke und beantragte die Festsetzung seiner Vergütung auf 1.374,39 € (Bl. 170 ff. Bd. I d. A.).
Nachdem der Kostenbeamte der Erinnerung nicht abgeholfen hatte (Bl. 170 Bd. I d. A.) wies das Amtsgericht Braunschweig die Erinnerung des Verteidigers mit Beschluss vom 01.11.2013 zurück (Bl. 182 Bd. I d. A.). Hiergegen legte der Verteidiger mit (offensichtlich falsch datiertem) Schriftsatz vom 16.10.2013, bei Gericht fristgerecht eingegangen am 06.11.2013, Beschwerde ein (Bl. 189 ff. Bd. I d. A.).
Das Amtsgericht half der B...