Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Anrechnung der Pflichtverteidigergebühr auf den Kostenerstattungsanspruch nach Teilfreispruch
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch eines teilweise Freigesprochenen auf Ersatz seiner notwendigen Auslagen (Wahlverteidigergebühren) ist trotz des Teilfreispruchs um die gesamte, von der Staatskasse ausgezahlte Pflichtverteidigergebühr zu kürzen.
Normenkette
RVG § 52 Abs. 1 S. 2; StPO § 464b S. 3; ZPO § 104 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Entscheidung vom 27.02.2014) |
Tenor
Die sofortigen Beschwerden des Verteidigers gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts Braunschweig vom 27. Februar 2014 werden auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer begehrt nach einem Teilfreispruch aus abgetretenem Recht die Festsetzung der notwendigen Auslagen seines Mandanten.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat dem Mandanten des Beschwerdeführer mit Anklageschrift vom 19. Juli 2011 vorgeworfen, durch zwei Straftaten jeweils tateinheitlich ein Verbrechen des versuchten Totschlags (§§ 212, 22 StGB) und ein Vergehen der gefährlichen Körperverletzung (§§ 223, 224 StGB) begangen zu haben (12 KLs 33/11, Bd. III Bl. 186 ff.).
Außerdem hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig dem Mandanten des Beschwerdeführers durch Anklageschrift vom 28. August 2011 eine Straftat der räuberischen Erpressung gemäß §§ 255, 253, 249 StGB sowie eine solche der Körperverletzung (§ 223 StGB) zur Last gelegt (12 KLs 42/11, Bl. 37 ff.).
Schließlich hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen den Mandanten des Beschwerdeführers am 7. September 2011 Anklage wegen eines Verbrechens der räuberischen Erpressung (§§ 255, 253, 249 StGB) erhoben (12 KLs 41/11, Bl. 28 ff.).
Die Anklageschriften waren jeweils an die Jugendkammer gerichtet, weil der Mandant des Beschwerdeführers zur Tatzeit noch nicht volljährig war. Durch Beschluss vom 13. Oktober 2011 (12 KLs 33/11, Bd. IV Bl. 52) hat die Jugendkammer die Verfahren 12 KLs 41/11 und 12 KLs 42/11 zu dem Verfahren 12 KLs 33/11 verbunden.
Die Jugendkammer des Landgerichts Braunschweig hat den Mandanten des Beschwerdeführers wegen der in der Anklageschrift vom 28. August 2011 erhobenen Vorwürfe, die nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung die Straftatbestände der Nötigung und der vorsätzlichen Körperverletzung erfüllten, am 10. Februar 2012 verurteilt und ihn unter Einbeziehung eines vorangegangenen Urteils mit einem Dauerarrest von 2 Wochen belegt. Im Übrigen hat die Jugendkammer den Mandanten des Beschwerdeführers durch das genannte Urteil freigesprochen (12 KLs 33/11, Bd. IV Bl. 223 ff.).
Der Beschwerdeführer hat bezüglich des Verfahrens 12 KLs 33/11 mit Schriftsatz vom 29. Juni 2012 (12 KLs 33/11, Bd. V Bl. 13 ff.) beantragt, notwendige Auslagen in Höhe von 12.485,84 € festzusetzen. Durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Februar 2014 (12 KLs 33/11, Bd. V, Bl. 68 ff.) hat das Landgericht Braunschweig die zu erstattenden notwendigen Auslagen indes auf lediglich 1.232,70 € festgesetzt. Dabei hat die zuständige Rechtspflegerin die beantragten Gebühren nach Ziffern 4101 (Grundgebühr mit Zuschlag), 4103 (Terminsgebühr für die Teilnahme an der Haftbefehlsverkündung) und 4105 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (Gebühr für das vorbereitende Verfahren mit Zuschlag), die allein die Anklageschrift vom 19. Juli 2011 betreffen, zu 100 % angesetzt und lediglich um die insoweit ausgezahlten Pflichtverteidigergebühren gekürzt. Bei den übrigen Kosten hat das Landgericht die Schreibauslagen (2.864 Kopien) um die Hälfte gekürzt und außerdem angesichts der Verfahrensverbindung angenommen, dass 75 % der Verfahrenskosten auf den freisprechenden Teil entfallen. Die Pflichtverteidigervergütung, die der Beschwerdeführer insoweit vereinnahmt hat, hat das Landgericht dennoch ungekürzt angerechnet. Im Verfahren 12 KLs 42/11 hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2013 (12 KLs 42/11, Bl. 61f.) beantragt, notwendige Auslagen in Höhe von 773,86 € festzusetzen. Durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Februar 2014 (12 KLs 42/11, Bl. 72 f.) hat das Landgericht Braunschweig den Antrag jedoch abgelehnt, weil der Mandant des Beschwerdeführers wegen dieser Vorwürfe verurteilt sei.
Der Beschwerdeführer hat - nach Zustellung der Kostenfestsetzungsbeschlüsse am 7. März 2014 - jeweils am 13. März 2014 gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 27. Februar 2014 sofortige Beschwerde eingelegt, diese jedoch nicht begründet.
II.
Die sofortigen Beschwerden sind gemäß §§ 464b S. 3 StPO, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG statthaft und auch sonst zulässig; sie sind insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 S. 1 StPO eingelegt worden. Die Rechtsmittel haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Soweit es den im Verfahren 12 KLs 42/11 mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2013 gestellten Kostenfestsetzungsantrag betrifft, folgt die Unbegründetheit des Rechtsmittels bereits daraus, dass der Mandant des Beschwerdeführer...