Verfahrensgang

AG Osterode (Aktenzeichen OHA-8194-22)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1.) gegen den Zurückweisungsbeschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Osterode am Harz vom 1. Februar 2022 - OHA-8194-22 - wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 220.000,00 EUR.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1.) begehrt die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung seines Anspruchs auf Eintragung als Eigentümer.

Der Beteiligte zu 1.) schloss als Käufer mit dem Beteiligten zu 2.) als Verkäufer am 3. November 2021 einen notariellen Grundstückskaufvertrag über 220.000,00 EUR (UR-Nr. .... des Notars B. in S.). Der Beteiligte zu 2.) hatte das Eigentum an dem Grundstück zuvor am 15. September 2021 durch notariellen Grundstückskaufvertrag zu einem Kaufpreis von 85.000,00 EUR von Herrn D. erworben (UR-Nr. ..... des Notars B. in S.), der das Eigentum an dem Grundstück aufgrund des Zuschlagbeschlusses vom 2. März 2018 erworben hatte (Amtsgericht Osterode am Harz, Aktenzeichen ...). Sein Bargebot lag bei 39.500,00 EUR. Im Vorlauf des Zwangsversteigerungsverfahrens war der Verkehrswert (Marktwert) des Grundstücks durch Verkehrswertgutachten nach § 194 BauGB des Gutachterausschusses für Grundstückswerte Northeim zum Wertermittlungsstichtag 5. April 2017 mit 43.000,00 EUR ermittelt worden.

Mit Hinweisverfügung vom 27. Dezember 2021 wies das Grundbuch den Notar darauf hin, dass der Grundstückskaufvertrag im Hinblick auf die dargestellten Beträge gemäß § 138 BGB wegen des besonders groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung sittenwidrig sein könnte und gab Gelegenheit, die erhebliche Wertsteigerung des Objekts durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachzuweisen. Nachdem der Notar am 31. Januar 2022 erklärt hatte, dass ein solches Gutachten nicht vorgelegt werde, wies das Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung mit Beschluss vom 1. Februar 2022 zurück.

Gegen diesen, dem Notar am 7. Februar 2022 zugestellten Beschluss, wendet sich der Notar mit seiner am 17. Februar 2022 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Beschwerde.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat die Akten dem Oberlandesgericht Braunschweig als Beschwerdegericht vorgelegt.

Unter dem 21. März 2022 hat der Notar ein Gutachten zur Wertermittlung des geprüften Immobilienfachwirts (IHK), Fachwirt für Finanzberatung (IHK), Sachkundigen für Immobilienbewertung (TÜV) und geprüften Sachverständigen für Immobilienbewertung (GIS Sprengnetter) E. vom 16. März 2022 zu den Akten gereicht, das einen Ertragswert von 371.000,00 EUR zum Wertermittlungsstichtag 15. März 2022 ausweist.

II. Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 71 Abs. 1, 73 GBO zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend hat das Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten des Beteiligten zu 1.) zurückgewiesen, nachdem Bedenken wegen der Sittenwidrigkeit des Vertrages nicht ausgeräumt und die angebliche Wertsteigerung durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nicht nachgewiesen wurde.

1. Das Grundbuchamt ist im Antragsverfahren nach § 18 GBO unter anderem zur Prüfung des Grundgeschäfts berechtigt. Es darf den Eintragungsantrag zurückweisen, wenn es aufgrund der ihm vorliegenden Urkunden oder anderer ihm bekannter Umstände zu der sicheren Überzeugung gelangt, dass das Grundgeschäft nichtig ist und die Nichtigkeit auch das Erfüllungsgeschäft ergreift (BGH, Beschluss vom 15. August 1999 - V ZB 24/98 -, Rn. 15, juris; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 19, Rn. 20; OLG Celle, Beschluss vom 13. September 2018 - 18 W 57/18 -, nicht veröffentlicht).

Ein gegenseitiger Vertrag - wie ein Grundstückskaufvertrag - ist als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und außerdem mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und der objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten hervorgetreten ist. Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, lässt dies den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zu (BGH, Urteil vom 24. Januar 2014 - V ZR 249/12 -, Rn. 5, juris, m.w.N.). Ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung liegt bei Grundstücksgeschäften ab einer Verkehrswertüber- oder -unterschreitung von 90 % vor (BGH, Urteil vom 24. Januar 2014 - V ZR 249/12 -, Rn. 8, juris).

2. Zutreffend hat das Grundbuchamt diese Voraussetzungen angenommen und die Klärung der erheblichen Wertdifferenz durch Vorlage eines von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstellten Gutachten erfordert (OLG Celle, Beschluss vom 13. September 2018 - 18 W 57/18 -, nicht veröffentlicht).

a) Der beurkundete Kaufvertrag ist sittenwidrig und da...

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